Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
Tages Marschall von Krondor werden, sofern Ihr Euch jemals dazu entschließen könnt, Gardans Wunsch nach Rückzug aus dem Dienst stattzugeben«, sagte James.
Der Prinz drehte sich um. Auf seinem Gesicht lag ein Grinsen – etwas, das James in den mehr als zehn Jahren, die er nun schon Arutha diente, nur wenige Male gesehen hatte. »Er hat mir gesagt, dass er das nächste Mal einfach den Palast verlässt und mit dem Schiff nach Crydee reist.
Ich soll dann ruhig Soldaten schicken, um ihn holen zu lassen.«
»Und was werdet Ihr tun?«
»Ich werde ihn noch ein bisschen länger hier behalten und dann Locklear zurückrufen. Ich werde ihm die Position übertragen.«
»Locklear soll Marschall von Krondor werden?«
»Du selbst hast immer gesagt, dass ich einen Verwalter benötigen würde, solange ich diese Armee eigentlich noch selbst führe. Locklear hat sicher das entsprechende Talent für diese Aufgabe.«
»In der Tat«, stimmte James zu. »Ich selbst habe ja mit Rechenschaftsberichten nie wirklich etwas anfangen können.«
»Ich werde ihn noch einen weiteren Winter bei Baron Moyet schmoren lassen, dann hole ich ihn zurück und schicke Gardan nach Hause.«
»Und dieses Mal wirklich?«
Arutha lachte. »Ja. Ich werde ihn nach Crydee zurückkehren lassen, wo er auf Martins Hafenmauer hocken und fischen kann, wenn er das wirklich will.«
James stand auf. »Ich musste vor heute Abend noch ein paar Dinge erledigen, Hoheit. Mit Eurer Erlaubnis …«
Arutha winkte James hinaus. »Bis heute Abend.«
»Hoheit«, sagte James noch einmal und verließ das Zimmer.
Arutha, Prinz von Krondor und zweitmächtigster Mann des Königreichs der Inseln, stand am Fenster. Er befand sich in nachdenklicher Stimmung. Als junger Mann hatte er zu Zeiten des Spaltkrieges bei der Belagerung von Crydee das Kommando gehabt. Jetzt war er in mittleren Jahren.
Wenn die Götter ihm wohlgesonnen waren, hatte er noch viele Jahre vor sich, doch das Wissen, dass das Schicksal seines Königreichs in den fähigen Händen jüngerer Männer und Frauen ruhte – Männer und Frauen wie James, Jazhara und William –, verschaffte ihm ein tief gehendes, beruhigendes Gefühl. Er gestattete sich den Luxus, diesen friedvollen Augenblick noch ein bisschen länger auszukosten, bevor er zu seinem Schreibtisch zurückkehrte und sich den Berichten widmete, die seine Aufmerksamkeit erforderten.
James eilte durch den Palast. Er musste unbedingt eine Botschaft an Jonathan Means und zwei weitere seiner Agenten schicken, um ihnen mitzuteilen, dass er wieder in Krondor war. Und dann musste er kurz hinaus auf die Straße, um einem seiner Informanten – demjenigen, der ein Auge auf alle Anzeichen von Aktivität haben sollte, die den Kriecher und seine Bande betrafen – einen kurzen Besuch abzustatten. Jetzt, wo die Geschichte mit der Träne der Götter erledigt war, war James fest entschlossen, seine Aufmerksamkeit auf diesen Möchtegern-Bandenboss zu lenken und ein für alle Mal herauszufinden, wer er war.
Und dann würde er die Stadt von der Gegenwart dieses Mannes befreien.
James ging im Geiste noch einmal die Dinge durch, die er erledigen musste. Wenn er sich beeilte, würde die Zeit gerade noch reichen, nach seiner Rückkehr ein Bad zu nehmen und die Kleider zu wechseln, ehe das abendliche Fest seinen Anfang nahm.
Er war müde, doch schlafen konnte er auch am nächsten Tag noch. In diesem Augenblick tat er genau das, was er am liebsten tat: dem Prinzen dienen. Und er war an jenem Ort, der ihm der liebste auf der ganzen Welt war: Krondor.
Epilog
Herausforderung
Die einsame Gestalt hinterließ eine Spur aus Wassertröpfchen, während sie den langen, dunklen Tunnel entlangtrottete. Die Luft stank nach Rauch und Leichen.
Sidi stellte fest, dass das kleine Feuer, das er an diesem Morgen entfacht hatte, immer noch brannte. Er nahm eine Fackel aus einer Wandhalterung, zündete sie an und setzte seinen Weg fort.
Schließlich kam er in den Raum, in dem das tote Gerippe lag; der Leichnam verwandelte sich schnell in Staub. »Idiot!«, schrie er das Wesen erneut an. Es konnte ihn nicht verstehen.
Er begab sich hinter den Thron und fand den geheimen Riegel. Er drückte darauf, und ein Teil der Wand bewegte sich zur Seite. Er betrat den Raum, von dem noch nicht einmal das Gerippe etwas gewusst hatte und den Sidi ausschließlich für sich selbst benutzte.
Als er eintrat, sagte eine Stimme: »Du hast verloren!«
»Nein, das habe ich nicht, du altes Weib!«,
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