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Der Maler und die Lady (German Edition)

Der Maler und die Lady (German Edition)

Titel: Der Maler und die Lady (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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1. KAPITEL
    D as Haus sah eher aus wie ein Schloss. Es war aus grauen behauenen Steinen erbaut, die das Mauerwerk abwechslungsreich und schattiert wirken ließen. Türme und Türmchen der unterschiedlichsten Größe reckten sich vom zinnengeschmückten Dach gen Himmel. Eine Mittelstrebe teilte die hohen, bleiverglasten und sehr schmalen Fenster.
    Kühn, ja geradezu selbstgefällig, thronte das exzentrische Bauwerk über dem Hudson, und niemals wäre es Anatole in den Sinn gekommen, es nur als ganz gewöhnliches Haus zu bezeichnen. Wenn es stimmte, was man sich allenthalben darüber erzählte, dann passte es perfekt zu seinem Besitzer.
    Hier fehlen nur noch ein Drache und ein Burggraben, ging es Anatole durch den Kopf, als er durch den weitläufigen Vorhof schritt.
    Zwei grinsende wasserspeiende Ungeheuer flankierten zu beiden Seiten den breiten Treppenaufgang. Mit der typischen Gelassenheit eines praktisch veranlagten Menschen ging Anatole an ihnen vorbei. Er hatte durchaus nichts gegen Wasserspeier und Türmchen, wo sie hinpassten, aber doch nicht im ländlichen New York, nur einige Autostunden von Manhattan entfernt!
    Anatole beschloss, sich eines endgültigen Urteils zu enthalten, hob den schweren Messingklopfer und ließ ihn gegen die massive Tür aus Hondurasmahagoni fallen. Nach dem dritten Klopfen öffnete sie sich knarrend. Mit nur mühsam gezügelter Geduld blickte er auf eine kleine Frau mit übergroßen grauen Augen, einem rußverschmierten Gesicht und zwei schwarzen Zöpfen. Sie trug ein zerknittertes Sweatshirt und Jeans, die schon bessere Tage gesehen hatten. Träge rieb sie sich mit dem Handrücken die Nase und starrte den Fremden erstaunt an.
    „Hallo.“
    Anatole unterdrückte einen Stoßseufzer und sah vier reichlich öde Wochen auf sich zukommen, falls der ganze Haushalt von ähnlich schwachsinnigen Dienstboten geführt wurde. „Ich bin Anatole Haines. Mr. Fairchild erwartet mich,“ stellte er sich vor.
    Die Frau kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, sodassAnatole sich nicht sicher war, ob Neugier oder Misstrauen in ihrem Blick lagen. „Sie werden erwartet?“, fragte sie in breitestem Neuenglanddialekt, starrte ihn noch einen Moment an, zog dann die Brauen hoch und trat mit einem Schulterzucken beiseite, um Anatole eintreten zu lassen.
    Die Halle war weitläufig und dehnte sich schier endlos aus. Im diffusen Licht schimmerte die Holzvertäfelung in einem düsteren tiefen Braun. Durch das hohe Eckfenster fielen ein paar Sonnenstrahlen direkt auf die zierliche Gestalt der Frau, aber Anatole bemerkte es kaum. Gemälde, wohin er schaute. Vergessen waren die ermüdende Reise und seine Verärgerung. Vergessen war überhaupt alles. Anatole sah nur noch die Bilder.
    Van Gogh, Renoir, Monet. Die Sammlung hätte einem Museum zur Ehre gereicht. Anatole fühlte sich wie von magischer Kraft angezogen. Das Farbenspiel, die Schattierungen, die Pinselführung, die ganze erhabene Schönheit, der er sich so unvermutet gegenübersah, fesselten ihn. In gewisser Weise hatte Fairchild wahrscheinlich richtig gehandelt, diese Schätze in einem festungsähnlichen Palast aufzubewahren. Als Anatole sich umdrehte, stand das Hausmädchen noch immer mit lose gefalteten Händen neben ihm und schaute ihm mit grauen Augen unverwandt ins Gesicht. Erneut fand Anatole seine Geduld auf eine harte Probe gestellt.
    „Nun gehen Sie schon! Richten Sie Mr. Fairchild aus, ich sei angekommen.“
    „Und wer sind Sie?“ Es rührte sie offenbar nicht im mindesten, dass der Besucher ungeduldig zu werden begann.
    „Anatole Haines“, wiederholte er. An den Umgang mit Dienstboten gewöhnt, erwartete er, dass man seinen Wünschen unverzüglich nachkam.
    „Ah ja, das haben Sie gesagt.“
    Flüchtig fragte sich Anatole, wie es möglich sein konnte, dass der Blick des Mädchens zugleich verhangen und doch ungetrübt war. Einen Moment dachte er darüber nach, dass diese Augen innere Reife und Intelligenz verrieten, die weder zu den Zöpfen noch dem verschmierten Gesicht passen wollten. „Meine Liebe …“ sagte er langsam und betont. „Mr. Fairchild erwartet mich. Teilen Sie ihm mit, ich sei da. Schaffen Sie das?“ Plötzlich strahlte sie ihn an. „Ah ja.“
    Das Lächeln machte ihn sprachlos. Zum ersten Mal bemerkte er, dass sie einen unvergleichlichen Mund mit wunderschön geschwungenen, vollen Lippen hatte. Und unter dem rußverschmierten Äußeren lag etwas verborgen, das er nicht hätte erklären können. Unbewusst hob er

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