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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Augenblick, in dem ich die Stange als ein Geländer identifizierte, prallte ich mit der Bauchseite dagegen und blieb wie ein vom Wasser durchweichter Fuchsschwanz hängen. Der plötzliche Aufschlag bewirkte wiederum, daß aus meinem Innern all die geschluckte Flüssigkeit wie bei einer Erste-Hilfe-Pressung herausschoß. Offensichtlich hatte es sich bei dem Schwall, in dem ich mich befunden hatte, um die letzte Ladung von oben gehandelt, denn nun spürte ich nur noch, wie auf meinen Rücken ein Resterguß niederging, der dann den Steinboden umspülte.
    Zu arg vom Schicksal gebeutelt, um irgendeine Regung von sich zu geben, pendelte nun mein am Eisengeländer hängender Körper beschwingt hin und her, bis er schließlich powärts zu Boden rutschte. Schlangengleich kringelte er sich unten zu der Andeutung einer Spirale zusammen, und das Restwasser in meinen Lungen sickerte aus meinen Mundwinkeln. Obgleich mit dem aufwendigsten optischen System der Welt ausgestattet, das sogar Restlichtkameras für Nachtaufnahmen im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellt, nahm ich in meiner neuen Umgebung zunächst nichts als überwältigende Schwärze wahr. Durch den offenen Gully plätscherte der Regen weiterhin auf mein Fell, doch schloß ich aus der geringen Trefferquote der Tropfen, daß er an Stärke abgenommen haben mußte. Typisch, war der Schaden erst einmal angerichtet, verdrückten sich die Urheber in Windeseile. Mein geschundener Leib sandte von jedem Meldeposten die beunruhigendsten Schmerzenssignale aus; gleichwohl konnte ich kaum bestimmen, ob ich mir bei dem Sturz etwas gebrochen hatte. Mich zu rühren wagte ich allerdings ebenfalls nicht, aus Angst, zur ewigen Bewegungsunfähigkeit verdammt zu sein. Welch perverser Tod stünde mir dann bevor? Außerstande, vom Fleck wegzukommen, würde ich von Mäusen, wahrscheinlicher jedoch von Ratten, die mit meiner Körpergröße durchaus konkurrieren konnten und von denen hier, in dieser klammen Gruft, bestimmt nicht wenige ihren stinkigen Geschäften nachgingen, ganz langsam und genüßlich in Stücke gerissen werden. Und das alles bei vollem Bewußtsein, sämtliche Verstümmelungen bis ins letzte Detail erfassend mit dem aufwendigsten optischen System der Welt !
    Einer altehrwürdigen Gewohnheit folgend, die aus den Tagen des glücklichen Erwachens stammte, ließ ich schließlich in einer Anwandlung von Tapferkeit doch noch eine Kralle aus der Hautfalte über dem Fußballen der rechten Vorderpfote hervorblitzen. Dann fuhren nach und nach alle Krallen wie Springmesser en miniature heraus. Ein intensives Schütteln erfaßte meinen nassen Körper, daß es nur so spritzte, und bevor weitere Mätzchen zur Erlangung der Starttemperatur erfolgen konnten, gab ich mir einen Ruck und sprang gleich auf die Beine. Schmerzfluten durchrauschten meine Eingeweide wie entfesselte Dämonen. Ich hielt den Atem an, weil die Qual mich kurzzeitig zu überwältigen drohte. Derart teuflisch pochten und hämmerten die eingehandelten Blessuren in jeder einzelnen Faser meines Körpers, daß ich laut aufschrie. Doch ich hatte Glück im Unglück gehabt. Soweit ich es nach ein paar zwar schmerzhaften, aber erträglichen Testverrenkungen feststellen konnte, schien ich mir nichts gebrochen zu haben, und auch die Prellungen, die die vielen Stöße hervorgerufen hatten, hielten sich in Grenzen. Kurzum, ich ordnete meine Knochen und Sehnen neu und dankte dem Sensenmann, weil er anscheinend abermals ein Auge zugedrückt hatte.
    Nun konnte es nur noch darum gehen, diesem fauligen Ort der Verdammnis so rasch wie möglich zu entfliehen. Langsam und etwas gehandikapt durch ein nervtötendes Knacksen am Nacken, bewegte ich den Kopf nach oben und blickte zu dem Höllenschlund, durch den ich in die Unterwelt gelangt war. Die Kanalschachtöffnung erlaubte die Sicht auf den Himmel, in dem unheilschwangere Wolkentürme weiterhin mächtig rumorten. Aber bisweilen durchbrach das dunkelblaue Morgenfirmament die Dunkelheit, so daß trübe Schimmer sich in den Schacht stehlen konnten. Diese diffuse Helligkeit verhieß jedoch für mich keineswegs ein Happy-End. Sie schien eher genau das Gegenteil zu bedeuten. Denn jetzt wurde erkennbar, daß die einzelnen Eisensprossen zu weit voneinander entfernt waren, um sich an ihnen hochzuhangeln.
Selbst wenn ich mich auf einer der Sprossen auf die Hinterpfoten stellte, was aus Gründen der Balance schon ein Ding der Unmöglichkeit darstellte, würde meine Körperlänge nicht

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