Mission auf Leben und Tod
PROLOG
Die Vorstandsetage der Rüstungsfirma Montpellier Munitions wurde von Beton- und Bleimauern gesichert, die so dick waren, dass man damit einen Atomreaktor hätte abschotten können. Nachts wurden die Räumlichkeiten regelmäßig auf elektronische Abhörgeräte untersucht, tagsüber wurden dort internationale Waffengeschäfte getätigt.
Der elegant eingerichtete Geschäftsbereich des Konzerns, in dem aalglatte Herren das Sagen hatten, lag hoch über der eigentlichen Fabrik, wo Gabelstapler hochexplosive Sprengstoffe hin und her fuhren und Metallgussteile zu den modernsten Lenkraketen des 21. Jahrhunderts zusammengesetzt wurden.
Montpellier Munitions gehörte zu den geheimsten Rüstungsfirmen Frankreichs und lag mitten in dem knapp 400 Quadratkilometer großen Wald von Orléans am Nordufer der Loire, östlich der gleichnamigen Stadt.
Gerüchten zufolge hatte der Vorsitzende von Montpellier Munitions zur Bestechung der Beamten rund fünf Millionen Euro lockergemacht, damit die Anlage mitten in einem der größten Naturschutzgebiete Frankreichs errichtet werden konnte – dort, wo Rotwild durch die Wälder streifte und jeder einzelne Fischadler von Naturschützern bewacht wurde.
Jeder, der einen so ungeheuerlichen Vorschlag unterbreitet hätte, wäre von der Kommunalverwaltung umgehend zur Tür hinauskomplimentiert worden. Henri Foche allerdings war kein gewöhnlicher Antragsteller. Es galt als sehr wahrscheinlich, dass er mit 48 Jahren zum nächsten Präsidenten Frankreichs gewählt werden würde.
An diesem Morgen warteten die drei wichtigsten Vorstandsmitglieder, die Männer, die die umfangreichen Geschäfte mit den nahöstlichen Scheichs und deren afrikanischen Despoten eingefädelt hatten, mittlerweile etwas ungeduldig auf seine Ankunft. Es gab nämlich Probleme. Ziemlich große Probleme.
Um 10.35 Uhr traf er ein. Er trug wie immer einen dunklen Nadelstreifenanzug, ein weißes Hemd, dazu eine dunkelblaue Krawatte und ein scharlachrotes Einstecktuch. Er war von mittlerer Größe und stämmiger Statur, seinen glänzend kahlen Schädel umgab an beiden Seiten ein sorgfältig gekämmter kohlrabenschwarzer Haarkranz. Er hatte einen blassen Teint und eine ausgeprägte Nase, gekrümmt wie die Schnäbel der Fischadler, die über den Ufern der nahen Loire kreisten.
Begleitet wurde er von seinen beiden persönlichen Leibwächtern, Marcel und Raymond, die hinter ihm die Tür schlossen und sich daneben aufbauten. Beide trugen ausgebleichte Jeans und schwarze T-Shirts; Marcel dazu eine dunkelbraune Wildlederjacke, Raymond eine kurze, schwarze Lederjacke, unter der, kaum verborgen, in einem Schulterholster eine Pistole steckte.
Foche trat schweigend und mit ernster Miene ein, nahm am Kopfende des Mahagonitisches Platz und begrüßte nacheinander seine Mitarbeiter. »Yves … Olivier … Michel, bonjour .«
Jeder erwiderte respektvoll den Gruß, worauf Foche ohne weitere Umschweife auf das anstehende Thema zu sprechen kam. »Gut, dann lassen Sie mal sehen.«
Michel, der zu seiner Rechten saß, griff nach einer Fernbedienung und schaltete einen großen Flachbildschirm ein, der in etwa eineinhalb Metern Höhe an der Wand befestigt war. Er wählte im Menü den Eintrag für die aufgezeichneten Sendungen und ließ die Acht-Uhr-Nachrichten von CII abspielen, Frankreichs internationalem 24-Stunden-Nachrichtensender, der auf Französisch, Englisch und Arabisch ausstrahlte.
Monsieur Foche hatte gewöhnlich immer einiges nachzuholen, da er die Nächte meist im 120 Kilometer entfernten Paris mit Nachtklub-Tänzerinnen verbrachte. Allerdings kam das eher selten vor, wenn so wie jetzt für Montpellier Munitions viel auf dem Spiel stand.
Der Moderator kam umgehend zum Thema: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York hat letzten Abend die sogenannte Diamondhead, eine Lenkrakete französischer Bauart, offiziell geächtet. Der für alle Staaten ausgesprochene Bann erfolgte aus humanitären Gründen und wurde einstimmig von den UN-Delegierten der Europäischen Union, Indiens, Russlands und Chinas unterstützt.
Er erklärte, ähnlich wie bei dem in Vietnam eingesetzten Napalm würden die Opfer durch die sengend heißen Flammen des Diamondhead-Gefechtskopfs bei lebendigem Leib verbrannt. Der Moderator bestätigte die Sichtweise des UN-Sicherheitsrats, wonach die Diamondhead die grausamste Waffe sei, die sich gegenwärtig im Einsatz befand.
Er fügte hinzu, dass die UN eine besondere Warnung an die Islamische Republik
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