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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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es weitermachen sollte.
    Sein Schutzengel war in einem lächerlichen Stück Bernstein gefangen, zusammen mit drei hässlichen Stechmücken, die schon vor Jahrtausenden im Bauch einer Kröte hätten landen sollen. Artur trug den Stein in der Tasche – so klein und leicht war er, dass er ihn kaum spürte. Es war eine Schande, ihn zu haben und doch nicht zu haben. Manchmal fühlte er sich versucht, ihn in den nächsten Fluss zu werfen.
    Doch er fürchtete sich davor, so etwas zu tun. Schließlich war der Schutzengel das einzige Wesen, das jemals zu ihm gehalten hatte. Gut, Melanie, die niedliche sommersprossige Studentin von Falkengrund, vielleicht ausgenommen. Sie war ihm vertraut erschienen. Aber nur für einige Stunden – und dann für zwei kurze Besuche, die sie ihm im Gefängnis abgestattet hatte. Wäre sie kein Teil von Falkengrund gewesen, hätte er sich vielleicht an sie wenden können. So stand auch sie für das Grauen, die Angst und die Erniedrigung, die diese Schule ihm gebracht hatte.
    Frederik sprach weiter. Artur bekam den Inhalt seiner Worte nicht mit, da er in Gedanken versunken war. „Wie bitte?“, hakte er nach. „Was hast du gesagt?“
    „Ich sagte, ich kann dir etwas von der Stadt zeigen. Falls du dich für Kultur interessierst, könnten wir ins Theater gehen.“
    Artur sah sein Gegenüber an.
    Der Dicke hinter ihm stand geräuschvoll auf und kam an den Tresen. Er knallte seinen leeren Bierkrug auf das Holz und raunte Artur ins Ohr: „Falls du’s noch nicht bemerkt hast, Kumpel – unser Freddie ist vom andern Ufer – gaaaanz weit drüben.“ Wieder lachte er scheppernd und blies dabei eine Alkoholfahne in Arturs Richtung, die nicht von schlechten Eltern war.
    „Das stimmt nicht“, protestierte Frederik. Aber er tat es sehr zurückhaltend und ohne den Betrunkenen zurechtzuweisen. Ob er sich aus Rücksicht auf seinen Gast so verhielt oder weil dieser mit seiner Behauptung recht hatte, war nicht zu sagen. „Und wenn es so wäre“, meinte der Junge zu Artur, „dann hätte es nichts damit zu tun. Theater ist mein Leben. Du darfst Stuttgart nicht verlassen, ohne dir ein Stück angesehen zu haben. Ich kenne einen Geheimtipp.“
    Artur blickte Frederik lange in die Augen. Dann entschloss er sich plötzlich, das Angebot anzunehmen. Nicht, weil er versessen darauf war, mit dem Jungen das Theater zu besuchen. Er machte sich nichts aus solchen Dingen. Nein, Artur sagte nur zu, um dem unsympathischen Kerl neben ihm eins auszuwischen. Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass dieser ihn gleich mit einem Blick ansehen würde, der sagte: „Gut, dass ich dich aufgeklärt habe, was? Das hat dir eine Menge peinliche Schweinereien erspart.“
    „Einverstanden“, meinte Artur, und der Dicke stieß ein explosionsartiges Gelächter aus, das er verschwenderisch mit Speichel anreicherte.
    „Mann“, lallte er. „Das hätte ich dir nicht angesehen! Du siehst aus wie ein richtiger Kerl.“
    Weder Artur noch Frederik gingen darauf ein. Der Junge riss einen Notizzettel von einem Block ab, schrieb umständlich etwas darauf und schob ihn Artur zu, mit der leeren Rückseite nach oben.
    Der Betrunkene streckte seine Hand danach aus, doch Artur war schneller, schnappte sich den Zettel und ließ ihn ungelesen in seiner Tasche verschwinden. Der Dicke brummte missmutig: „Und ich dachte, ihr findet euch über die Telefonnummern an den Toilettenwänden.“
    „Halt endlich dein Maul“, knurrte Artur, ohne sich zu ihm umzuwenden. Der Mann stockte, ballte die Faust und hob sie, als würde er zuschlagen. Dann murmelte er etwas nicht Jugendfreies und schwankte mit nach oben gestreckter Faust an seinen Tisch zurück.
    „Heute Abend 18 Uhr an dem Ort, den ich dir aufgeschrieben habe“, meinte Frederik. „Es ist nicht weit von hier. Drei Straßen.“ Artur gefiel, dass er nicht flüsterte, sondern so sprach, dass der Besoffene mithören konnte. Der Junge hatte also seinen Stolz, auch wenn man ihm das nicht auf den ersten Blick ansah. Er wurde ihm immer sympathischer.
    Arturs Glas war leer, und er bezahlte. „Dann bis später“, sagte er. Es war kurz nach vierzehn Uhr, als er auf die Straße trat.
    Er konnte nicht ahnen, dass er Frederik nie mehr wiedersehen würde.

2. Olaf
    Den halben Tag schon hatte Olaf Springer das Gefühl, dass die drei Einheimischen ihn verfolgten.
    Anfangs hatte er sie nicht auseinanderhalten können und war unsicher gewesen, ob es sich um dieselben Männer handelte, die über Stunden

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