Farm der Tiere
ihm.
Plötzlich blieb er stehen, so als sei er zu einem Schluß gelangt.
»Genossen«, sagte er ruhig, »wißt ihr, wer hierfür verantwortlich ist? Kennt ihr den Feind, der bei Nacht eingedrungen ist und unsere Windmühle zerstört hat?
SCHNEEBALL!« brüllte er plötzlich mit Donnerstimme.
»Schneeball hat dies getan! Aus purer Bosheit, um uns in unserem Vorhaben zu hindern, und um sich für seine schmähliche Vertreibung zu rächen, deswegen hat sich dieser Verräter im Schütze der Nacht hierhergeschlichen und das Werk von fast einem Jahr zerstört. Genossen, ich verhänge an Ort und Stelle das Todesurteil über Schneeball. Den ›Tierheld zweiter Klasse‹ und einen halben Scheffel Äpfel jedem, der ihm den Prozeß macht. Und einen ganzen Scheffel jedem, der ihn lebend fängt!«
Es schockierte die Tiere über alle Maßen, erfahren zu müssen, daß gerade Schneeball einer solchen Tat fähig sein konnte. Es gab einen Aufschrei der Empörung, und jeder begann auf Möglichkeiten zu sinnen, wie man Schneeballs habhaft werden könne, sollte er jemals zurückkommen. Unmittelbar darauf entdeckte man, unweit des Hügels, im Gras die Fußspuren eines Schweins. Sie ließen sich nur wenige Meter weit verfolgen, schienen aber zu einem Loch in der Hecke zu führen. Napoleon beschnüffelte sie ausgiebig und erklärte sie dann zu Schneeballs Spuren. Er vertrat die Ansicht, daß Schneeball wahrscheinlich aus der Richtung der Fuchswaldfarm gekommen war.
»Keine Verzögerung mehr, Genossen!« sagte Napoleon, nachdem die Fußspuren untersucht worden waren. »Es gibt Arbeit. Noch diesen Morgen beginnen wir mit dem Wiederaufbau der Windmühle, und wir werden den ganzen Winter hindurch daran bauen, bei Regen und Sonne. Wir werden diesen elenden Verräter lehren, daß er unser Werk nicht so leicht zunichte machen kann. Vergeßt nicht, Genossen, unsere Pläne dürfen keine Änderung erfahren; sie sollen auf den Tag pünktlich ausgeführt sein. Vorwärts, Genossen! Lang lebe die Windmühle! Lang lebe die Farm der Tiere!«
KAPITEL VII
Es war ein harter Winter. Dem stürmischen Wetter folgten Graupel und Schnee, und dann ein bitterer Frost, der erst spät im Februar brach. Die Tiere arbeiteten nach besten Kräften am Wiederaufbau der Windmühle, denn sie wußten sehr wohl daß die Umwelt sie beobachtete und daß die neidischen Menschen jubilieren und triumphieren würden, wenn die Mühle nicht zur Zeit fertig wäre.
Aus Gehässigkeit behaupteten die Menschen, nicht daran zu glauben, daß es Schneeball gewesen sei, der die Windmühle zerstört habe: sie sagten, sie sei eingestürzt, weil die Mauern zu dünn gewesen wären. Die Tiere wußten, daß das nicht stimmte.
Dennoch hatte man beschlossen, die Mauern statt der früheren achtzehn Zoll diesmal drei Fuß dick zu bauen, und dies bedeutete, daß noch weit größere Mengen von Steinen herangeschafft werden mußten. Lange Zeit lag der Steinbruch unter Schneewehen, und es ließ sich nichts unternehmen.
Während des folgenden trocken- frostigen Wetters ging es etwas voran, doch die Arbeit war grausam, und die Tiere waren nicht mehr so hoffnungsvoll wie vordem. Nur Boxer und Kleeblatt ließen den Mut nie sinken. Schwatzwutz hielt exzellente Reden über die Freude des Dienens und die Würde der Arbeit, doch die anderen Tiere erfuhren mehr Ermutigung durch Boxers Kraft und seinen nie verzagenden Ruf: »Ich will und werde noch härter arbeiten!«
Im Januar wurde das Futter knapp. Die Körnerration wurde drastisch gekürzt, und man kündigte an, daß zum Ausgleich dafür eine Extraration Kartoffeln ausgegeben werden würde.
Dann entdeckte man, daß der größte Teil der Kartoffelernte in den Mieten erfroren war, die man nicht dick genug abgedeckt hatte. Die Kartoffeln waren weich und fleckig geworden, und nur wenige blieben noch genießbar. Die Tiere hatten manchmal tagelang nichts anderes zu essen als Häcksel und Rüben. Sie schienen dem Hungertod preisgegeben.
Es war lebenswichtig, diese Tatsache vor der Umwelt zu verbergen. Durch den Einsturz der Windmühle erkeckt, ersannen die Menschen neue Lügen über die Farm der Tiere.
Abermals wurde ausgestreut, daß die Tiere an Hunger und Krankheit zugrunde gingen, daß es beständig Kämpfe unter ihnen gebe und daß sie ihre Zuflucht bereits zu Kannibalismus und Kindesmord genommen hätten. Napoleon war sich der schlimmen Folgen wohl bewußt, die es zeitigen mochte, würde der wahre Sachverhalt der Ernährungslage bekannt, und er
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