Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
nein, nichts dergleichen. Er
lächelte glückselig, so glückselig wie jemand, der die Eine-Million-Frage
beantwortet hat.
Und weil mein Lebensgefährte gerade keinen Zuhörer
zur Hand hatte, der seine Freude mit ihm teilen konnte (was übrigens nie der
Fall war), nahm er kurzerhand mit mir vorlieb. In Form eines Selbstgespräches
sprudelte die Telefonbotschaft nur so aus ihm heraus, obwohl er natürlich nicht
wissen konnte, daß ich sie auch verstand.
Ich hörte ihm aufmerksam zu, verlieh mir aber dabei
einen Ausdruck, der dem eines Lebewesens mit dem IQ eines Luftballons glich.
Nachdem er seinen Bericht beendet hatte, rannte er ins Schlafzimmer und begann
zu packen.
Ich blieb wie vom Blitz gestreichelt zurück und
versuchte, mich nicht allzusehr über den Verlust des Seils zu ärgern, das
seinerzeit der Gerichtsvollzieher mitgenommen hatte.
Noch eben das Objekt meines Mitgefühls, hatte es
Gustav innerhalb weniger Minuten geschafft, sich in meinen Augen in die Galerie
der schlimmsten Widerlinge menschlichen Geschlechts einzureihen. Was aber war
nun der Inhalt des Telefongezwitschers, das die Düsternis im Hause Gustav Löbel
zu hundert Prozent entwölkt hatte?
Ganz einfach: die Durchkreuzung meines Plans zu
zweihundert Prozent!
Der erste Teil der Nachricht klang noch wie die sprichwörtliche
Rettung in letzter Minute. Der Anruf kam aus Bella Italia, genauer gesagt aus
Rom und noch genauer geradewegs von der »Sopraintendenza Comunale ai Monumenti
Antichi e Scavi«, also der römischen Verwaltungsbehörde für antike Bauwerke und
Ausgrabungen. Soviel ich Gustavs hastigem Gebrabbel entnehmen konnte, hatte man
ihm mitgeteilt, daß man im Forum Romanum Hinweise auf eine bis heute übersehene
Katakombe der Urchristen gefunden habe. Und zwar genau an der Stelle, an der
Gustav sie in einem wissenschaftlichen Artikel schon vor ein paar Jahren
vermutet hatte. Die römischen Archäologen sahen deshalb in meinem guten alten
Pleitegeier den geistigen Vater der Entdeckung und bestanden darauf, daß er
persönlich herdüse und die Ausgrabungen überwache.
Fünfzigtausend Euro seien der Behörde seine Dienste
wert. Man sei sogar bereit, die Hälfte der Summe sofort als Vorschuß
herauszurücken, wenn er sich noch heute zur Ewigen Stadt begebe. So weit, so
paradiesisch.
All unsere Probleme schienen also mit einem Schlag
gelöst. Und die Probleme für die absehbare Zukunft ebenso. Was wollte ich mehr?
Zweierlei: Erstens Rom sehen und sterben. Im Lauf der Jahre war ich nämlich von
Gustavs Passion für Orte, deren Namen schon die Phantasie beflügeln, nicht
unberührt geblieben. Rom – es war nicht nur ein Name, sondern ein Traum, den
ich mir durch heimliche Lektüre aus seiner Bibliothek herbeigeträumt hatte. Das
Kapitol, das Kolosseum, das Pantheon, die Villa Borghese, die Spanische Treppe,
der Trevi-Brunnen, der Campo de’ Fiori, die verwinkelten Gassen von Trastevere,
die tausend Kirchen, die prächtigen Palazzi, die in Würde verwitterten Brücken
über dem Tiber, die unzähligen Brunnen, der Vatikan …
Ja, es kam mir so vor, als sei ich in einem
früheren Leben selbst ein römischer Schnurrer gewesen und hätte meine Erdentage
auf den Säulenrudimenten und auf den mit Terrakotta-Blumenkübeln bestückten
Dachterrassen dieser Hauptstadt der Welt verbracht. Alle Wege, auch die meinen,
führten nach Rom, das hatte ich schon immer gewußt. Denn zu sterben, ohne Rom
gesehen zu haben, wären ein Leben und ein Tod ohne Sinn gewesen.
Gustav, ausgestattet mit der Sensibilität eines
Ambosses, ahnte freilich von all meinem Sehnen nichts, als er mir von seinem
bevorstehenden Arbeitsurlaub erzählte. Und er setzte noch einen drauf, indem er
gestand, daß er mich nicht mitzunehmen gedenke. Das schon war eine
Unverschämtheit sondergleichen! Sein Argument, ich würde ihn bei den
Ausgrabungsarbeiten nur stören, konnte er sich dort hineinstecken, wo der Mond
nicht scheint.
Tränenschwälle vergießend wäre ich dennoch bereit
gewesen, hier auszuharren, auf seine Rückkehr zu warten und von Rom weiterhin
nur zu träumen. Wenn er mir bloß meinen Plan gelassen hätte.
Aber das hatte er eben nicht vor. Womit wir beim
zweiten Punkt wären, weshalb ich ihm nicht nur den Strick an seinen feisten
Hals wünschte, sondern das komplette Folterprogramm der Inquisition. Mein
Dosenöffner hatte Teuflisches im Sinn. Er wollte mich in seiner Abwesenheit an
andere Dosenöffner überantworten. Aber nicht etwa an Archie,
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