Falkengrund Nr. 34
wenige Männer hatten ihr bisher den Hof gemacht, denn in ihrer schlichten ländlichen Schönheit lag etwas über alle Maßen Herausforderndes für das andere Geschlecht. Sie war wie eine Frucht, an der man ohne zu naschen nicht vorübergehen konnte. Doch keiner ihrer Verehrer war gewesen wie Trent. Tumbe Bauernburschen hatten sich die kräftigen Zähne an ihr ausgebissen. Trent Holburn, ein zarter, fast mädchenhafter Träumer, dem gute Beziehungen eine ausgezeichnete Anstellung in einer Kanzlei verschafft hatten, erfrischte sie. Er war romantisch und geschmackvoll, hatte den Kontinent bereist und irrte sich nie in der Frage, welcher Wein zu welchem Gericht passte.
Trent wusste um seine Chancen. Schon seit seinem zwölften Lebensjahr hatte er einen Blick dafür, welche Frau sich für seine feinsinnige Art empfänglich zeigte. Er war kein Kostverächter. Die trockenen Akten, mit denen er seinen Unterhalt verdiente, verlangten nach einem Ausgleich. Nach etwas Feuchtem, Warmem, Lebendigen. Davon spazierte so viel herum, und es verpackte sich so apart …
Ehe Lauren es verhindern konnte, war Trent vom Steg in das Boot gesprungen. Der Kahn schaukelte dabei nur leicht, die darin liegenden Riemen rieben aneinander. Ein dumpfes Geräusch, wie es nur Holz und Wasser miteinander erzeugen konnten, erfüllte die Luft.
„Kommen Sie zurück!“, rief Lauren. „Lassen Sie mich nicht alleine auf diesen altersschwachen Brettern.“
„Mit Verlaub: Dass Sie alleine sind, ist Ihre eigene Schuld. Ändern Sie diesen verheerenden Zustand augenblicklich! Hier – nehmen Sie meine Hand!“ Er streckte ihr die Rechte entgegen, und kopfschüttelnd wie vor Empörung griff sie danach. Der Blick aus ihren blauen Augen streifte ihn, blieb einen Moment an ihm hängen und wanderte dann weiter, auf den See hinaus. Plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper, und sie entzog ihre Hand mit unerwarteter Heftigkeit seinem Griff. Stöhnend stolperte sie zurück, taumelte rückwärts und mit den Armen rudernd über den gerade einen Yard breiten Steg.
Trent machte einen weiten Satz aus dem Kahn auf die Anlegebrücke. Eine der Bohlen unter ihm knackte und gab nach. Rasch verlagerte er sein Gewicht und griff nach Lauren. Er erwischte die Rüschen ihres Kleides und zog sie daran zu sich her. Der Stoff hielt. Willenlos wie eine Puppe fiel sie ihm entgegen.
Er spürte ihren Körper, ganz plötzlich, die runden Formen unter dem Korsett. Ihr Herz schlug so wild, dass sein Pochen durch das Mieder hindurch zu erfühlen war. Trent begann zu zittern. Seine Mütze rutschte von seinem Kopf, als Lauren sich ungeschickt an ihm festklammerte. Gleichzeitig gaben ihre Knie nach, er fasste von neuem nach ihr, stützte sie unter den Armen.
„Was ist passiert?“, hauchte er aufgeregt in ihr Ohr. Sie standen am äußersten Rand des Stegs. Wenige Inch weiter, und sie wäre in das schwarze Wasser des Sees gestürzt.
Lauren antwortete nicht. Sie wurde schwerer und schwerer in seinen Armen. Als ihm klar wurde, dass sie sich aus eigener Kraft nicht mehr auf den Beinen halten konnte, ging er behutsam mit ihr in die Knie, setzte sie auf den Brettern ab und hockte sich so neben sie, dass er sie stützen konnte.
„Sie bekommen nicht genügend Sauerstoff“, stellte er fest. Immer musste er an ihre Taille denken – viel zu dünn für diesen schönen rundlichen Körper. Die Frauen schnürten ihre Mieder eng. Die meisten von ihnen schwebten permanent in der Gefahr, ohnmächtig zu werden. Wie viele hatte er schon aufgefangen! Frauen waren wunderbar, wenn sie am Rande der Ohnmacht umhergeisterten. So filigran, so hilfsbedürftig. „Mit Ihrer Erlaubnis werde ich Ihnen ein wenig Erleichterung verschaffen, Lauren.“ Voller Erregung begannen seine Finger an ihrem Kleid zu nesteln.
„Es geht mir schon besser“, keuchte sie. „Unterlassen Sie das … bitte … Nicht!“
Es fiel ihm schwer, aber er beorderte seine Hände zurück an ihre Schultern, wo sie ihrem schwankenden Oberkörper Halt verliehen.
„Ich habe etwas gesehen“, brachte die Frau hervor. Jetzt fiel ihm auf, wie blass ihr sonst so rosiges Gesicht geworden war. Beinahe grünlich schimmerte ihre Haut im Mondlicht. „Es war hinter Ihnen, auf dem See, nur für einen Moment …“
„Ja, und was war es?“ Er drehte den Kopf und sah in die Richtung, in die ihre Blicke vorher gegangen sein mochten. Nun hielt sie den Kopf krampfhaft abgewandt, die Augen gesenkt, als hätte sie nicht den Mut, noch einmal
Weitere Kostenlose Bücher