Familienpackung
und der Langner hockt in seinem fetten Ledersessel und winkt mich ran. Ich will direkt mit einer Entschuldigung loslegen, aber er sagt nur: ›Aufhören, ist doch alles wahr. Ich bin zu blöd zum Kopieren. Und ich kommandiere rum. Sagt meine Frau auch. Ansonsten traut sich das ja keiner. Mir hat das gefallen. Auch, dass Sie auf der Party dem Schwachkopf‹, an der Stelle lacht der doch glatt laut auf, ›also mir, eben nicht in den Hintern gekrochen sind. Lassen Sie es jetzt bitte auch. In meiner Position ist man umgeben von Menschen, die sich nichts trauen. Alles ergeben abnicken. Ich bin froh, wenn einer mal den Mund aufmacht. Können Sie mir versprechen, das weiterhin zu tun, vielleicht ein wenig sachlicher, aber trotzdem?‹« »Was nimmt das denn für eine Wendung, Christoph?«, bin ich komplett verwirrt. »Hör doch einfach zu, Andrea«, unterbricht mich Christoph, »ich war auch erstaunt, habe aber gesagt: ›Na ja, eventuell, kommt drauf an.‹ Der Langner grinst und will wissen, worauf es denn ankommt. Ich,
schon etwas mutiger, habe dann gesagt: ›Auf meine Position hier in der Kanzlei. Als kleiner Angestellter und Lakai vom Chef tut man sich da ja ein wenig schwer mit der Offenheit.‹ ›Gut bemerkt‹, sagt der nur. ›Ich habe die ganze Nacht über all das nachgedacht. Und habe beschlossen, Sie zum Partner zu machen. Damit wir in Zukunft in Augenhöhe kommunizieren können.‹« Wow. Unglaublich. Einmal Schwachkopf sagen und schon wird man Partner. Das gibt’s doch nicht. Das steht so sicher in keinem Karriereratgeber. »Juchhu«, schreie ich und springe durchs Wohnzimmer. »Das ist ja Wahnsinn, unglaublich, phantastisch. Du bist ein Held«, bejuble ich meinen Kerl. »Warte noch eben, Andrea«, beendet Christoph meinen kleinen spontanen Freudentanz. »Der Langner hat noch mehr gesagt. Nämlich, dass er für zwei Monate auf Rucksackreise gehen will. Mit seiner Frau. Durch Lateinamerika. Ein Jugendtraum der beiden. Sie fahren am nächsten Samstag. Hat er sich alles heute Nacht, nach der Party, überlegt. Der hat mir richtig sein Herz ausgeschüttet. Dass er ein Arbeitstier sei, in einer grässlichen Tretmühle stecke und dass seine Ehe leide. Er will sich nochmal jung fühlen. Hat direkt im Internet Flüge gebucht.« Das ist ja alles eine äußerst merkwürdige Geschichte, aber mir dämmert langsam, dass die gute Nachricht auch eine schlechte mit sich bringt. Außerdem hat der nicht vor wenigen Minuten gesagt, er hätte seinen Job nicht mehr und mich damit zum Weinen gebracht? Sehr witzig. »Warum hast du gesagt, du hättest deinen Job nicht mehr, was sollte das, findest du so was amüsant?«, werde ich etwas sauer. So, wieder auf der sicheren Seite, kann man ja auch ein wenig strenger werden. »Ich habe meinen Job ja auch nicht mehr. Ich bin
ab Ende nächster Woche kein Angestellter mehr, sondern Partner«, kichert mein Mann. Lustig wirklich. Und wie spitzfindig. Und was heißt eigentlich ab Ende nächster Woche? Da sind wir doch in der Karibik, oder wie muss ich das verstehen? »Was ist dann mit unseren Flitterwochen?«, frage ich also logisch nach. »Ja, Andrea, das ist ein kleiner Haken, also das geht natürlich jetzt nicht. Der Langner baut auf mich. Wenn der weg ist, soll ich den Laden schmeißen.« Umsonst gepackt. Umsonst gefreut. Und der Langner, der alte Fuchs, reist mit seiner Muffelziege durch Südamerika. »Und die Reise, die Tickets, es ist doch alles gebucht?«, versuche ich doch noch was zu retten. »Wer so lange auf die Partnerschaft gewartet hat, ich meine, da kommt es doch auf ein, zwei Wochen nicht an.« Christoph argumentiert ähnlich. »Wer, wie wir, so lange auf die Flitterwochen gewartet hat, Andrea – was soll’s, dann fahren wir halt in zwei, drei Jahren. So eine Chance bekomme ich nie wieder. Der Langner mag mich.« In zwei, drei Jahren? »Aber die Tickets«, bleibe ich hartnäckig, denn ich weiß, Christoph gehört nicht zu den Leuten, die gerne was verschenken, und zum Stornieren ist es definitiv zu spät. »Fahr du doch«, lacht Christoph, »nimm Sabine mit und macht’s euch nett. Ich werde hier eh keine Zeit haben. Ich muss auch gleich nochmal ins Büro. Bisschen was vorbereiten.«
Ich soll mit Sabine in die Flitterwochen? Sag mal, tickt der noch richtig, der Herr Partner? Soll ich mich mit Sabine im weißen Sand wälzen und romantisch Händchen halten? Oder fahre ich am besten gleich nur mit meinem Delfin und schaue mir mit dem die Sonnenuntergänge an? Oder – ich
Weitere Kostenlose Bücher