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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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aus.
     
    »Ich habe heute ein Vorstellungsgespräch bei Taxi Warnke«, sagt Susanne und hantiert mit dem Spültuch, ohne etwas abzutrocknen.
    »Ach, Schatz«, antwortet Hartmut, »das musst du doch nicht machen.«
    Susanne krumpelt das Tuch fester zusammen. »898 Euro, das habe ich noch. Wie viel sind das bei dir?« Schweigen.
     
    Das Äffchen Ai Ai wackelt auf dem Fernsehbildschirm mit dem Köpfchen. Unser Kater Yannick läuft herbei und ahmt es nach. Seine Ohren sehen aus wie Rosinenschnecken vom Bäcker. Also die des Äffchens, nicht die von Yannick.
    »Hallo, Herr Monkey Ball, ich rede mit Ihnen!«, sagt Susanne.
    Ich sehe auf. »Bitte? Ach so, ja, 1082,73 Euro.«
    »Siehst du, Hartmut?! Dein Freund weiß es auf den Cent genau. Man weiß es im Leben immer nur dann auf den Cent genau, wenn es tatsächlich auf jeden Cent ankommt.«
    »Ich kann euch ernähren!«, sagt Hartmut.
    »Ja, bald vielleicht, wenn es läuft mit dem Buch. Wenn deine Lebensberatungskunden wiederkommen, nachdem wochenlang Funkstille war. Wenn du den Staat regelmäßig bezahlen kannst, ohne neue Schulden zu machen. Bis all diese >Wenns< eintreten, brauchen wir Jobs, wir alle vier.«
    »Ich weiß«, sagt Hartmut und senkt sein Köpfchen synchron zum Äffchen auf der Playstation, das die Schneckenohren hängen lässt.
    »Keine Zwietracht wegen Geld«, sagt Caterina, die im Bademantel aus der Dusche kommt. Auf ihrer flachen Hand sitzt unsere Schildkröte Irmtraut. Caterina krault sie am Hals. Irmtraut lächelt, zumindest sieht es so aus. Es mag daran liegen, dass Irmtraut kein Konto hat.
    »Heute gibt's sogar Gage für die Lesung«, sagt Hartmut.
    »Und Besucher«, sage ich, streichele Yannick, schalte die Playstation aus und ziehe ein zum Club »Kellerloch« passendes T-Shirt aus einem Karton, der zurzeit noch mein Kleiderschrank ist. Downset, »Anger«-Tournee 1994.
    »Ich wünsch dir Glück«, sagt Susanne.
    »Ich dir auch«, sagt Hartmut.
     

Im Kellerloch
    Das »Kellerloch« ist nicht metaphorisch benannt worden. Es ist ein Kellerloch. Wir betreten es durch eine quietschende Stahltür in einer von Graffiti und verwitterten Aufklebern übersäten Wand. Wüsste man nicht, dass hier ein Club residiert, würde man es für eine Ruine halten. Oder ein verlassenes Waffendepot.
    »Wir haben im Vorverkauf leider nur zwei Karten abgesetzt«, sagt der Veranstalter, als wir in dem Raum stehen, in dem die Lesung stattfinden wird. Zwei schweigsame junge Männer bauen die Bestuhlung auf. Der Veranstalter heißt Ulf. Er trägt einen schwarzen Bart und ein halbgeöffnetes Grunge-Hemd, aus dem Brusthaare hervorquellen. »Nur zwei Karten«, wiederholt er, »da müssen wir mal schauen, wie wir das mit der Gage machen.«
    Hartmut nickt, während er die zwei Stuhlträger beobachtet.
    »Was soll das denn heißen?«, frage ich, und Hartmut sieht mich an, als sei meine Frage merkwürdig und nicht etwa die Aussage, die der Veranstalter gerade eben getroffen hat.
    Ulf wippt drei-, viermal mit dem Kopf hin und her und offenbart eine Mundhöhle, die so ausladend groß ist, dass ein von Pixar animierter Kleinlaster die Zunge hinab bis zum Kehlkopf fahren könnte. »Jaaaaaa«, sagt er, »ich mache solche Veranstaltungen wirklich gerne, aber bei wenig Publikum muss man halt sehen, wie man sich entgegenkommt.«
    »Und das heißt dann keine Bezahlung, oder was?«
    Hartmut drückt meine Hand, wie es adelige Mütter tun, wenn ihre Töchter bei fremdem Hofe plötzlich laut »Scheiße« sagen. Um Ulfs Augen bilden sich Krähenfüße. Ich meckere weiter: »Wenn nur drei Leute kommen, kriegt Hartmut nur 15 statt 150 Euro, oder was?«
    Ulf sieht Hartmut an, als solle der ihm bitte erklären, was für ein ahnungsloser Mensch ich eigentlich bin.
    Hartmut sagt: »Diese Läden hier machen Gegenkultur. Da muss man flexibel sein.«
    »Bei McKinsey muss man flexibel sein!«, sage ich und passe mich im Tonfall langsam meinem »Anger«-T-Shirt an.
    »Downset«, sagt Ulf mit Blick auf mein Textil. »Das kann man aber eigentlich nicht mehr tragen seit dem Antisemitismus-Skandal um den Sänger damals.«
    »Wie bitte?«, sage ich.
    »Es werden schon genug Leute kommen«, sagt Hartmut.
    »So, wir sind fertig«, sagen die zwei Stuhlträger und stehen, die Hände schlapp am Hosenbund herabhängend, vor ihrem Chef.
    »Kriegen die auch kein Geld, wenn heute keiner kommt?«, frage ich.
    »Die beiden kosten mich ohnehin nix«, sagt Ulf, »das sind Sozialstündler, die leisten hier ihre Strafe ab. Wir

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