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Feldblumen

Feldblumen

Titel: Feldblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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abreisen, ehe dieß bewerkstelligt werden konnte. Seine Schülerin kennen Sie jetzt in unserer Angela; seiner Tante werden wir Sie später vorstellen; auf ihn und die Schwester aber müssen Sie bis zum Herbste warten. Ich bin der vollsten Ueberzeugung, daß ihr euch gegenseitig sehr gefallen werdet.«
    »O, ich auch der vollsten,« sprach Emma drein; »da wird ein Leben losgehen, närrische Leute die Hülle und Fülle: Sie, er, seine Schwester, Fräulein Natalie, Angela, ich, die zärtliche Schwester Lucie beginnt auch schon, der Vater obendrein, - die Plane sollen sich kreuzen und mehren und verwirren; wir müssen noch mehr solches Zeug herbeischaffen - Sie haben ja da einen neuen Freund angeworben - Disson glaub' ich, heißt er - den Sie so sehr lobten - der wird doch auch einen oder den andern Sinn verkehrt haben - diesen bringen Sie - und in den Pyrenäen reis't auch Einer, den Sie neulich lobposaunt haben: der muß auch herbei, und wenn der Vater so fortsammelt, dann erleben wir die lichte Freude: auf Erhabenheit verlegt, Ueberschwenglichkeit getrieben - und zuletzt Lieb' und Heirathen aller Orten und Wegen: Sie mich, Angela ihren Lehrer, - - nein, der ist für sie zu ruhig: ich den Lehrer, Sie die Angela, Lucie den Lothar, Natalie den spanischen Reisenden - - nun, ich denke: dann sind Alle unter Dach gebracht.«
    Lucie, die seit dem Tode der Mutter eine Art sanfter Vormundschaft über den jungen Wildfang übte, verwies ihr lächelnd ihre unartige Uebermüthigkeit. In den lebhaften jugendlichen Augen glänzte so eben ein neuer Uebermuth; aber in dem Augenblicke stob eine ganze Spreu von weißen Mädchen herbei, gefolgt von jungen Männern, die alle über den Schlußtanz unterhandelten. Emma war sogleich mitten drinnen, hielt kurze Staats-Versammlungsreden und stimmte unmittelbar darauf. In diesem Augenblicke ergriff ich die Gelegenheit, endlich einmal mit meiner Paradiesgartenbegegnung hervorzukommen - vor Emma wollte ich nicht. - Ich erzählte etwas lügnerischer Weise, daß es wahrscheinlich eine russische Fürstin gewesen sei, die ich unlängst im Paradiesgarten vor dem schwarzen Hochspiegel sah und die mit dem gegenwärtigen Fräulein die vollständigste Aehnlichkeit habe, die ich je auf Erden gefunden; darum habe es mich so sehr verwirrt, als ich heute dieselbe Gestalt und dasselbe Angesicht hinter meiner Stuhllehne sah und sogleich als Freundin Luciens und Emma's aufgeführt bekam. »Und,« schloß ich, »doppelt überraschend war mir Ihr Anblick, weil ich neulich durch Zufall ein lebensgroßes Bild der Fürstin zu sehen bekam, auf dem sie in einem schwarzseidnen Kleide saß, gerade so, wie Sie hier eines anhaben; ja, was mir beinahe Schreck einjagte, war noch, daß Sie auch das kleine goldne Kreuzchen tragen, wie jene Fürstin mit einem abgebildet ist. Ich besitze ein kleines Nachbild von dem Gemälde, wo all das noch jeden Augenblick zu sehen ist.«
    Beide Schwestern sahen sich seltsam an, als ich dieses sprach - Angela aber mußte bis zu Tode erschrocken sein, denn sie stand weiß wie eine getünchte Wand da und wankte; mit unbeholfener Verlegenheit suchte sie das äußerst kleine Kreuzchen in ihrem Busen zu bergen - es gelang - eine Sekunde nur war's, sie bezwang sich, und die ernsten schönen Augen auf mich richtend, sprach Angela, daß sie mit dieser Fürstin nichts gemein habe; ich möge sie nur als ein einfaches Mädchen ansehen und behandeln, das nie einen Adelsbrief gehabt habe, noch je einen haben werde.
    »Außer den lilienweißen des allerschönsten und liebsten Herzens, das auf dieser Erde schlägt,« rief Lucie mit sonderbarer Rührung, die mir für diese Veranlassung zu heftig vorkam, und küßte sie auf die Augen und suchte sie hinwegzuziehen; allein es war nicht möglich, denn in demselben Augenblicke erschien ein Mann und erinnerte Lucien an ihr Versprechen, die dritte Figur mitzumachen - und - so ist der Mensch - in höchster Verwirrung und Noth thut er noch immer eher das Schickliche als das Rechte: Lucie ließ sich in der Betäubung fortziehen; sie fand das Wort der Widerrede nicht, und die Fremde stand verlassen in ihrer so seltsamen Erregung vor dem Fremden - aber so klar es war, daß ich irgend ein unheimlich Sonderbares getroffen haben mußte: so klar war es auch, daß in dem Augenblicke keine Spur mehr davon in ihrem Antlitze übrig war. Wie ich nämlich beklommen scheu in dasselbe blickte, war das sanfte Roth wieder in die vorher lilienweiße Wange geflossen, und das große Auge

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