Falkengrund Nr. 34
Erzählen Sie mir nicht, Sie träumten davon, mir eine Nacht lang fromme Gedichte ins Ohr zu hauchen. Wir sind ganz alleine. Was immer wir heute Nacht tun – es wird nie irgendjemand auf dieser Welt davon erfahren …“
Trent hatte es gewollt. Aber nicht so. Nicht, indem sie die Initiative ergriff. Nicht, nachdem sie einen Spuk gesehen und ihn nachhaltig verunsichert hatte.
Was ihm zuvor gleichgültig gewesen war, rotierte nun unablässig durch seinen Kopf: Es gab tatsächlich Geschichten über diesen See. Unangenehme Geschichten. Über ein Paar, das in diesem Wasser gemeinsam in den Tod gegangen war, in voller Absicht. Einen Doppelselbstmord begangen hatte. Die Frau, so hieß es, hatte die Idee dazu gehabt, den Mann dazu überredet. Er wünschte sich, er hätte nie davon gehört.
Lauren beugte sich über ihn. Er hatte nie erlebt, dass eine Frau so etwas tat. Nackt, mit schweren, schönen Brüsten, die zu ihm hinabpendelten, streifte sie ihm das Oberteil des Anzugs ab. Sie ging so unbeirrt vor, dass sie Erfolg hatte, obwohl er nicht kooperierte. Einer der Riemen entglitt ihm, und er griff rasch danach. Beinahe wäre es auf der schwarzen, schimmernden Fläche weggetrieben, doch er erwischte das letzte Inch davon und zog es mühsam ins Boot.
„Ich … kann nicht schwimmen“, gurgelte er.
Jetzt war es draußen. Es stimmte. Er hatte nie Gelegenheit gehabt, es zu lernen. Bisher hatte ihn das nicht gestört. Um das Meer hatte er einen weiten Bogen gemacht, und auf Seen hatte er sich nie gefürchtet. Aber bislang hatte er sich ja auch noch nie vor einer Frau gefürchtet. Jetzt jagte ihm beides Schauer des Entsetzens über den Rücken. Irgendwie schienen die zwei Dinge zusammenzuhängen – der dunkle See, die weiße Frau vor ihm.
Ihr Gesicht näherte sich seinem, und diese wunderbaren Lippen pressten sich auf die seinen, nahmen ihm den Atem. Er rutschte von seinem Sitz, schlug sich den Hinterkopf an. Lauren schien es nicht zu stören. Sie löste sich nur kurz von ihm, um ihm ihr zauberhaftes Lächeln zu zeigen. Beim zweiten Kuss waren ihre Lippen weiter geöffnet, und wie von selbst fand seine Zunge den Weg in ihrem Mund. Er tat es hastig, und er tat es allein deshalb, damit sie ihm dabei nicht zuvorkam.
Gemeinsam rissen sie ihm die Kleider vom Leib. „Ich kann auch nicht schwimmen“, presste Lauren zwischen den glühenden Küssen hervor. „Halten wir uns einfach am Boot fest. Sie haben doch keine Angst, oder, Trent?“
„Halten wir uns gut fest“, keuchte er. Seine Hände umfassten ihren Po, drückten ihren Leib gegen den seinen. Sie lachte, nicht wie eine Hure, aber auch nicht wie eine feine Dame. Sie lachte wie das Bauernmädchen, das sie war.
Zwei ausgelassen spielenden Kindern gleich rollten sie im Kahn umher, immer leidenschaftlicher, und gingen schließlich über Bord.
2
Sie klatschten ins Wasser, tauchten gemeinsam unter, waren für einen Moment alleine in einem endlosen finsteren Universum aus Wasser, und fanden mit unbeholfenen Paddelbewegungen von den tausend möglichen Wegen den einen, der an die Oberfläche führte.
Die Kälte des Wassers hatte keine ernüchternde Wirkung auf ihn. Stattdessen regte das Prickeln seine Sinne weiter an. Beide klammerten sie sich mit einer Hand an das Boot, mit der anderen an den Partner. Lauren tauchte aus dem See, als wäre sie seine Bewohnerin. Sie hatte sich verändert. Ihre kunstvoll frisierten dunkelblonden Haare klebten nun in wirren schwarzen Fransen an ihrem Kopf, ihr Gesicht glänzte amphibisch, ihre weißen Brüste schwebten schwerelos im Wasser. Sie verbiss sich glucksend an seiner Schulter, und mit ihren eiskalten Knien neckte sie ihn zwischen den Beinen. Er wich zurück, und dann drängte er sich ihr entgegen. Er fror, doch das nahm er selbst kaum wahr.
Was er wahrnahm, war sein rasendes Herz, und er wusste nicht, ob die Erregung oder die Angst dafür verantwortlich war. Er hatte das Gefühl, dass unter ihnen eine endlose Schwärze lauerte, bereit, sie zu verschlingen, sobald sie die geringste Schwäche zeigten. Sein Körper verlangte vehement von ihm, dass er sich mit Lauren vereinigte, aber ein lichter Teil von ihm wusste, dass es ein böses Ende nehmen würde, wenn das geschah. Bereits jetzt trieb der Taumel ihrer Lust sie dazu, eine Dummheit nach der anderen zu begehen. Wenn sie den letzten Schritt taten, würden sie die Vernunft vollends abwerfen. Sie würden hinabsinken, ineinander verstrickt, bis sie den Ort erreichten, wo die
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