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Feldblumen

Feldblumen

Titel: Feldblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Einen andern schönen Theil der Weiberpflicht aber erfüllt sie, wie wenige ihrer Schwestern: Bildung des künftigen Mutterherzens, von dem man nicht wissen kann, ob nicht ein Sokrates, Epaminondas, Grachus als wehrloser Säugling an demselben liegt und die ersten Geisterflammen von ihm fordert und fordern darf. Wie nun, wenn sie der Sendung nicht gewachsen wäre, und den Geistesriesen zu einem Nero und Octavianus verkommen ließe? Und der erste Druck in das weiche Herz gibt ihm meist seine Gestalt für Lebenlang.
    Endlich selbst Vorbereitung und Erfüllung der Mutterpflicht schließt nicht den Kreis des Weibes. Ist es nicht auch um sein selbst willen da? Stehen ihm nicht Geister- und Körperreich offen? Soll es nicht, wie der Mann, nur in der Weise anders, durch ein schönes Dasein seinen Schöpfer verherrlichen? - Endlich, hat es nicht einen Gatten zu beglücken, und darf es ihm statt des schönen Herzens eine Wirthschaftsfertigkeit zubringen, die geistig genug zu sein glaubt, wenn sie nur unschuldig ist? Das ist der Knecht, der sein Talent in das Schweißtuch vergraben hat.
    O Titus! Angela hat mir die Augen geöffnet über Werth und Bedeutung des Weibes. - Ich schaudere, welche Fülle von Seelenblüthe taub bleibt; wenn die Besterzogenen dastehen, nichts in der Hand, als den dürren Stengel der Wirthschaftlichkeit, und das leere, schneeweiße Blatt der angebornen Unschuld, auf das, wenn nicht mehr das Mutterauge darauf fällt, wie leicht ein schlechter Gatte oder Hausfreund seinen Schmutz schreiben kann - und die Guten merken es lange nicht oder erst, wenn es zu spät ist, ihn wegzulöschen. Andere werden freilich unterrichtet, aber obiges Blatt wird dann eine bunte Musterkarte von unnützen Künsten und Fertigkeiten, die man unordentlich und oberflächlich darauf malte.
    Es ist ein schweres Ding um die rechte, echte Einfalt und Naturgemäßheit - zumal jetzt, wo man bereits schon so tief in die Irre gefahren ist.
    Wie manche warme und großgeartete Seele in diesem Geschlechte mag darben und dürsten, so lange sie lebt - bloß angewiesen an den Tand, den ihr der Herr der Schöpfung seit Jahrtausenden in die Hände gibt.
    Doch genug hievon.
    Lächerlich ist es oft, die heitere, überfröhliche Emma ihr gegenüber sich bemühen zu sehen, Bänder und Kleider und Stickereien und dergleichen geltend zu machen. Sie läßt sie in Allem gewähren und ist stets mild und freundlich, und am Ende merkt doch das kleine, hocherröthende Trotzköpfchen, daß es widerlegt ist.
    Ob es Angela ahnt, wie sehr ich sie liebe, weiß ich nicht, aber vermuthe es - nur in ihrer einfältigsten Natürlichkeit kennt sie gewiß den Stachel nicht, der ewig leise fortschmerzend mir im Herzen sitzt; denn es freut sie, in mir einen ihr gleichgestimmten Menschen gefunden zu haben, und als solchen liebt sie mich auch und zeigt es unverhohlen vor Allen - selbst neulich, in einem Kreise von Frauen und Männern reichte sie mir ohne Umstände die Hand, die keiner von den Anwesenden je zu berühren wagte, und sagte, daß sie sehr erfreut sei, daß ich gekommen. Ich merkte es deutlich, wie mitleidig man diese Ungehörigkeit mit ansah. Wir reden oft stundenlang mit einander, und sachte geht dann ein Thor nach dem andern von den innern Bildersälen auf; sie werden gegenseitig mit Freude durchwandelt; ganze Wände voll quellen vor und schwärmen, und wenn dann plötzlich manche Götterform vorspringt, längst gehegt, geträumt und geliebt im eignen Innern - und wenn nun das Doppelkleinod jubelnd hervorgezogen wird - und endlich immer mehrere und schönere derlei kommen, so steht auch in ihrem Auge ein so schöner Strahl der Freude, daß sie ihn vergißt zu bergen, und ihn als arglos liebevoll in das meine strömen läßt. Das ist das Hohe einer naturgerecht entwickelten Seele, daß jenes kranke, empfindelnde und selbstsüchtige Ding, was wir Liebe zu nennen pflegen, was aber in der That nur Geschlechtsleidenschaft ist, vor ihr sich scheu verkriecht - und das ist der Adel der rechten Liebe, daß sie vor tausend Millionen Augen offen wandelt und keines dieser Augen sie zu strafen wagt.
    Luciens Geist ist ihr am verwandtesten, oder vielmehr, es mögen es Viele sein, jedoch sie wurden nicht wie diese zu ihr hinangebildet. Emma, wie sehr auch noch ein Kind, zeigt doch schon Spuren, wie unwiderstehlich das gelassen fortwirkende Beispiel eingreift. Daß man es wagt, in gewissen Kreisen, ja fast in allen, den Stab über Angela zu brechen, wirst Du wohl begreifen;

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