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Fächergrün

Fächergrün

Titel: Fächergrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Stunde Pause. Zehn Minuten Wellmann, wieder Pause, zehn Minuten Lindt, nächste Unterbrechung. Diesen Rhythmus behielten sie bis Mitternacht bei. Völlig desinteressiert schwieg der Bauingenieur und starrte mit unbewegter Miene Löcher in die Luft.
    Dann kam Ludwig Willms mit dem DNA-Vergleich. »Hautschuppen im Handschuh und Speichelprobe stimmen überein – 100 Prozent – kein Zweifel.«
    »Andere DNA?«
    »Negativ, Oskar. In diesem schwarzen Gummihandschuh waren nur Hautschuppen und auch nur Fingerabdrücke einer einzigen Person.« Mit der ausgestreckten Hand deutete Willms durch die nur von einer Seite durchsichtige Glasscheibe in den Verhörraum: »Da sitzt sie!«
    Lindt nickte zufrieden, schickte die vorbereitete Mail an den diensthabenden Staatsanwalt, ließ Fabio Gallo abführen und stieg gegen halb eins im Hof des Polizeipräsidiums in seine nachtschwarze Limousine.
    Der Rest würde Routine sein: Am Samstag Haftprüfungstermin, danach Untersuchungshaft, Anklage durch die Staatsanwaltschaft, Prozess.
     
    Die ersten Zweifel kamen ihm an einer Ampel in der Karlstraße.
    Mord in 14 Fällen? Beihilfe zum Mord? Wie würde die Anklage lauten? Wären die Indizien ausreichend?
    Die Ampel sprang auf Grün. Lindt fuhr weiter.
    Reichten die Ermittlungsergebnisse für die Staatsanwaltschaft? Ein Geständnis? Ausgeschlossen! Omertà – Schweigen!
    Angenommen, Fabio Gallo wäre nur der Totengräber gewesen? Nicht der Mörder, nicht der Totschläger, nicht der Ziegelstein-Killer, nicht der Genickschuss-Henker, nur der Leichenbeseitiger.
    Er, vielleicht sein Vater und seine beiden Onkel? Handlanger für die großen Bosse der ’Ndrangheta? Vittorio als Leichenspediteur mit dem alten, grünen Lastwagen der Maiwalds? Niemand kann Verdacht schöpfen, wenn der Mercedes-Kurzhauber mit einem großen Haufen Sand auf der Ladefläche in den Hof biegt. Unter dem Sand? Keiner hat’s gesehen!
    Abladen im Schuppen, Bodenöffnung auf, Leiche runterlassen, Betonmischer an, Sand, Kies, Zement, Wasser, Schalungselemente aufstellen, Betonquader ausgießen, erst halb voll, dann die Leiche rein und den restlichen Beton draufkippen. Glattstrich durch den Kapo, hohe Maurerkunst, später grün überstreichen, fertig!
    Mittlerweile war der Kommissar auf dem Adenauerring.
    Welches Gesetz würde dabei greifen? Welchen Vorwurf konnte man machen? Störung der Totenruhe? Nein, bestimmt nicht. Ein Betonsarg im Keller widersprach sicherlich den einschlägigen Bestattungsvorschriften, aber was stand auf eine Zuwiderhandlung? Keine Ahnung, wahrscheinlich nur ein Bußgeld. Wäre das Ganze lediglich eine Ordnungswidrigkeit? So wie Falschparken oder Geschwindigkeitsüberschreitung? Lindt wurde ganz schwindlig bei diesen Gedanken. Die Beweisführung – ein Kartenhaus? Zusammenbrechend beim leisesten Windhauch?
    Die DNA am Tatort nichts wert? Halt, der Keller war ja gar nicht der Tatort.
    Lindt hatte keine Chance. Selbst wenn er nicht so in Gedanken gewesen wäre.
    Ein grausamer Knall! In voller Fahrt prallte er mit dem dunklen Körper zusammen. Zu Tode erschrocken, trat er mit ganzer Wucht auf die Bremse, fühlte, dass er etwas vor sich herschob, kam nach 30 Metern zum Stehen. Zitternd hielt er sich am Lenkrad fest. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, er konnte sich nicht rühren. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis seine Hand den Schalter der Warnblinkanlage gedrückt hatte.
    Schwarz, er hatte nur für den Bruchteil einer Sekunde schwarz gesehen. Schwarz von links, schwarz so hoch wie die Motorhaube, schwarz mitten auf dem vierspurigen Adenauerring.
    Hinter ihm hielt ein Lieferwagen. Zwei junge Männer stiegen aus, kamen zu ihm an die Fahrertür, klopften an die Seitenscheibe. Lindt öffnete die Tür.
    »Ist was passiert?«, fragte einer der beiden.
    Der Kommissar zeigte wortlos nach vorne, wo eine helle Dampfwolke vom Kühler aufstieg. Der Motor lief und wenigstens ein Scheinwerfer schien noch heil zu sein.
    Die Männer machten drei Schritte und stießen plötzlich einen synchronen Schrei aus – »Waaa, lebt noch!« –, rannten wieder nach hinten und flüchteten in ihren Transporter.
    Daraufhin hörte Lindt das Klappern, furchterregendes Klappern. Schlagartig wusste er, woher der Ton kam, und zog die Fahrertür schleunigst zurück ins Schloss. Seine Hand tastete an den Hosenbund. Er zog die Neun-Millimeter heraus und legte sie vor sich auf das Armaturenbrett. Gleich darauf fingerte er nach seinem Handy. Drückte 110. Halt, Abbruch, was sollte

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