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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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konnte bis zum Ufer schwimmen und mich in ein Abflußrohr retten. Glaub aber ja nicht, daß ich mir diesen Namen zugelegt habe, weil ich mich mit einer unterjochten menschlichen Rasse identifiziere. Der Name paßt zu mir, weil er mein Wesen am besten trifft. Es ist nämlich das lateinische Wort für ...«
    »... schwarz«, sagte ich.
    »Was beweist, daß man dich nicht von ungefähr als einen Klugscheißer bezeichnet«, fuhr Safran dazwischen. »Aber Schluß jetzt mit den Anfeindungen. Wir haben schon sehr lange auf einen wie dich gewartet. Wir haben nämlich einen Auftrag für dich, Francis.«
    »Auftrag? Mit Verlaub, Durchlaucht, aber die Detektei hat schon vor Jahren Konkurs angemeldet. Mr. Marlowe klärt nur noch Fälle auf, die im Zusammenhang mit dem Verschwinden von geräuchertem Lachs aus der Speisekammer stehen.«
    »Du sollst auch keinen Fall klären, sondern jemanden finden. Doch bevor wir ins Detail gehen, müssen wir, glaube ich, noch einen Ehrendienst leisten.«
    Bevor ich Protest einlegen und ihnen versichern konnte, daß das einzige, was ich zu finden gedachte, der gottverdammte Ausgang aus diesem feuchten Schattenreich sei, trat Safran ganz nah an Rhodos' Leiche, reckte den Kopf gen Gewölbedecke und intonierte das wohlbekannte euphonische »Aaaaaiiiiihhhhh«. Doch diesmal währte der bizarre Ruf über die Dauer eines kurzen Gestöhns hinaus, weil er von den uns umringenden Blinden kanonartig aufgenommen und fortgesetzt wurde, so daß ein nimmer endendes Klagelied entstand. Mußte einer der Sänger nach angestimmter Tonfolge wieder Luft holen, war er bereits vom Nachbarn gleich einem musikalischen Staffelläufer abgelöst worden. Auf diese Weise erklang ein herzbewegender Lautteppich, der sich schließlich vollends in dem uns eigenen, bei besonderer Erregung intonierten, schrillen Gejaule auflöste. Kein Zweifel, es war eine Trauermusik, die da geheult wurde, ein Requiem für einen Artgenossen, den ich getötet hatte.
    Safran senkte den Kopf und gab Rhodos mit der Nase einen leichten Stoß. Und als sei dies lediglich eine symbolische Geste wie die eines Politikers, der einen Kranz niederlegt, stürmten daraufhin von allen Seiten etliche seiner Untertanen herbei und schubsten mit ihren Nasen den Toten vor sich her. Die Leiche wurde so weit über den Boden gerollt, bis sie schließlich über die Kante des Steinweges kippte und in den Kanal fiel. »Aaaaaiiiiihhhhh«, sang das Volk der Blinden noch ein letztes Mal ihrem Kameraden zum Abschied, als Rhodos wie ein steuerloses Floß im Strom davontrieb; und obwohl ich inzwischen einen Kloß im Hals hatte, sang ich nun mit ganzer Inbrunst mit.
    »Es war nicht deine Schuld, Francis«, sagte Safran leise. »Oder besser gesagt, die Schuld trifft uns in demselben Maß wie dich. Gewiß, an Rhodos' Pfoten klebte mehr Blut als an den Händen von Charles Manson. Sein IQ war nicht gerade guinnessbuchverdächtig, und wir verwendeten ihn gern als Mann fürs Grobe. Außerdem wäre er in ein paar Wochen sowieso an den Folgen seiner Verwundungen und Deformationen gestorben. Dennoch müssen wir uns vor Gott selbst wegen des Todes dieser blutdürstigen Kreatur rechtfertigen. Weshalb, frage ich mich, ist unsere Art dazu verdammt, Fremden ihresgleichen stets abweisend, ja mit brutaler Gewalt zu begegnen? Ist es wegen unserer Herkunft, weil wir einst Jäger in riesigen Territorien waren, wo schon ein einziger Konkurrent das Überleben in Frage stellen konnte? Nein, wissenschaftliche Spitzfindigkeiten erklären gar nichts. Mißverständnisse, Mißverständnisse. Und immer wieder Gewalt. Die Gewalt scheint in der Tat unsere wahre Natur zu sein.«
    Nachdem die Trauernden mit Tränen in den Augen ihren entschlafenen Todesengel in den abgründigen Kanalschlund geschickt hatten, bildeten sie erneut eine Traube um uns. Ich spürte jetzt unter ihnen eine unbestimmte Spannung aufkommen, als stünde in Kürze ein freudiges Ereignis bevor. Niger, die ich während der Trauerzeremonie aus den Augen verloren hatte, drängte sich nun wieder aus der Menge hervor und begab sich schnurstracks zu Safran.
    »Ist der Kundschafter eingetroffen?« fragte er, als sie neben ihm stand.
    »Ja. Diesmal ist es Hauptsammler vierunddreißig im Westteil der Stadt. Sammler achtundsiebzig ist dichtgemacht worden, weil die Reparaturarbeiten beendet sind.«
    »Dann haben wir aber eine weite Strecke vor uns. Du kommst mit, Francis. Unterwegs erkläre ich dir die Gründe, warum du unsere Bitte nicht abschlagen

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