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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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zu sitzen. Es gab ihm keine Sicherheit. Rings herum schoben sich immer mehr der Köpfe aus dem See. Sie sahen jetzt gar nicht mehr wie Fische aus. Mit den Riemen schlug er nach ihnen und traf sie auch, doch sie oder andere kamen wieder.
    Kaum hatte Lauren das Bewusstsein wiedererlangt, verkroch sie sich in dem Haufen, den ihre Kleider bildeten, und bedeckte ihre Blößen damit. Verschämt starrte sie zur Seite. „Ich habe etwas sehr Undamenhaftes getan“, nuschelte sie kaum hörbar in ihr Kleid.
    „Machen Sie sich keine Gedanken.“ Trent sagte es automatisch. Die neuerliche Veränderung in ihrem Gebaren fiel ihm nicht einmal auf. Seine Aufmerksamkeit konzentrierte sich ganz auf die Umgebung des Bootes. Er suchte nach dem Steg, konnte ihn nicht finden. Sie mussten weiter vom Ufer entfernt sein, als er gedacht hatte. Er entschied sich für eine Richtung, ohne hundertprozentig davon überzeugt zu sein. Als er kräftig zu rudern begann, blieben die schaurigen Fische immerhin hinter ihnen zurück. Erst allmählich dämmerte ihm, dass er nackt in dem Kahn saß, und er presste die Schenkel eng zusammen.
    Dann begann der eigentliche Spuk erst.
    Etwa zwanzig Fuß hinter einer völlig aufgelösten, lose mit Kleidern bedeckten Lauren bewegte sich etwas auf dem Wasser. Eine Hand kam zum Vorschein, als nächstes ein zerzauster Kopf, der Oberkörper eines Mannes, in zerfetzte, mit Algen behangene Kleidung gehüllt. Es war genau, wie Lauren es beschrieben hatte. Der Mann stieg aus dem See, wie jemand aus einem Sarg steigen würde. Das Wasser schien für ihn Festigkeit zu besitzen. Es war ein Anblick, den man nicht einmal in einem Traum erwarten würde.
    Trent hatte kurzzeitig mit dem Rudern aufgehört, nun schwang er die Riemen von neuem. Während der Kahn kraftvoll durch das Wasser stieß, vermochte er den Blick nicht von der Erscheinung zu nehmen. Der Spuk blieb auf der glatten Oberfläche stehen und sah zu ihnen hinüber. Hob die Arme, schwenkte sie. Und dann klang ein entsetzlicher Schrei über den nächtlichen See.
    „Nooooooo …“
    In schlechten Romanen hatte Trent von Schreien gelesen, die einem Menschen das Blut in den Adern gefrieren ließen. Dies war einer von dieser Sorte. Und der Schrei tat noch mehr. Er ließ den See gerinnen, denn für ein paar Sekunden verwandelte sich das Wasser wahrhaftig und im wörtlichen Sinne in etwas anderes als Wasser. Eine dicke, geleeartige Masse. Die Riemen ließen sich kaum mehr bewegen, das Boot stockte, und Lauren, die am Heck saß, wurde von der Trägheit ihres Körpers durch den Kahn geschleudert. Das Phänomen währte nur so lange, wie der Schrei anhielt. Als er verklang, war das Wasser wieder Wasser.
    Die Flucht ging weiter, doch Trent konnte nicht verhindern, dass er immer wieder vom Kurs abkam. Er hielt ohnehin nur vage auf das Ende des Sees zu, von dem sie gekommen waren. Eigentlich eine Dummheit! Warum nahm er nicht den Weg zum nächsten Ufer? Wo hatte er nur seinen Verstand? Er fluchte dumpf, drehte das Boot um 90 Grad und kämpfte sich auf das Schilf zu.
    Der Mann auf dem Wasser begann zu gehen. Ohne einzusinken, lief er über die Seeoberfläche, natürlich in ihre Richtung. Jetzt hatte Lauren ihn auch entdeckt. Das Grauen musste ihr die Kehle zugeschnürt haben, denn sie ächzte nur und sank auf den Boden des Kahns nieder, wie jemand, der sich in ein schreckliches Schicksal fügte.
    Trent konnte ihre Verfassung nachempfinden, aber er war noch nicht zum Aufgeben bereit. Er sah es als seine Mission an, das zitternde Bündel weißen Fleisches, das zu seinen Füßen lag, sicher ans Ufer zu bringen. Und das konnte nicht mehr weit entfernt sein. Das Boot drang bereits in die Vegetation vor, Schilfrohr knackte, Blätter wischten gegen seinen Kopf. Irgendwo dahinter musste das Ufer liegen.
    Der Spuk kam mit gleichmäßigen Schritten auf sie zu. Er war schneller als sie. Er war ein Spaziergänger auf einer ebenen Fläche. Ein Wanderer in einer Welt, die sie nicht kannten. Aufs Neue erklang sein Schrei.
    „Noooooo! Nooooo!“
    Alle Haare an Trents nacktem Körper stellten sich auf, das Wasser erstarrte, der Kahn ruckte, Lauren gab ein protestierendes Stöhnen von sich. Himmel , dachte Trent. Alle Fische in diesem See müssen tot sein. In diesem geronnenen Wasser kann nichts existieren.
    Schon im nächsten Augenblick widerlegten die Ereignisse seinen Gedanken. In der Nähe des Kahns wurde das Wasser aufgewühlt, und einer dieser hässlichen Kerle katapultierte sich aus der

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