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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Ludwig
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Malaria, von denen wiederum etwa eine Million sterben.
    Und auch auf den nächsten Plätzen im Ranking der gefährlichen Tiere folgen nicht etwa Tiger, Löwe, Nilkrokodil und Co., sondern noch reichlich weitere krankheitsübertragende Insekten wie etwa der Tigermoskito oder die Tsetse-Fliege oder andere Wirbellose, wie der hierzulande weithin unbekannte Pärchenegel, bei dem es sich um den Erreger der gefürchteten Tropenkrankheit Bilharziose handelt, der jedes Jahr auch heute noch immerhin rund 280 000 Personen zum Opfer fallen.
    Die ersten Wirbeltiere tauchen erst im gesicherten Mittelfeld der gefährlichen Tiere auf, nämlich die diversen tropischen Giftschlangenarten, die insgesamt jährlich rund 40 000 Tote auf dem Gewissen haben. Für den Titel des gefährlichsten Wirbeltiers bzw. der gefährlichsten Schlange der Welt kommt ganz klar nur eine einzige Schlangenart infrage: Die Sandrasselotter, eine extrem aggressive und hochgiftige Schlange, die sich zudem auch noch gerne in der Nähe von menschlichen Behausungen aufhält. Sie tötet mehr Menschen als jede andere Schlange. Allein in Indien fallen der etwa 70 cm langen Giftschlange jährlich etwa 8000 Menschen zum Opfer.
    Da fällt die Ausbeute der klassischen Man-eater dagegen doch eher bescheiden aus: An der Spitze des Menschenfresser-Rankings finden wir das Nilkrokodil mit geschätzten 300 bis 400 menschlichen Opfern jährlich, gefolgt von Tiger, Löwe und Leopard, die jeweils jährlich zwischen 50 und 200 Todesfälle zu verantworten haben. In den USA zum Beispiel sind nicht etwa Grizzly, Wolf oder Puma die Topkiller unter den Säugern, sondern eigentlich als äußerst friedliebend bekannte Tiere, nämlich Hirsche. Laut Statistik des US - Verkehrsministeriums sterben jedes Jahr rund 100 Menschen durch Autounfälle, die durch Zusammenstöße mit den Geweihträgern verursacht wurden.
    Und was ist mit dem gefürchteten Weißen Hai, der wie kein anderes Tier geradezu zum Synonym für einen Menschenfresser geworden ist? Auch hier ist ein Blick in die Statistik eher ernüchternd. Gerade mal ein einziger Mensch fällt jährlich dem »Weißen Tod« zum Opfer. Zum Vergleich: An Wespenstichen sterben jährlich weltweit über 1000 Menschen. Und dennoch faszinieren uns die Menschenfresser auf eine Art und Weise, wie das kaum einer anderen Tierart gelingt. Mit einem sechs Meter großen Weißen Hai und seinen daumengroßen, rasiermesserscharfen Zähnen kann eine winzige Anophelesmücke eben nur bedingt mithalten.
    Da stellt sich natürlich die Frage, ob es in Zeiten von Artensterben auf der einen Seite und einem sich in vielen Ländern nur sehr zögerlich entwickelnden Naturschutzgedanken auf der anderen Seite überhaupt noch mit der allgegenwärtigen political correctness vereinbar ist, von Menschenfressern zu sprechen? Werden mit diesem Begriff nicht einfach nur Ängste geschürt, die all denen Vorschub leisten, die gerne sämtliche Tierarten, die dem Menschen auch nur irgendwie schaden könnten, erbarmungslos ausrotten wollen? Ist ein Begriff wie Menschenfresser heute eigentlich noch zeitgemäß, oder ist er ein Rückfall in die Zeiten der Großwildjäger, die oft unter dem Deckmäntelchen des Menschenschutzes die großen Beutegreifer der Welt rücksichtslos abgeknallt haben, nur um sich als Zeichen ihrer vermeintlichen Tapferkeit in ihrer Villa in Berlin, London oder Beverly Hills einen Löwenkopf oder einen Krokodilschädel dekorativ über den Kamin hängen zu können?
    Der Schriftsteller David Quammen hat in seinem Buch Das Lächeln des Tigers auf diese Frage eine bemerkenswerte Antwort gefunden: »Trotz dieser Einwände möchte ich nicht, dass der Begriff ›Menschenfresser‹ aus unseren Wörterbüchern gestrichen wird. Denn wie emotional aufgeladen das Wort auch sein mag, es erfüllt in unserer Sprache einen bestimmten Zweck. Es gibt einfach keinen anderen Terminus, der denselben Sachverhalt mit der gleichen atavistischen Bündigkeit bezeichnet. Er verdient es schon deshalb bewahrt zu werden, weil er eine Urerfahrung vergegenwärtigt – die Erfahrung nämlich, dass Angehörige der Spezies Mensch hin und wieder zu bloßem ›Fleisch‹ werden, an dem sich andere Geschöpfe weiden. Das Wort ›Menschenfresser‹ erinnert uns daran, wo wir über Zehntausende von Jahren hinweg in der Nahrungskette von Macht und Ruhm gestanden haben. Nämlich keineswegs immer und unangefochten an der Spitze.«
    Das Collins English Dictionary bietet sogar gleich vier unterschiedliche

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