Falaysia Bd 2 - Trachonien
niemand anderes es sehen konnte. Nein, er musste jetzt stark und konzentriert sein, um diesem vermaledeiten Zauberer endlich den so dringend benötigten Strich durch die Rechnung zu machen, sein teuflisches Spiel kaputt zu schlagen – worin dieses auch immer bestand.
So richtig verstanden hatte er das alles noch nicht. Das musste sich Benjamin insgeheim eingestehen, auch wenn er vor seiner Tante so getan hatte, als ob er alles sofort begriffen hatte und wunderbar mit allem klarkam. Andererseits war ja auch sie selbst nicht ganz sicher, ob das, was sie wusste, tatsächlich der Wahrheit entsprach. Es gab auf jeden Fall diese andere Welt und eine Verbindung zu der, in der sie lebten, ein Tor, das nie an ein und derselben Stelle blieb und damit ziemlich schwer zu finden war. Und dann gab es da noch dieses Spiel, das die alten Magier früher immer gespielt hatten: Schicke zwei Menschen in die andere Welt und sehe zu, dass derjenige, der zu dir gehört, das Tor zuerst findet. Dann hast du gewonnen… Oder so ähnlich.
Demeon hatte dieses Spiel und wohl auch das Tor vor rund fünfzehn Jahren gefunden und Melina dazu eingeladen, es mit ihm zu spielen. Sie waren zunächst davon ausgegangen, dass es sich nur um eine Scheinwelt handele und sie sich selbst zu den Spielern machen könnten. Doch das stellte sich schnell als Irrtum heraus und so involvierten sie ein junges Mädchen, das ebenfalls geringe magische Kräfte besaß, in ihr ‚Abenteuer‘. Sie sollte nur helfen das Tor offen zu halten, damit Melina hindurchgehen konnte. Nur leider funktionierte das nicht und Sara, so hieß das Mädchen, entschied sich dazu, es selbst einmal zu wagen. Sie verschwand und erst danach begriffen Melina und Demeon, dass Falaysia keine Scheinwelt, sondern eine reale Welt war, aus der man nicht wieder so einfach herauskam, wie man hineingekommen war. Die beiden Magier begannen zu recherchieren und bemühten sich über alle Maße, das Mädchen wieder zurückzuholen, mit dem Effekt, dass ein weiterer Mensch, ein Junge namens Leon, ebenfalls nach Falaysia verschwand.
Demeon versuchte mit aller Macht, die verzweifelte Melina dazu zu drängen, es weiter zu probieren, die beiden Menschen zurückzuholen. Irgendwann gab er zu, dort auch ‚Spieler‘ zu haben, die er zurück nach Hause bringen wollte. Dies führte allerdings nicht dazu, dass Melina ihm nachgab. Ganz im Gegenteil. Das Geständnis ließ sie begreifen, dass Demeon sie belogen hatte. Er hatte längst gewusst, dass Falaysia eine echte Welt und dass es unglaublich schwer war, andere Menschen daraus zurückzuholen, denn er hatte bereits vor ihrem ‚ersten‘ Spiel zwei Personen dorthin gebracht. Er hatte ihre Naivität ausgenutzt, um zu versuchen diese Menschen zurückzuholen – und vor allen Dingen ohne sie über sein Vorhaben aufzuklären.
Von diesem Moment an hatte Melina begonnen, generell an Demeons Aufrichtigkeit ihr gegenüber zu zweifeln. Sie hatte mit ihm gebrochen, war sogar über Jahre vor ihm geflohen, weil er nahezu besessen von Falaysia und dem Spiel zu sein schien, sie nie in Ruhe ließ. Und nun, da er Jenna nach Falaysia gebracht hatte, war sich Melina sicher, dass sehr viel mehr hinter dem ‚Spiel‘ steckte, dass das, was sie darüber wusste, nur die Spitze des Eisberges war. Benjamin hatte ihr sofort zugestimmt. Er hatte den Mann gesehen, seine eigenartige Aura gefühlt. Das war keine Person, die aus reinem Mitgefühl für die armen ‚Spielfiguren‘ in Falaysia agierte. Dieser Mann hatte einen anderen Plan, einen sehr viel größeren, bei dem es um sehr viel mehr ging, als nur darum, eine ‚Jugendsünde‘ wiedergutzumachen.
Für Benjamin gab es derzeit fünf feststehende Fakten: Es gab eine andere Welt. Es gab ein Tor zwischen Falaysia und dieser Welt. Jenna war in Falaysia und wollte unbedingt wieder zurückkehren. Demeon hatte ein großes Geheimnis, das er niemandem offenbaren wollte. Dieses Geheimnis war der Schlüssel, um Jenna ihre Heimkehr zu ermöglichen – also mussten sie es so schnell wie möglich lüften.
Von irgendwoher ertönten plötzlich Geräusche. Benjamin öffnete rasch die Augen und spähte erneut vorsichtig um die Ecke. Tatsächlich öffnete sich gerade die Tür des Hotels, nur wenige Meter die Straße hinunter, und ein Mann kam heraus, gefolgt von einer Frau. Benjamins Tante Melina. Benjamin zog rasch seinen Kopf wieder ein und presste sich der Länge nach an die kalte Hauswand der Gasse, in der er sich versteckte. Er war sich zwar
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