Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
hätte es dieser Schuft bestimmt wieder geschafft, sich irgendwie aus seiner Verantwortung zu ziehen.«
» Die Welt ist nicht ärmer ohne Menschen wie Baltkorn und Nachtmahr!«, mischte sich nun auch Jella ein, » aber lasst uns heute nicht mehr von der Vergangenheit reden. Teresa wartet bereits mit dem Essen auf uns. Pastor Kiesewetter schleicht schon die ganze Zeit um die Kochtöpfe, als wolle er gleich einen Überfall darauf starten.« Alle lachten und folgten ihr zu den Tischen.
Nur Ricky blieb zurück. Sie legte die schlafende Leila in ihre Wiege unter dem Verandadach und setzte sich daneben auf einen Schaukelstuhl. Das gleichmäßige Gemurmel der Gäste erinnerte sie an das Rauschen eines Baches. Ihre Gedanken wanderten zurück in die Vergangenheit, und plötzlich dachte sie mit Wehmut an ihre Zeit in Berlin. Es war nicht leicht gewesen, dort Fuß zu fassen, und doch hatte sie Erfolg gehabt. Ihre ursprüngliche Idee, nach der Geburt ihrer Tochter wieder allein dorthin zurückzugehen, hatte sie schnell fallen gelassen. Plötzlich konnte sie sich nicht mehr vorstellen, ihre Tochter allein hier zurückzulassen, auch wenn ihre Eltern ihr das sicherlich ermöglicht hätten. Sobald Leila etwas größer war, würde sie vielleicht etwas Musikunterricht geben. Es gab genügend Kinder in der näheren und weiteren Umgebung, die Klavierspielen lernen wollten. Das war nicht das Schlechteste …
» Darf ich stören?« Ricky hätte die volltönende Tenorstimme unter Hunderten erkannt. Sie sah Valentin mit einer Mischung aus Überraschung und Verlegenheit an, bevor sie ihm mit einer stummen Handbewegung den Stuhl neben ihr anbot. Er setzte sich. Schweigend genossen sie eine Zeit lang den Ausblick auf die rötlichen Steilhänge des Waterberg-Massivs, als läge dort etwas, das ihre Vergangenheit hätte ungeschehen machen können. Über der Landschaft lag der träge nachmittägliche Zauber der Savanne. Zwei bauschige Wolken eilten nebeneinander über den tiefblauen Himmel. Eine Weile schien es, als wollten sie aufeinander zueilen, aber dann strebten sie wieder auseinander.
Ricky fand als Erste die Sprache wieder. » Es tut mir leid wegen damals«, begann sie. » Ich habe mich schrecklich benommen.«
Valentin kaute auf seiner Unterlippe und nickte. Sein Blick blieb in die Ferne gerichtet. » Ich habe schon gehört, dass dein Fürst dich enttäuscht hat«, meinte er schließlich. » Das hast du nicht verdient.«
Ricky machte eine abwehrende Handbewegung. » Ich war verblendet und habe in ihm immer nur eine romantische Traumfigur gesehen. Aber das ist es nicht, was ich sagen wollte … Ich …«
Plötzlich fehlte ihr der Mut weiterzureden. Sie wollte ihm sagen, dass sie zu spät gemerkt hatte, wie viel er ihr bedeutete. Doch dann fiel ihr ein, dass es dafür längst zu spät war. Sie stand auf, vermied es aber, ihn anzusehen. » Ach, was spielt es noch für eine Rolle. Schließlich bist du ja nun glücklich verlobt. Ich wollte dir nur sagen, dass ich euch viel Glück wünsche.« Sie wandte sich abrupt ab und verließ eilig die Veranda, um sich den anderen zuzugesellen. Valentin war verblüfft über die heftige Reaktion. Er wollte ihr hinterherrufen, um endlich das eigentliche Anliegen seines Besuches zu erklären. Er hatte ihr vorschlagen wollen, mit ihrem alten Programm in seinem Theater aufzutreten, sobald sie dazu bereit war. Aber dann begann sich die kleine Leila neben ihm zu rekeln und zog seine Aufmerksamkeit auf sie. Fasziniert beobachtete er, wie sie für einen kurzen Moment schmatzend die Augen aufschlug und ihn unverwandt ansah. Sie hat Rickys Schmollmund, dachte er gerührt.
Es war töricht gewesen, Ricky mit Sabine ärgern zu wollen. Das wurde ihm plötzlich klar. Die Beziehung zu Sabine war längst nur noch freundschaftlicher Natur. Sie hatte ihn heute nur aus Loyalität begleitet, damit Ricky sehen sollte, dass er nicht auf sie angewiesen war. Und doch hatte seine kleine Gemeinheit eine unverhoffte Wirkung gehabt. Rickys heftige Reaktion zeigte ihm, dass sie offensichtlich doch noch etwas für ihn empfand. Natürlich war er nicht bereit, sich sofort wieder an ihre Seite zu stellen. Dafür schmerzte ihre Zurückweisung noch viel zu sehr. Aber vielleicht konnten sie ja beruflich wieder einen gemeinsamen Weg beschreiten. Das wäre immerhin mal ein Anfang. Nachdenklich suchte Valentin nach den beiden nebeneinanderher jagenden Wolken am Himmel. Als er sah, dass sie allmählich miteinander verschmolzen, musste er
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