Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet
VORWORT
Fünfzehn Jahre ist es jetzt her, dass ich den großen Sprung wagte – und damit meine ich nicht den Sprung in einen Swimmingpool auf den Bahamas. Nein, ich löste meine New Yorker Wohnung an der Upper West Side auf und kaufte ein One-Way-Ticket nach Köln. Zugegeben, Köln ist nicht gerade das klassische Traumziel amerikanischer Urlauber, da sich weder das Meer noch malerische Alpen noch das Harrods in der Nähe befinden. Aber auch wenn ich nicht in Metropolen wie Paris oder London gelandet bin, ist es für ein Kleinstadtkind aus dem Mittleren Westen Amerikas schon ein großes Abenteuer, auf die andere Seite des Atlantiks überzusiedeln.
Bei meiner Ankunft in Deutschland hatte ich vom Leben hier keine Ahnung, aber ich wollte mir nicht anmerken lassen, dass ich Ausländerin bin. Ich weiß noch genau, wie peinlich es mir war, als ein Taxifahrer in New York mein Kamerateam und mich einmal für Touristen hielt. Seine dahingehende Bemerkung empfand ich als grobe Beleidigung. Nach diesem Vorfall entwickelte ich beinahe so etwas wie eine Paranoia und achtete immer sehr genau auf meine Kleidung, wenn ich das Haus verließ: War mein Stil zu provinziell, war ich modisch nicht up to date? Sah ich aus wie eine Hinterwäldlerin? Ich wollte mich den New Yorkern unbedingt anpassen, um nicht aufzufallen. Genauso ging es mir später in Deutschland.
Das Ausland kam mir immer verlockend vor. Bei aller Liebe für den typischen weißen Palisadenzaun, den Kombi und die Vorstadtsiedlung in meiner Heimat – ich wollte den Rest derWelt sehen. Deshalb bewarb ich mich mit sechzehn als Austauschschülerin und landete für ein Jahr in einer katholischen Mädchenschule in Neuseeland. Es war meine erste Auslandserfahrung, und, obwohl ich unter schrecklichem Heimweh litt, eine tolle Zeit. Auch dort versuchte ich bereits, mich bestmöglich anzupassen. Beispielsweise durch die Kleidung. Ich trug die Schuluniform der katholischen Mädchenschule, die ich besuchte: Blazer und ein Rock, in dem ich im Winter jämmerlich fror. Aber Hosen waren in der Schule nun einmal nicht erlaubt. Außerdem gewöhnte ich mich daran, im Sommer Flipflops und Röcke zu tragen, weil Shorts und Sneakers nicht angesagt waren. Ein großer Vorteil an Neuseeland war jedoch, dass dort englisch gesprochen wurde. In Deutschland dauerte es lange, bis ich mich sicher genug fühlte, ans Telefon zu gehen, wenn es klingelte. Es hätte ja jemand dran sein können, der nur deutsch sprach.
Ich wollte stets etwas Neues kennenlernen, und so zog ich nach dem Studium zuerst in den Westen nach Los Angeles, dann in den Osten nach New York und schließlich über den großen Teich nach Deutschland. Dort landete ich im Rheinland: Zunächst lebten Peter und ich in Köln, ein paar Jahre später ging es nach Bonn. Ich habe inzwischen eine innige Beziehung zu Bonn aufgebaut. Diese Stadt hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Obwohl sie nicht mehr die Hauptstadt Deutschlands ist, zeichnet sich Bonn vor allem durch ein tolles internationales Flair und viele weltoffene, engagierte Leute aus. Die Lage, in der Nähe des Siebengebirges und direkt am Rhein, ist wunderschön und die Innenstadt einfach charmant. Für mich und meine Familie ist Bonn der perfekte Wohnort.
Es gibt Menschen, in Amerika genauso wie im Rest der Welt, die meiden alles Fremde. Sie bleiben am liebsten in ihrer Heimat, wo sie wissen, in welchem Regal im Supermarkt die fettarme Milch steht und wann ihr Lieblingsverein spielt. Wo sie in den Park um die Ecke gehen und ihren Kindern auf dem Spielplatz beim Toben zuschauen, auf dem sie selbst schon als Kind gespielt haben. Wo sie mit der Gewissheit ins Kino gehen können, dass sie die Sprache des Films verstehen werden. Für viele Menschen ist das erstrebenswert, andere drohen an solcher Eintönigkeit zu ersticken.
Ich zum Beispiel brauche regelmäßige Ortswechsel, um Energie zu tanken. In meinem Leben hat es stets Phasen gegeben, in denen ich spürte, dass es Zeit wurde weiterzuziehen. Die Wanderlust (Wir benutzen genau dieses Wort im Englischen, obwohl Lust dann mehr wie Last ausgesprochen wird.) wird immer mehr gefördert, denn die Globalisierung hat zahlreiche Türen aufgestoßen. Wer will, kann in fast jedem Land dieser Erde leben. Und man weiß nie, welchen Menschen man in der Fremde begegnet und wie sie das eigene Leben beeinflussen werden.
Dies führt mich zum wahren Grund für meinen Umzug nach Deutschland. Die kitschigen Details erspare ich Ihnen,
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