Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01
ein paar neue zu erfinden.«
»Aber es steckt ein Sinn dahinter«, verteidigte sich Collop. »Hast du eine bessere Erklärung dafür, aus welchem Grund wir uns hier aufhalten?«
»Vielleicht. Ich bräuchte dazu nur ein paar andere Märchen zu erfinden.«
Natürlich besaß Burton eine solche Erklärung, aber er würde sich hüten, sie Collop anzuvertrauen. Spruce hatte vor seinem Tod immerhin einiges über die Identität, Geschichte und Ziele seiner Gruppe durchblicken lassen. Und einiges davon deckte sich in der Tat mit Collops Theologie.
Allerdings war Spruce gestorben, bevor er eine Erklärung über das, was man „Seele“ nannte, hatte abgeben können. Offenbar stellte die „Seele“ einen wichtigen Faktor im Gesamtbild der Wiedererweckung dar. Erreichte der menschliche Körper jedoch den Zustand des »Heils«, entledigte sich die Seele ihrer Umhüllung. Da man das post-terrestrische Leben lediglich in physikalischen Termini erklären konnte, mußte die »Seele« ebenfalls eine physikalische Entität darstellen, die man nicht mit der Bezeichnung »übersinnlich«, wie es auf der Erde stets der Fall gewesen war, umschreiben konnte.
Aber es gab immer noch genug, was Burton nicht wußte. Immerhin war es ihm vergönnt gewesen, einen tieferen Einblick in den Aufbau des Flußplaneten zu tun, als den meisten anderen Menschen möglich gewesen war.
Mit dem wenigen Wissen, das er besaß, war er dennoch bereit, seinen weiteren Weg zu gehen. Und irgendwann würde er den dunklen Turm erreichen, selbst wenn er einen erneuten Selbstmord begehen mußte, um schneller dort anzukommen. Zuerst mußte ihn allerdings einer der Ethiker entdecken. Burton würde den Mann überrumpeln, dafür sorgen, daß er sich nicht selbst umbrachte, und dann die erforderlichen Informationen aus ihm herauspressen.
Bis dahin würde er weiterhin die Rolle Abdul Ibn Haruns spielen und sich als ägyptischer Physiker des neunzehnten Jahrhunderts ausgeben, der jetzt zu den Bürgern des Staates Bargawhwdzys zählte. Und als solcher, entschied er sich, würde er auch der Kirche der Zweiten Chance beitreten. Er brauchte Collop gegenüber nur durchblicken zu lassen, daß die Lehren Mohammeds ihn frustriert hätten. Schneller als Burton war in diesem Gebiet noch kein Mensch zu einem anderen Glauben konvertiert.
»Und nun«, sagte Collop, »mußt du schwören, daß du niemals wieder eine Waffe gegen einen anderen Menschen erheben wirst – nicht einmal zur Selbstverteidigung.«
Wütend entgegnete Burton, daß er es keinem Menschen ungestraft gestatten werde, Hand an ihn zu legen.
»Es ist nichts Unnatürliches, was ich von dir verlange«, sagte Collop freundlich. »Anders ja, das gebe ich zu. Aber ein Mensch, der beschlossen hat, besser zu werden als der, der er einst war, kann dies nur erreichen, wenn er die Kraft und den Willen an das Gute im Menschen auch aufbringt.«
Burton warf ihm ein entschiedenes »Nein!« an den Kopf und marschierte von dannen. Collop schüttelte zwar traurig den Kopf, blieb aber zuvorkommend und artig wie immer. Daß er Burton gelegentlich als einen „Fünf-Minuten-Konvertierten“ bezeichnete, zeugte sogar von einem gewissen Humor. Allerdings spielte er mit den fünf Minuten nicht auf die Zeit an, die er Burton agitiert hatte, sondern auf jene, die der Täufling benötigt hatte, um sich von seinem neuen Glauben wieder abzusetzen.
Der zweite Mann, der zur Kirche der Zweiten Chance überwechselte, war Göring, obwohl er zuerst nichts als Hohn und Spott für Collop übriggehabt hatte. Schließlich waren nach zu häufigem Traumgummikonsum die Alpträume wiedergekehrt.
Zwei Nächte lang hielt Göring Burton und Collop mit seinem Geheule, Gestöhne und Herumgewälze wach. Am Abend des dritten Tages fragte er Collop schließlich, ob es möglich sei, daß er ein Mitglied seiner Kirche werden könnte. Eine Beichte blieb ihm allerdings nicht erspart, da Collop darauf bestand, von ihm zu erfahren, wer und was er auf der Erde gewesen war.
Der junge Engländer hörte sich Görings mit Selbstmitleid und heftigen Selbstbeschuldigungen vermischte Worte an und sagte dann: »Freund, mich interessiert nicht, wer du früher gewesen bist. Ich will nur wissen, was du jetzt bist und was du werden willst. Nur weil eine Beichte gut für die Seele ist, habe ich dich aufgefordert, mir dein Leben zu erzählen. Ich sehe jetzt, daß du dich dessen, was du tatest, schämst; gleichzeitig sehe ich aber auch, daß du gelegentlich mit Genuß daran
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