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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Modranels Angriff vergangen wäre,
war es Helions Essenz gewesen, die sie gerettet hatte. In diesem Augenblick
höchster Verletzlichkeit hatte sie nicht nur seine Lebenskraft geraubt, sondern
auch seinem Wesen Einlass in ihr Innerstes gewährt, das verstand sie jetzt. Und
umgekehrt hatte sie in der gestrigen Nacht den letzten Rest dessen gegriffen,
was ihn ausmachte, bevor er ins Verlöschen hatte fallen können.
    Er hatte nicht auf sein Leben geachtet. War das Tapferkeit? Lisanne
hatte die prächtigen Ritter immer verachtet, die sich für mutig hielten, wenn
sie mit fester Wehr auf einem kräftigen Streitross gegen Feinde in die Schlacht
ritten, die sich gerade einmal einen Lederpanzer und einen dünnen Spieß leisten
konnten. Sie begaben sich kaum in Gefahr und rühmten sich hinterher damit,
Dutzende Schwache erschlagen zu haben.
    Aber eine Biene vermochte Lisanne zu beeindrucken, wenn sie in die
Tatze des Bären stach, der ihren Stock bedrohte, dabei den eigenen Leib
zerriss, weil sich der Widerhaken nicht mehr aus dem Fleisch des übermächtigen
Feindes löste.
    Helion war wie eine solche Biene. Er war nicht dumm, er musste
gewusst haben, dass er nicht hatte siegen können. Nicht gegen jahrtausendealte
Schatten. Selbst wenn er Lisanne hätte töten können, hätte das nichts daran
geändert, dass die Zukunft den Schatten gehörte. Die Reiche der Menschen würden
untergehen, und auch die Fayé verwehten. Die Götter hatten ihre Macht verloren,
und die Finsternis legte sich über die Welt. Dies war der Pulsschlag, den die
Ewigkeit vorgab. Dafür war es unerheblich, wenn eine Osadra starb. Selbst dann,
wenn sie eine Schattenherzogin war.
    Dennoch hatte Helion gekämpft.
    Sie drehte den Rubin in den Fingern, den sie aus dem Knauf seines
Schwerts gebrochen hatte. Das hatte länger gedauert, als den kümmerlichen
Schutz zu überwinden, den die Priesterinnen der Mondmutter hineingebetet
hatten. Sie legte den Edelstein an ihre Stirn.
    »Ich bin Helion, Silberträger der Mondschwerter.
Dies ist der erste Bericht, den ich meinem Schwert anvertraue. Gestern wurde
ich im Tempel der Mondmutter erwählt, um …«
    Sie hatte bereits alles angehört. Das war der Vorteil von Gedanken,
wenn der Verstand beweglich genug war, konnte man sie viel schneller aufnehmen
als gesprochene oder geschriebene Worte. Sie wusste alles von Helions
Verlangen, von seinem Willen, gegen die Schatten zu kämpfen. Von seiner Hybris,
er könne Guardaja halten. Eine Hybris, die Wirklichkeit geworden war.
Wenigstens für eine Weile.
    Mehr faszinierte sie etwas, wovon in dem Rubin keine Rede war, das
sie in ihm selbst ertasten musste. Dieses Streben der schwachen Kreatur, in dem
einer Frau namens Ajina eine zentrale Rolle zukam. Sie beneidete dieses Objekt
seiner bedingungslosen Liebe. Doch da war noch mehr. Eine solche Regung war
selten bei einer Osadra, die so viele Nächte gesehen hatte wie Lisanne, aber
sie kam vor. Neid gedieh in den Schatten ebenso gut wie Hass, Wut oder Gier.
    Aber es war dieses andere Gefühl, das Lisannes Herz weit im Norden,
in Orgait, in der Kammer der Unterwerfung, in der der SCHATTENKÖNIG es gemeinsam mit den Herzen der anderen Osadroi verwahrte, zittern ließ. Ein
seltenes, für eine Unsterbliche unendlich wertvolles Gefühl.
    Sehnsucht.
    Lisanne, das schönste Wesen der Welt, weinte.

DRAMATIS PERSONAE
    Agara: Eine ilyjische Baroness und eine der schönsten jungen
Damen Akenes.
    Ajina: Eine Adepta im Tempel der Mondmutter. 20 Jahre alt,
blond, zierlich. Tochter Modranels.
    Anoga: Königin der Fayé.
    Avin: Ein Seelenbrecher, der die kürzlich eroberte Stadt
Corella dem Kult zuführen soll.
    Brünetta: Liólas Ghoul, benannt nach der Farbe ihres Haares.
    Clesso: Ein kürzlich zum Paladin erhobenes Mondschwert.
    Deria: Frau eines Köhlers, gute Jägerin.
    Dimmoar: Ein eskadischer Graf, Experte für Feldschlachten, der
sein Schwert in die Dienste Milirs gestellt hat.
    Elien Vitan: Der Schattenkönig, Herr über Ondrien. Nach seiner
Thronbesteigung wird die Zeit gezählt: Man schreibt das Jahr 147 nach Elien.
    Endorn: Ein Magier, der Geschäfte mit den Schattenherren
machte.
    Erriol: Ein niederrangiger Gardist in Diensten der Osadroi.
    Esmalla: Eine Oberin im Tempel der Mondmutter zu Akene.
    Estrog: Ein Riese von einem Mann, Kriegshäuptling eines
Trupps der barbarischen Bronier.
    Gadior: Ein jugendlich wirkender Schattenbaron, der Geschäfte
mit menschlichen Magiern macht.
    Gelaja: Ein Waisenmädchen im Flüchtlingslager nahe

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