Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
Vom Netzwerk:
viele von ihnen an Übergewicht, und was ihre Reaktionsschnelligkeit anbelangte, so würde die Mehrheit arge Schwierigkeiten haben, es mit meinen hypergeschärften Sinnen aufzunehmen. Bei Licht besehen existierte eigentlich nur ein einziger lächerlicher Nachteil für mich. Ich war allein, und sie waren - vielleicht tausend?
    Zumindest aber wußte ich inzwischen, wie ich meine Haut vor dem Henkersknecht retten konnte. Es würde grausam werden. Doch sie ließen mir keine andere Wahl ...
    »Es ist soweit, Kleiner«, stellte der Häuptling gravitätisch fest. »Schließe am besten die Augen. Glaub mir, es ist leichter so. Und wie du schon vorhin sagtest: Good bye, Fremder, ich seh' dich im Himmel!«
    Ein vulgäres Lächeln flog über die schiefe Fratze des Persers, als hätte man ihm die Erlaubnis erteilt, die Geburtstagstorte ganz allein aufschlingen zu dürfen, und er neigte sich ein wenig zu mir herab. Die altehrwürdige Sitte, daß unsereiner eine Menge ritualisierter Handlungen wie offensives Fauchen, mit dem Schwanz peitschen, sich frontal Anstarren und Schnurrhaaresträuben absolvieren muß, bevor er einen Angriff durchzieht, schien er gar nicht zu kennen. Statt dessen tat er etwas, das wie ein roter Pfeil direkt auf seine Achillesferse hinwies. Er schwang das Vorderbein aus und schlug mit dem Pfotenballen gegen die linke Seite meines Kopfes. Diese seltsame Geste stellte jedoch, wie ich vermutete, keineswegs eine mutwillige Provokation dar, sondern erfolgte aus einem vollkommen simplen Motiv heraus. Da Rhodos blind und wegen seiner erbärmlichen Konstitution wohl auch kaum mehr im Besitz eines hervorragenden Orientierungssinnes war, benutzte er den Trick, um den Standort des Gegners erst einmal auszukundschaften. Er ließ in dessen Umkreis zunächst einfach einen Rundumschlag vom Stapel, und traf die Pfote den Rivalen, so wußte er, wo dieser sich aufhielt. Dann konnte er zur Tat schreiten. Das Ganze sah ein bißchen nach dem für Menschenaugen abscheulich wirkenden »Herumgespiele« aus, das wir mit Mäusen veranstalten, bevor wir ihnen den Garaus machen. Dabei vergessen die Herren der Schöpfung völlig, daß unsere ursprüngliche Nahrungsquelle aus Ratten bestand und wir gezwungen waren, die relativ große und gleichfalls mit gefährlichen Hauern ausgestattete Beute erst einmal bewußtlos zu prügeln. Leider hat sich diese rabiate Taktik auch auf die verhältnismäßig risikolose Mäusejagd übertragen.
    »Keine Bange, Freund«, krächzte Rhodos nach dem Hieb mit einer scheppernd rostigen Stimme, als bestünden seine Stimmbänder aus Altmetall. »Du wirst es nicht einmal spüren.«
    Es war unmißverständlich, daß er meine Kehle aufzuschlitzen beabsichtigte.
    »Wenn du das noch mal tust, bring' ich dich um!« versprach ich.
    Die Zuschauer stöhnten auf. Sich Rhodos zu widersetzen, kam offenbar einer Blasphemie gleich. Aus den Augenwinkeln registrierte ich, wie sich die Lippen von Papa Goldener Ohrring zu einem entzückten Lächeln kräuselten. Er genoß das fragwürdige Spektakel, wobei er allerdings über dessen Ausgang keinen Zweifel zu hegen schien. Was Rhodos persönlich anging, so hatte er diesen Fall einfach nicht einkalkuliert und bot ein Bild beispielloser Fassungslosigkeit. Er grölte in einer Mischung aus Hohn und Unglauben, doch zwischendurch hielt er für Momente inne und machte ein bedeppertes Gesicht, als suche er angestrengt nach einer Interpretation meiner Widerworte. Dann wieder schüttelte er vehement den Kopf, was darauf schließen ließ, daß die Suche zu keinem Ergebnis geführt hatte, und nahm sein dröhnendes Gelächter wieder auf.
    »Umbringen willst du mich, Freund?« grollte er schließlich mit der Überlegenheit einer Schuhsohle, die über der Küchenschabe schwebt. Das Publikum hielt jetzt den Atem an.
    »Das ist aber sehr anstrengend. Man kommt schnell ins Schwitzen dabei, weißt du.« Sprachs und versetzte mir mit der anderen Pfote einen erneuten Bums auf den Schädel, diesmal mit ausgefahrenen Krallen und mit schmerzhafter Härte. An meinem rechten Ohrsegel entstand ein tiefer Riß, aus dem Blut hervorblubberte.
    Ich ließ die Krallen der Vorderpfote rausklacken, griff blitzartig in seine linke leere Augenhöhle, stieß die Klauen durch das gummiartige Fleisch hindurch und formte sie bei der Berührung des Hirns zu tödlichen Haken. Rhodos' schräg hängender Unterkiefer klappte ein Stück weiter herunter; sein Wassermelonenkopf zitterte in meiner Pfote wie ein überhitzter

Weitere Kostenlose Bücher