Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
hätten ihren Spaß.
Was ebenfalls auffiel, war der grassierende
Glatzenwahn bei den Männern, selbst bei denen, die gar keine Glatze hatten. Sie
alle hatten nämlich ihre Birnen kahl rasieren lassen, was sie nicht nur
verwechselbar machte, sondern in dieser Gehäuftheit wie ein Stilleben von
Deostiften aussehen ließ. Hätte der gute alte Bruce Willis damals geahnt, was
er auslösen würde, als er aus seiner Not eine Tugend machte und die drei Halme
auf seinem Schädel auch noch zu fällen beschloß, hätte er sich wohl lieber
einen verdammten Mob auf die Kopfhaut getackert!
Gustav watschelte zum Schalter und ließ sich sein
gebuchtes Ticket geben. Er checkte ein und begab sich in die Menschenschlange
vor der Sicherheitskontrolle. Da jedoch wurde es plötzlich ziemlich turbulent.
Bevor er durch die Metalldetektorschleuse ging, wuchtete er den Rucksack auf
das Förderband, das die Gepäckstücke zum Durchleuchtungsgerät transportierte.
Das tat er übrigens derart rabiat, daß ich drinnen ein paar Mal um die eigene
Achse geschleudert wurde. Ich muß gestehen, daß mein großartiger Plan nur bis
zu diesem Punkt reichte. Gierig auf die Aussicht, einmal im Leben die
Traumstadt zu sehen, hatte ich die unvermeidlichen Herausforderungen auf dem
Weg dorthin völlig verdrängt. Jetzt war Improvisationstalent gefragt, denn als
der Rucksack in die Durchleuchtungskammer fuhr, sah ich schon das Gesicht des
Sicherheitsmannes draußen vor seinem Monitor vor mir. Seine auf die fixe
Erkennung von Kalaschnikows und vielleicht auch einer zusammenklappbaren
Atombombe geschärften Glubscher traten in diesem Moment bestimmt einen
Zentimeter weit aus ihren Höhlen. Sie erblickten nämlich im Bauch des Rucksacks
etwas, was sie noch nie zuvor erblickt hatten: das (sich bewegende) Skelett
eines Tieres, umgeben von einer kunterbunt leuchtenden Silhouette aus scharfen
Krallen, spitzen Ohren – und Augen, die ihn geradewegs anstarrten!
Im gleichen Moment hörte ich auch schon die Sirene
jaulen. Der Sicherheitsmann hatte sich von seinem Schreck erholt und den
Alarmknopf betätigt. Nun hieß es schnell reagieren. Nur wie? Und in welche
Richtung? Ich sprang behende aus dem Rucksack auf das Förderband.
Die allgegenwärtige Finsternis machte mir nichts
aus, rühme ich mich doch trotz meines fortgeschrittenen Alters Augen, die
ebenso alles zu durchleuchten vermögen.
Direkt vor mir hing der Vorhang aus Gummifransen,
der die optimale Verdunkelung für die Abtastung gewährleisten sollte. Ich
streckte den Kopf hervor und sah unmittelbar vor meiner Nase eine offenstehende
große Ledertasche, die dem Rucksack voranrollte. Würde der Besitzer meine
wenigen Kilos spüren, wenn ich da hineinflüchtete und er die Tasche wieder zu
sich nahm?
Einerlei, es blieb jetzt keine Zeit mehr für
knifflige Spekulationen.
Blitzschnell huschte ich in die Tasche hinein.
Denkbar knapp, denn kaum war ich drin, wurde sie auch schon vom Förderband
gehoben und ohne Umschweife weggetragen.
Ich konnte nur hoffen, daß mein Retter ebenfalls
die Reise nach Rom antrat. Trotz der prekären Lage ließ ich es mir nicht
nehmen, den Kopf herauszustrecken und zurückzuschauen. Vier Sicherheitsleute
stürzten sich auf den aus der Dunkelkammer kommenden Rucksack und nahmen dessen
Inhalt mit solcher Hingabe auseinander, als weideten sie ein Schwein aus.
Gustav stand fassungslos daneben, betrachtete ungläubig das Treiben, und weil
er sich jetzt tatsächlich wie der Schmuggler einer zusammenklappbaren Atombombe
vorkam, nahm er am Ende auch noch die Hände hoch.
Ich sah noch, wie sich die Lage zu entspannen
begann, als man im Sack weder ein Tier noch dessen Gerippe fand und wohl von
einer optischen Täuschung oder einer Störung am Gerät ausging. Gleichwohl
verriet Gustavs dämlicher Gesichtsausdruck, daß er eine geheimnisvolle Ahnung
hatte, ohne zu wissen, welche.
Mein Blick schweifte entlang der Hand am Griff zum
Besitzer der Tasche hoch. Wie schön, ich wurde von einem jungen Gottesmann
getragen. Der schwarze Anzug mit der runden weißen Halskrause, die ein wenig
über den Hemdkragen hinauslugte, bezeugte es. Es war ein junger Mann von
blendendem Aussehen. Sein Gesicht glich dem eines Engels auf einem
präraffelitischen Gemälde, und allein die goldrandige Brille wies auf etwas
Irdisches hin.
Das Haar mit Gel elegant nach hinten gekämmt, so
daß es in dünnen Strähnen glänzte, die feingliedrigen Hände von solcher
Makellosigkeit, als verzichteten sie keinen einzigen Tag
Weitere Kostenlose Bücher