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Feldblumen

Feldblumen

Titel: Feldblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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schwimmend - auf diesem Grunde gedreht, gewirbelt, gejagt der weiße Kranz der Galoppe, seinerseits wieder zerschnitten durch die stehenden Gestalten und Gruppen im nächsten Zimmer herwärts - durch die wieder manche ganz im Vordergrund wandelnde Gestalt bald eine schwarze, bald eine weiße Linie zog - und auf diesen Wust von Bildern und Farben, noch dazu wankend und wallend in einem betäubenden Lichterglanze, zeichnete sich ihre Gestalt, die einzig ruhige, wie in die wimmelnde, zitternde Luft eine liebliche, feste
fata morgana
.
    Leider kam nun Aston zu mir herein, der mich suchte, und fing zu reden an. Er glänzte von Wein und Freude, und unterhielt sich nach seinem Ausdrucke »köstlich.« Er sagte, wenn er reden dürfte, so könnte er mir Dinge sagen - Dinge - aber es werde sich Alles, Alles aufklären, und da irgend ein anderer Mensch, den er nicht nennen dürfe, schon einmal verrückt sei und das eigne Unglück wolle, so werde alle Welt sehen, daß sein Plan, Daniel Astons Plan, der beste war, und von Alpha bis Omega in Erfüllung gehe. Was Angela betreffe, müsse er bemerken, daß es eben kein Wunder sei, wenn ich mich in sie verliebe; das thaten schon sehr Viele; aber ein großes wäre es, wenn sie sich in mich verliebte - das that sie noch nie. Er traue mir zwar viel zu, was Weiberherzen gewinnen könne; aber sie sei auch nicht wie andere Weiber, sondern ihr Lehrer habe ihr allerlei Dinge beigebracht, die seltsam und ungewöhnlich seien - für eine gute Hausfrau tauge sie gar nicht, weil ihr alles und jedes Praktische fehle - jedoch sie wäre schon abzurichten, da sie in allen Narrheiten, wozu sie sich gelegentlich wende, mit der musterhaftesten Ordnung und mit größtem Erfolge vorgehe; nur seien leider das Dinge, die alle nichts nützen und gegen Herkommen und Brauch seien. »Unter uns gesagt: sie kann gar nicht einmal kochen. Aber verlieben Sie sich immerhin.« Er wollte mich durchaus hinausführen, aber ich lehnte es entschieden ab und war froh, als er endlich von dannen ging. Mittlerweile entführte der Tanz eine Freundin nach der andern von Angela, und sie stand zuletzt nur noch mit einem Manne im Gespräche, demselben jungen schönen Manne, der mit mir auf ihre Gesundheit angestoßen hatte. Auch Emma schwirrte einmal durch das Lampenzimmer in den Tanz, der unaufhörlich toller und toller hereintönte.
    Da trat der Violoncellist zu mir und fing an über Beethoven zu sprechen und über den guten Takt des schönen, fremden Fräuleins in Beurtheilung des größten aller Tondichter.
    Das schöne, fremde Fräulein hatte sich indeß auf einen Divan niedergesetzt und der schöne, fremde Herr stand vor ihr.
    Mein Nachbar zerlegte mitten im Klingen und Singen der Tanzmusik kunstgerecht die Pastoralsimphonie und zog mich doch zuletzt in's Interesse, weil er aus dem Tonstücke Erinnerungen zurückrief, die sich eben jetzt an mein gewitterschwüles Herz wie Engelsflügel legten, weil sie wie reine Lichtstrahlen abstanden von der rothen Pechfackel der Tanzmusik, die eben draußen in jubilirender Sinneslust geschwungen wurde. Ich sprach endlich hingerissen einige heiße Worte über die Simphonie, und als meine Empfindung in der Stimme erkennbar geworden sein mußte, drückte mir mein begeisterter Nachbar, wie ein Kind gerührt, beide Hände, und mir kam das Haarsilber auf seinem schönen Greisenhaupte doppelt ehrwürdig vor.
    Auch er schied endlich, und als ich aufblickte, war auch sie und ihr Gesellschafter fort, vielleicht gar zum Tanze; auch meine Genossen, die drei langweilenden Gesellen, waren verschwunden und das Zimmer stand ganz leer; nur aus dem Spiegel gegenüber starrte mein eigenes Angesicht.
    Da saß ich nun und wußte durchaus nicht, was in der nächsten Zeit zu thun sein werde.
    Endlich ging ich wieder in das Tanzzimmer, ob ihr denn nicht auch das Tanzen anders lasse, als den Andern. Man führte jetzt eben Figuren aus, was ich viel lieber sehe, als das leere Galoppjagen - aber sie war nicht bei den Figuren. Bei einer alten Frau saß sie und redete äußerst freundlich mit ihr.
    Ich weiß es nicht, was mich denn so zauberisch bindet. In ihren Augen - in der Art, sie zu heben oder zu senken, oder hinträumen zu lassen in dichterischer Ruhe - in dem Munde, wenn auf ihm das Licht des Lächelns aufgeht - selbst in der Hand, die eben jetzt wie ein weißes Apfelblüthenblatt auf ihrem schwarzseidnen Kleide lag - - in Allem, in Allem ist ein Stück meines eignen Herzens, was mir hier nur unsäglich

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