Falaysia Bd 2 - Trachonien
hinunter. Seltsamerweise streckte er auch noch die Hand waagerecht darüber aus, als wolle er etwas in die Schlucht fallen lassen. In seinen Fingern befand sich allerdings nichts.
Jenna sah selbst hinab. Der Hang war steil, fast senkrecht – unmöglich diesen hinunterzuklettern – und ganz unten sprudelte der reißende Fluss, den sie auch schon zuvor gesehen hatte. Sie nahm wahr, dass Marek kurz nickte und sah ihn wieder an. Was gab es da zu nicken? Ihr Begleiter verwirrte sie zusehends. Sie wies auf den Pfad, über den sie gekommen waren, aber der Krieger schüttelte den Kopf.
„Sie wissen, woher wir gekommen sind, sonst würden sie nicht hier herauf kommen“, erklärte er. „Sie werden ein paar Männer am anderen Ende des Weges stationiert haben. Wir würden ihnen genau in die Arme laufen.“
„Was dann?“ stieß sie panisch aus. Doch Marek reagierte nicht mehr auf ihre Frage. Er wandte sich stattdessen um, um ihren Verfolgern in die Augen zu sehen. Jenna tat es ihm mit wild pochendem Herzen nach. Vielleicht hoffte er, mit den Kriegern verhandeln zu können, denn mit seinem Speer und dem Messer konnte er ganz bestimmt nichts gegen so viele Personen ausrichten. Oh, sie hoffte es so. Gewalt würde ganz bestimmt alles nur noch schlimmer machen und im Endeffekt würde auch sie darunter zu leiden haben.
Zunächst waren es nur drei Mann, die mit grimmigen Gesichtern den Weg hinauf kamen. Sie waren, wie ihre Kameraden, in Tierfelle gehüllt, hatten lange, verfilzte Haare und Bärte und grobschlächtige, wulstige Gesichter. Sie erinnerten Jenna an die Nachbildungen von Neandertalern, die sie im Museum gesehen hatte, nur dass diese Männer hier mit ihren Speeren, den anderen gefährlichen Waffen und den bedrohlich funkelnden Augen eine weitaus beängstigendere Wirkung auf sie hatten. Und es blieben nicht nur drei. Über den Kamm des Berges kamen noch vier, nein fünf – Oh Gott! – sechs weitere dieser wilden Krieger.
Die ersten drei hatten sie jetzt fast erreicht, blieben jedoch in einem erstaunlich respektvollen Abstand vor ihnen stehen. Der Tod ihrer Kameraden hatte sie anscheinend vorsichtiger gemacht. Ihre tief in den Höhlen liegenden Augen musterten Marek misstrauisch. Jenna schienen sie gar nicht richtig wahrzunehmen, geschweige denn als Gefahr anzusehen.
Marek überraschte sie erneut, als er ihre Hand ergriff und sie dicht an sich heranzog. „Wenn wir hier unbeschadet herauskommen wollen, musst du mir versprechen, genau das zu tun, was ich dir sage“, raunte er ihr zu. „Ganz gleich, was passiert – du musst mir bedingungslos vertrauen. Schaffst du das?“
Jenna schluckte schwer und nickte dann. Ihre Kehle war wie zugeschnürt und machte es ihr unmöglich, auch nur eine Silbe herauszubringen. Irgendwie hatte sie nicht das Gefühl, dass sie aus dieser Geschichte mit heiler Haut herauskommen konnten. Doch ganz gleich was geschah, sie würde nicht kampflos aufgeben. Ein schlechter Plan war besser als gar keiner und wie es aussah, war Marek tatsächlich eine Idee gekommen, die sie beide retten konnte. So hoffte sie jedenfalls und der warme Druck seiner Hand gab ihr ein wenig Zuversicht.
Der größere Trupp von Kriegern hatte die Vorhut nun erreicht und einer der Männer schob sich zwischen seinen Kameraden hindurch, wagte es als einziger, etwas dichter an Marek heranzutreten. Er war kleiner als die anderen, aber sehr kräftig. Er hatte einen dunklen Bart, in den Knochen kleinerer Tiere eingeflochten waren. Auf die Stirn hatte er sich merkwürdige Zeichen gemalt und in einer Hand hielt er einen reich verzierten Speer, dessen scharfe Spitze aus reinem Gold zu bestehen schien. Er lächelte sonderbar, als er noch einen weiteren Schritt auf Marek zumachte. Dann sprach er den um mindestens zwei Köpfe größeren Krieger in seiner eigenen fremdartigen Sprache an. Jenna war sich sicher, dass dies kein Zyrasisch war. Es klang ganz anders, besaß mehr gutturale Laute. Umso überraschter war sie, als Marek ihm in derselben Sprache antwortete. Das Lächeln des Mannes erstarb und er funkelte Marek böse an.
„Was… was hast du gesagt?“ entfuhr es Jenna entsetzt. In einer Verhandlung, in der es um ihrer beider Leben ging, musste man doch vorsichtig sein und durfte sein Gegenüber auf keinen Fall wütend machen. „Du solltest ihn lieber nicht reizen!“
Der bärtige Krieger war deutlich erbost. Das verrieten nicht nur der Ton, in dem er weitersprach, sondern auch seine Körperhaltung und sein
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