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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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alles
verloren hatte. Es war so leicht gegangen. Francis erinnerte sich, wie oft er
im vergangenen Jahr an die fünfunddreißigtausend gedacht hatte und was man
damit alles hätte machen können. Ihm wurde klar, was für ein unverschämtes
Glück er jetzt dreimal hintereinander gehabt hatte. Ein kluger Mann hätte
aufgehört. Francis nahm dreißigtausend und setzte sie ein weiteres Mal auf
Schwarz.
    Der Herr neben ihm im Tweedjackett sah ihn neugierig
an. Dann setzte er ebenfalls auf Schwarz, allerdings sechzigtausend. „Ich
hoffe, du tust das Richtige“, sagte er. „Schwarz kam jetzt mehrmals
hintereinander.“
    „Ich weiß, dass es noch einmal kommt.“
    Beide nickten sich kurz zu. Sekunden später landete
die Kugel auf der Elf, Schwarz.
    Manche jubelten, Francis sah aber auch, wie ihm zwei
Herren am anderen Ende des Tischs feindselige Blicke zuwarfen. Sie hatten
beide auf Rot gesetzt und gaben insgeheim sicher ihm und seiner Glückssträhne
die Schuld. Er nahm seinen Gewinn, sechzigtausend, und legte ihn zu dem
Reserve-Chip mit den fünftausend.
    „Da will einer hoch hinaus“, sagte wieder der elegante
Herr neben ihm. Lässig nahm er die Chips im Wert von hundertzwanzigtausend an
sich, gab dem Croupier tausend, dann machte er Anstalten zu gehen.
    „Sehen Sie diese dunklen Scheiben da oben?“ Francis
deutete zum ersten Stock. „Da sitzen die High Roller, da kann man erst ab
hunderttausend spielen. Nur da oben hat man die Chance, richtig groß zu
gewinnen.“
    „Und da willst du hin? Wieso?“
    „Ich brauche Geld. Viel Geld.“
    Der Mann sah ihn prüfend an, dann lächelte er. „Na,
dann wünsche ich dir alles Gute, Junge!“
    Die Kugel war schon im Kessel. Francis musste jetzt
schnell setzen, sonst wäre er gezwungen, diese Runde auszulassen. Aus Versehen
setzte er nicht nur die sechzigtausend, sondern auch den Chip mit den
fünftausend, den er eigentlich für den Notfall hatte aufheben wollen. Er wollte
es noch ändern, sich den Reserve-Chip zurückholen, doch der Croupier ließ es
nicht zu.
    „Rien ne va
plus!“
    „Aber ich muss den Chip ...“
    „Nichts geht mehr, junger Mann.“
    Francis wäre am liebsten aufgesprungen und hätte
nach dem Chip gegriffen, doch dann hätte man ihn rausgeworfen. Aufs Äußerste
gespannt, beobachtete er die Kugel. Falls Schwarz kam, hätte er den
Reserve-Chip wenigstens mit verdoppelt.
    Aber dann wurde er plötzlich nervös, irgendetwas
stimmte nicht. Er begann zu ahnen, dass er einen schrecklichen Fehler gemacht
hatte, er hatte unter Druck zu schnell gesetzt. Was, wenn Schwarz nicht mehr
drankam?
    Es schien ewig zu dauern, die Kugel wurde langsamer
und langsamer, aber sie klebte noch immer an der Kesselwand. Francis war wie
paralysiert. Sein sicheres Gefühl hatte ihn verlassen, schlimmer noch, er
fühlte sich wieder genauso schlecht und fahrig wie bei seinem ersten Besuch in
Vegas. Er hielt es nun kaum mehr am Tisch aus, wippte mit den Füßen und biss
sich immer wieder auf die Unterlippe. Dann fiel die kleine Kugel endlich
herunter, und ohnmächtig musste er zusehen, wie all seine Träume zerplatzten,
als sie im goldenen Fach mit der Nummer sechsunddreißig landete. Rot. Er hatte
alles verloren. Fünfundsechzigtausend und sein Leben.
     
    5
     
    Francis konnte noch gar nicht begreifen, was
geschehen war, er hatte in der Eile falsch gesetzt, er hatte diesen einen
dummen, entscheidenden Fehler gemacht. Er merkte, wie seine Augen feucht
wurden, wie ihm die Luft wegblieb, er nahm das hämische Grinsen der beiden
Herren am Ende des Tischs wahr, aber auch die mitfühlenden Blicke der anderen
Spieler. Vor allem aber spürte er die Leute hinter sich, die seinen Platz
einnehmen wollten. Er hatte nichts mehr zu verlieren, also war er in Vegas auch
nichts mehr wert.
    Gerade wollte er den Tisch verlassen, als jemand
einen Chip vor seine Nase warf. Einen blauen im Wert von fünftausend Dollar.
    Francis drehte sich um und sah den Mann von vorhin.
Seine linke Hand steckte in der Tasche des Tweedjacketts, in der rechten hielt
er seine Gewinne.
    „Ohne dich hätte ich vorhin auf Rot gesetzt, ist nur
fair“, sagte er. „Außerdem habe ich dich beim Setzen abgelenkt, nicht wahr?“
    Francis wollte sich bedanken, doch der Mann winkte
ab. „Viel Glück“, sagte er nur, dann deutete er mit dem Kinn nach oben, zu den
verdunkelten Fenstern, und ging.
    Francis drehte sich um. Er sah auf den Chip mit den
fünftausend und setzte ihn sofort auf Rot. Es kam Rot. Er spürte eine

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