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Feanors Fluch

Feanors Fluch

Titel: Feanors Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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verbannten Elben. Und von vielem, das in jenen Tagen geschah, trugen die Adler Nachricht an Manwes Ohr. Und jetzt, als Fingon eben den Bogen spannte, ließ sich aus den hohen Lüften Thorondor nieder, der König der Adler und der gewaltigste von allen Vögeln, die je gewesen, dessen ausgespannte Schwingen dreißig Faden maßen; und, Fingons Hand Einhalt gebietend, trug er ihn empor bis zu der Spitze des Felsens, wo Maedhros hing. Doch die Höllenfessel an seinem Handgelenk konnte Fingon weder biegen noch brechen oder vom Steine losreißen. Abermals bat ihn Maedhros in seiner Qual, ihn zu töten; Fingon aber schnitt ihm die Hand über dem Gelenk ab, und Thorondor trug sie beide zurück nach Mithrim.
    Dort wurde Maedhros beizeiten geheilt; denn das Feuer des Lebens brannte heiß in ihm, und seine Kraft war die Kraft der alten Welt, wie sie jene besaßen, die in Valinor aufgewachsen waren. Sein Leib genas von der Qual und wurde gesund, doch der Schatten des Schmerzes blieb in seinem Herzen; und er regte das Schwert fortan mit der Linken tödlicher als zuvor mit der Rechten. Fingon gewann durch seine Tat einen großen Namen, und alle Noldor rühmten ihn; und der Haß zwischen den Häusern Fingolfins und Feanors wurde gemildert. Denn Maedhros bat um Verzeihung für ihre Flucht aus Araman, und er ließ den Anspruch auf das Königtum über alle Noldor fallen, indem er zu Fingolfin sagte:
    »Wenn kein Streit zwischen uns ist, Herr, so ist die Königswürde rechtens dein, denn der Älteste hier bist du aus Finwes Haus und nicht der Geringste an Weisheit.« Doch in dem waren nicht alle seine Brüder von Herzen einig.
    Wie Mandos geweissagt, waren daher Feanors Söhne Enteignete, weil die Oberhoheit von ihnen, der älteren Linie, an das Haus Fingolfin überging, sowohl in Elende wie in Beleriand, und weil sie die Silmaril verloren hatten. Doch die Noldor, wieder geeint, stellten eine Wache an die Grenzen von Dor Daedeloth, und Angband wurde von Westen, Süden und Osten belagert; und weit und breit schickten sie Boten aus, um die Länder von Beleriand zu erkunden und mit den Völkern zu verhandeln, die dort lebten.
    Nun begrüßte König Thingol nicht aus vollem Herzen die Ankunft so vieler mächtiger Prinzen aus dem Westen, die es nach neuen Reichen verlangte; und er öffnete sein Königreich nicht, noch hob er den Banngürtel auf, denn wohlberaten von Melian, vertraute er nicht darauf, daß Morgoth auf Dauer zurückgeworfen sei. Von den Prinzen der Noldor durften allein die aus Finarfins Haus die Grenzen von Doriath überschreiten; sie nämlich konnten Blutsverwandtschaft mit König Thingol selbst geltend machen, denn Earwen von Alqualonde, Olwes Tochter, war ihre Mutter.
    Angrod, Finarfins Sohn, war der Erste der Verbannten, der nach Menegroth kam, als Bote seines Bruders Finrod, und lange sprach er mit dem König, berichtete ihm von den Taten der Noldor im Norden, von ihrer Anzahl und der Ordnung ihrer Streitmacht; da er aber ehrlich und klugen Sinnes war und alle Klagen nun verziehen glaubte, sprach er nicht von dem Sippenmord, noch von den Gründen für die Auswanderung der Noldor und dem Eid Feanors. König Thingol hörte Angrods Worten zu, und ehe er ging, sagte er zu ihm: »Dies sollst du jenen, die dich gesandt, von mir ausrichten. In Hithlum steht es den Noldor frei zu wohnen, in den Hochlanden von Dorthonion und in den Landen östlich von Doriath, die leer und wild sind; andernorts aber wohnen viele von meinem Volk, und ich wünsche nicht, daß sie in ihrer Freiheit beschränkt, geschweige denn, daß sie aus ihrer Heimat vertrieben werden. Gebt daher acht, ihr Prinzen aus dem Westen, wie ihr euch hier betragt; denn der Herr von Beleriand bin ich, und alle, die dort leben mögen, sollen auf mein Wort hören. Nach Doriath darf niemand herein, um hier zu wohnen, sondern nur jene, die ich als Gäste begrüße oder die mich in großer Not aufsuchen.«
    Nun hielten die Fürsten der Noldor in Mithrim Rat, und dorthin ging Angrod mit König Thingols Botschaft. Kalt schien dieser Gruß den Noldor, und Feanors Söhne verdrossen seine Worte; Maedhros aber lachte und sagte: »König ist, wer seinen Besitz zu wahren weiß, sonst ist sein Titel leer. Thingol gewährt uns nur Lande, wohin seine Macht nicht reicht. Doriath allein wäre sein Reich bis zu diesem Tage, wären die Noldor nicht gekommen. In Doriath mag er daher herrschen und froh sein, daß er Finwes Söhne zu Nachbarn hat und nicht die Orks, die wir hier vorgefunden.

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