Faust: Der Tragödie erster Teil
davon!
Du mußt sterben!
Sie ist von Ton,
Es gibt Scherben.
MEPHISTOPHELES:
Was soll das Sieb?
DER KATER (holt es herunter):
Wärst du ein Dieb,
Wollt ich dich gleich erkennen.
(Er lauft zur Kätzin und läßt sie durchsehen.)
Sieh durch das Sieb!
Erkennst du den Dieb,
Und darfst ihn nicht nennen?
MEPHISTOPHELES (sich dem Feuer nähernd):
Und dieser Topf?
KATER UND KäTZIN:
Der alberne Tropf!
Er kennt nicht den Topf,
Er kennt nicht den Kessel!
MEPHISTOPHELES:
Unhöfliches Tier!
DER KATER:
Den Wedel nimm hier,
Und setz dich in Sessel!
(Er nötigt den Mephistopheles zu sitzen.)
FAUST (welcher diese Zeit über vor einem Spiegel gestanden, sich ihm bald
genähert, bald sich von ihm entfernt hat):
Was seh ich? Welch ein himmlisch Bild
Zeigt sich in diesem Zauberspiegel!
O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Flügel,
Und führe mich in ihr Gefild!
Ach wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe,
Wenn ich es wage, nah zu gehn,
Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn!-
Das schönste Bild von einem Weibe!
Ist's möglich, ist das Weib so schön?
Muß ich an diesem hingestreckten Leibe
Den Inbegriff von allen Himmeln sehn?
So etwas findet sich auf Erden?
MEPHISTOPHELES:
Natürlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
Und selbst am Ende Bravo sagt,
Da muß es was Gescheites werden.
Für diesmal sieh dich immer satt;
Ich weiß dir so ein Schätzchen auszuspüren,
Und selig, wer das gute Schicksal hat,
Als Bräutigam sie heim zu führen!
(Faust sieht immerfort in den Spiegel. Mephistopheles, sich in dem Sessel
dehnend und mit dem Wedel spielend, fährt fort zu sprechen.)
Hier sitz ich wie der König auf dem Throne,
Den Zepter halt ich hier, es fehlt nur noch die Krone.
DIE TIERE (welche bisher allerlei wunderliche Bewegungen durcheinander
gemacht haben, bringen dem Mephistopheles eine Krone mit großem Geschrei):
O sei doch so gut,
Mit Schweiß und mit Blut
Die Krone zu leimen!
(Sie gehn ungeschickt mit der Krone um und zerbrechen sie in zwei Stücke,
mit welchen sie herumspringen.)
Nun ist es geschehn!
Wir reden und sehn,
Wir hören und reimen-
FAUST (gegen den Spiegel):
Weh mir! ich werde schier verrückt.
MEPHISTOPHELES (auf die Tiere deutend):
Nun fängt mir an fast selbst der Kopf zu schwanken.
DIE TIERE:
Und wenn es uns glückt,
Und wenn es sich schickt,
So sind es Gedanken!
FAUST (wie oben):
Mein Busen fängt mir an zu brennen!
Entfernen wir uns nur geschwind!
MEPHISTOPHELES (in obiger Stellung):
Nun, wenigstens muß man bekennen,
Daß es aufrichtige Poeten sind.
(Der Kessel, welchen die Katzin bisher außer acht gelassen, fängt an
überzulaufen, es entsteht eine große Flamme, welche zum Schornstein hinaus
schlägt. Die Hexe kommt durch die Flamme mit entsetzlichem Geschrei
herunter gefahren.)
DIE HEXE:
Au! Au! Au! Au!
Verdammtes Tier! verfluchte Sau!
Versäumst den Kessel, versengst die Frau!
Verfluchtes Tier!
(Faust und Mephistopheles erblickend.)
Was ist das hier?
Wer seid ihr hier?
Was wollt ihr da?
Wer schlich sich ein?
Die Feuerpein
Euch ins Gebein!
(Sie fahrt mit dem Schaumlöffel in den Kessel und spritzt Flammen nach
Faust, Mephistopheles und den Tieren. Die Tiere winseln.)
MEPHISTOPHELES (welcher den Wedel, den er in der Hand hält, umkehrt und
unter die Gläser und Töpfe schlägt):
Entzwei! entzwei!
Da liegt der Brei!
Da liegt das Glas!
Es ist nur Spaß,
Der Takt, du Aas,
Zu deiner Melodei.
(Indem die Hexe voll Grimm und Entsetzen zurücktritt.)
Erkennst du mich? Gerippe! Scheusal du!
Erkennst du deinen Herrn und Meister?
Was hält mich ab, so schlag ich zu,
Zerschmettre dich und deine Katzengeister!
Hast du vorm roten Wams nicht mehr Respekt?
Kannst du die Hahnenfeder nicht erkennen?
Hab ich dies Angesicht versteckt?
Soll ich mich etwa selber nennen?
DIE HEXE:
O Herr, verzeiht den rohen Gruß!
Seh ich doch keinen Pferdefuß.
Wo sind denn Eure beiden Raben?
MEPHISTOPHELES:
Für diesmal kommst du so davon;
Denn freilich ist es eine Weile schon,
Daß wir uns nicht gesehen haben.
Auch die Kultur, die alle Welt
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