Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Farm der Tiere - illustriert

Titel: Farm der Tiere - illustriert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
Vom Netzwerk:
wurde dies in der Regel Schneeball zugeschrieben. War ein Fenster zerbrochen oder ein Abfluß verstopft, durfte man sicher sein, daß irgendjemand erklärte, Schneeball sei bei der Nacht gekommen und habe es getan, und als der Schlüssel zur Futterkammer verloren ging, da war die ganze Farm überzeugt davon, daß Schneeball ihn in den Brunnen geworfen hatte. Merkwürdigerweise hielten sie auch dann noch an dieser Überzeugung fest, als sich der verlegte Schlüssel unter einem Sack mit Schrotmehl fand. Die Kühe erklärten einstimmig, Schneeball schleiche sich nächtens in ihre Ställe und melke sie im Schlaf. Von den Ratten, die in diesem Winter eine rechte Plage gewesen waren, wurde ebenfalls behauptet, sie steckten mit Schneeball unter einer Decke.
    Napoleon ordnete eine umfassende Untersuchung der Aktivitäten Schneeballs an. In Begleitung seiner Hunde brach er zu einem sorgfältigen Inspektionsrundgang durch die Farmgebäude auf, und die anderen Tiere folgten ihm in respektvollem Abstand. Alle paar Schritte blieb Napoleon stehen und schnüffelte auf dem Boden nach Schneeballs Spuren, die er, wie er sagte, am Geruch erkennen könne. Er schnüffelte an allen Ecken und Enden, in der Scheune, im Kuhstall, in den Hühnerhäusern, im Gemüsegarten, und fand bald überall Spuren von Schneeball. Er senkte dann immer den Rüssel auf den Boden, schnuffte mehrmals kräftig und rief mit fürchterlicher Stimme: »Schneeball! Er ist hiergewesen! Ich kann ihn ganz deutlich wittern!«, und bei dem Wort ›Schneeball‹ ließen alle Hunde ein haarsträubendes Knurren hören und bleckten die Reißzähne.
    Die Tiere waren gründlich erschrocken. Es schien ihnen, als wäre Schneeball eine Art unsichtbare Macht, die die Luft um sie herum durchdrang und sie mit allen möglichen Gefahren bedrohte. Am Abend rief Schwatzwutz sie zusammen und sagte ihnen mit besorgter Miene, daß er ihnen überaus ernste Neuigkeiten mitzuteilen habe.
    »Genossen!« rief Schwatzwutz und hopste nervös hin und her, »es ist etwas ganz Entsetzliches entdeckt worden. Schneeball hat sich an Frederick von der Knickerfeld-Farm verkauft, der eben jetzt Ränke schmiedet, uns anzugreifen und uns unsere Farm wegzunehmen! Schneeball soll ihm als Führer dienen, wenn der Angriff beginnt. Doch es kommt noch schlimmer. Wir hatten geglaubt, Schneeballs Rebellion sei durch seine Eitelkeit und seinen Ehrgeiz ausgelöst worden. Aber wir haben uns geirrt, Genossen. Wißt ihr, was der wahre Grund dafür war? Schneeball war von Anfang an mit Jones im Bunde! Er war die ganze Zeit über Jones' Geheimagent. Das alles ist durch Dokumente bewiesen, die er zurückließ und die wir gerade erst jetzt entdeckt haben. Meiner Ansicht nach, Genossen, erklärt das eine ganze Menge. Haben wir denn nicht selber gesehen, wie er - zum Glück erfolglos - versuchte, uns bei der Schlacht am Kuhstall eine Niederlage und die Vernichtung zu bereiten?«
    Die Tiere waren wie vor den Kopf gestoßen. Dies war ja eine Heimtücke Schneeballs, die die Zerstörung der Windmühle noch bei weitem übertraf. Aber es dauerte ein paar Minuten, bevor sie es ganz fassen konnten. Sie erinnerten sich alle, oder glaubten sich zu erinnern, wie sie Schneeball bei der Schlacht am Kuhstall hatten voranstürmen sehen, wie er sie dauernd um sich geschart und ihnen Mut gemacht hatte und wie er selbst da nicht einen Moment gezaudert hatte, als ihn die Schrotkugeln aus Jones' Flinte am Rücken verwundeten. Es war zunächst doch ein bißchen schwer einzusehen, wie dies dazu paßte, daß er mit Jones im Bunde war. Sogar Boxer, der selten Fragen stellte, war verwirrt. Er legte sich nieder, klappte die Vorderhufe ein, machte die Augen zu und schaffte es mit großer Mühe, seine Gedanken zu formulieren.
    »Das glaube ich nicht«, sagte er. »Schneeball hat in der Schlacht am Kuhstall tapfer gekämpft. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Haben wir ihm denn nicht gleich hinterher den ›Tierheld erster Klasse‹ verliehen?«
    »Das war unser Fehler, Genosse. Denn jetzt wissen wir - es steht alles in den Geheimdokumenten, die wir gefunden haben - daß er in Wahrheit versuchte, uns ins Verderben zu locken.«
    »Aber er wurde doch verwundet«, sagte Boxer. »Wir alle haben gesehen, wie schlimm er geblutet hat.«
    »Das gehörte mit zu dem Komplott!« schrie Schwatzwutz. »Jones gab nur einen Streifschuß auf ihn ab. Ich könnte euch das alles in seiner eigenen Handschrift vorlegen, wenn ihr es nur lesen könntet. Der Plan sah für

Weitere Kostenlose Bücher