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Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01

Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01

Titel: Farmer, Philip Jose - Flusswelt 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Flusswelt der Zeit
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es ihm in dieser Beziehung gleich; sie glaubten immer noch nicht, daß ihr heißgeliebter Jesus sie betrogen hatte. Eher schon sahen sie den Fluß als Jordan an, und das Tal als jene grüne Aue, die man erreichte, wenn man die Schattenlandschaft des Todes hinter sich gebracht hatte. Zwar gab Collop zu, daß das hiesige Leben anders war, als er es sich hatte träumen lassen, aber er mochte nichts Negatives daran entdecken. Ganz im Gegenteil: Gottes Land hatte seine Erwartungen noch übertroffen. Er zweifelte nicht daran, daß die Flußlandschaft Gottes innige Liebe zu seinen Geschöpfen zum Ausdruck brachte. Er hatte allen Menschen, ob gut oder böse, eine zweite Chance gegeben. Und wenn diese Welt nicht das Neue Jerusalem darstellte, dann war sie doch zumindest der Baugrund, auf dem man es errichten konnte. Die Ziegelsteine, die Gottes Liebe symbolisierten, mußten mit Mörtel zu einer Einheit verbunden werden.
    Obwohl Burton nichts als Amüsiertheit bei dieser Art von Erklärungen empfand, konnte er nicht dagegen an, daß er den kleinen Collop gern mochte.
    Collop war ehrlich; das Feuer der Begeisterung, das in ihm brannte, war nicht durch irgendwelche theologischen Bücherweisheiten angefacht worden.
    Was er sagte, kam tief aus seinem Innersten. Er schürte die Flamme, die in ihm aufloderte, mit der Kraft der Liebe. Und Liebe empfand er noch für den verwerflichsten Charakter.
    Collop erzählte Burton schließlich auch einiges über sein vorheriges Leben auf der Erde. Er war Arzt gewesen, hatte ein Landgut besessen, galt als liberaler Mensch. Sein unerschütterlicher Glaube an die Kirche hatte ihn jedoch keinesfalls selbstgefällig werden lassen. Im Gegenteil: die Fragen, die den Glauben und die großen gesellschaftlichen Probleme seiner Zeit betrafen, waren ihm nie ausgegangen. Ein Traktat über religiöse Toleranz, von ihm verfaßt und herausgegeben, hatte ihm sowohl Hochachtung als auch wütende Ablehnung eingetragen. Auch eine Reihe Gedichte hatte er veröffentlicht, die ihn zu kurzem Ruhm geführt hatten, später jedoch der Vergessenheit anheimgefallen waren.
    Herr, mach all die Ungläubigen seh’n
    laß all die Wunder neu Entsteh’n
    die Aussätzigen und die Blinden heile,
    und laß die Toten wieder geh’n.
    »Meine Verse mögen vergessen sein«, sagte Collop zu Burton, »aber die Wahrheit, die sie enthalten, trifft immer noch zu.« Er deutete mit erhobener Hand auf die Hügel, den Fluß, die Berge und die Menschen. »Wenn du deine Augen öffnest und dich von deinen festgefaßten Vorsätzen loslöst, wirst du erkennen, daß all dies nicht das Werk von Menschen wie uns sein kann.« Er machte eine kurze Pause, dann fügte er hinzu: »Für mich steht fest, daß diese Ethiker nichts anderes als die Werkzeuge sind, derer sich der Schöpfer bedient.«
    »Das andere Gedicht, das du geschrieben hast, sagt mir mehr zu«, sagte Burton.
    Wohlauf, meine Seele, steig’ Himmelan!
    Der Erd’ gehörst du nicht.
    Den Funken gab der Himmel dir;
    nun, Feuer, kehr’ zu ihm zurück!
    Collop fühlte sich geehrt. Er wußte allerdings nicht, daß Burton den Sinn seines Verses ganz anders interpretierte als ihr Schöpfer.
    »Nun, Feuer, kehr’ zu ihm zurück!«
    Für Burton bedeutete es nichts anderes, als in den dunklen Turm einzudringen, die Geheimnisse der Ethiker zu entschleiern und sie mit den eigenen Waffen zu schlagen. Er sah nicht ein, daß er sich ihnen gegenüber – nur weil sie ihm ein zweites Leben ermöglicht hatten – bescheiden verhalten sollte. Im Gegenteil: Es machte ihn wütend, daß ihn niemand um seine Meinung gefragt hatte. Wenn die Ethiker einen Dank erwarteten, warum erzählten sie dann nicht, aus welchem Grund sie ihm diese erneute Chance gegeben hatten?
    Welchen Grund hatten sie, ihre Motive geheimzuhalten? Er würde es herausfinden. Der Funke, den sie in ihm entzündet hatten, würde zu einer gewaltigen Flamme werden, an der sie sich schließlich verbrannten.
    Burton verfluchte den Zufall, der ihn so nahe an die Quelle des Flusses herangebracht hatte, nur um ihm zu zeigen, wie kurz die Strecke zu jenem Großen Gral noch war, nur um ihn anschließend sofort wieder in eine Gegend zu transportieren, die Millionen von Kilometern von seinem Ziel entfernt lag. Aber er war einmal dort gewesen und würde es auch ein zweites Mal schaffen. Ein Boot würde ihm auf dieser Reise allerdings wenig nützen.
    Möglicherweise kostete sie ihn vierzig Jahre seines Lebens – wenn nicht sogar mehr. Ebenso konnte er

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