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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Schicksal, Brüder und Schwestern«, nahm der Alte den Faden wieder auf und winkte mit den Pfoten den Aufruhr symbolisch auf einen erträglichen Pegel herunter. Dabei stierten mich die matronenhaften Ammen so boshaft an, als hätte ich dem soeben Verkündeten widersprochen.
    »Und weil wir unser Schicksal so gut kennen, sind wir ihm verpflichtet. Aber wie können wir unserer Aufgabe genügen, wenn ständig irgendwelche Dummköpfe verantwortungslose Artgenossen und am Ende gar die Menschen auf unsere Fährte locken, frage ich euch? Deswegen ist es an der Zeit, endlich ein Exempel zu statuieren.«
    »Wenn ich darauf hinweisen darf, daß ich unter starkem Gedächtnisschwund leide«, versuchte ich verzweifelt einen Aufschub zu erreichen. »Zum Beispiel habe ich schon wieder meinen Namen vergessen. Verdammt, war es Mimi oder Pussy? Nein, ich glaube, es war doch Pinky ...«
    Nanu, kein Applaus? Keine Lachsalven von der Sorte, die in Fernsehkomödien nach dem Abschießen eines Gags vom Tonband ertönen? Offenkundig war ich der einzige in der Runde, der meinen Faxen etwas Amüsantes abgewinnen konnte. Begreiflich, man verlor halt schnell den Frohsinn, wenn man den Witzeerzähler, in brüderlich geteilte Portionen zerhackt, bereits als Mittagsmahl vor dem geistigen Auge sah. Der Kartäuser richtete erneut seinen blinden Blick auf mich, und es war so, als träfe mich der rotierende Scheinwerferstrahl eines gruseligen Leuchtturms.
    »Tut mir leid, Kleiner«, bedauerte er in einem Tonfall, als wäre er ein untröstlicher Vater, der seinem Sohn die leergeschlemmte Bonbontüte vor die Nase hält. »Aber es ist nicht persönlich gemeint. Wir müssen ein Zeichen setzen, um unser Werk und uns selbst zu schützen. Du warst eben zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Und traf auf die absolut falschen Brüder und Schwestern«, ergänzte ich überflüssigerweise.
    »Rhodos!« brüllte plötzlich der Kapitän der tausend Kanäle, ohne auf mein Hosenscheißer-Angst-Geplapper weiter einzugehen.
    Rhodos? ... Hm, eigentlich gar keine schlechte Idee. Sicherlich besaßen meine gewaltig zur Piratenseligkeit neigenden Verwandten irgendwelche Boote, sagen wir mal drollige Dampfer, die mit ihrem eigenen, gewiß im Übermaß vorhandenen Biogas betrieben wurden, und wir würden gleich in See stechen, über das Abwässersystem ans Meer gelangen und dann in Richtung Rhodos tuckern, um dort Ferien zu machen. Ihre in der Tat recht beunruhigenden Bemerkungen von vorhin waren in Wahrheit nichts als rüde Späße gewesen, Begrüßung und Mutprobe zugleich für den Neuankömmling, wie es bei Piraten halt so Sitte ist. Mannomann, diese Stinker hatten mir wirklich einen Mordsschrecken eingejagt ...
    Der Pulk, der mich mit der Schaulust von einstigen Kolosseumsbesuchern umlagerte und trotz totalem Optikausfall angespannt anglotzte, begann sich im Mittelabschnitt zu teilen, so daß zwischen den Gaffern auf dem Steinweg allmählich eine enge Gasse entstand. Und durch diesen Akt der kollektiven Zuvorkommenheit dämmerte es mir langsam, daß es sich bei Rhodos weder um die sagenumwobene Mittelmeerinsel noch um ein ungefähres Reiseziel handelte. »Rhodos« mußte jenseits alles Vorstellbaren liegen, so wie gewisse Dinge hinter den allerletzten Stahlpforten des Unbewußten schlummern, Dinge, die sogar die Inszenatoren von Alpträumen nicht herauszulassen wagen. Ein banges Tuscheln ging durch die Menge der Dreckspatzen, und ein unheilvoller Schatten wurde nun am Ende des von ihnen gebildeten Korridors wahrnehmbar. Dieser Schatten kam immer näher, wälzte sich geradezu durch den Gang wie eine Flut aus einer schleimigen Materie, und gleichzeitig mit seinem Nahen erklang ein furchterregendes Stampfen, das die ganze Anlage zum Erbeben zu bringen schien. Nach und nach wurde eine unförmige, die Umstehenden mindestens um eine ganze Körpergröße überragende Gestalt sichtbar, deren Bewegungen etwas Ochsenhaftes hatten. Plump und mit eiserner Wucht trat der Schatten auf, und bei jedem Schritt, den er tat, schunkelte seine gesamte unglaubliche Leibesfülle zeitlupenartig in Form von aneinander stoßenden Fettwellen. Doch noch verdeckte die Dunkelheit den ungeheuerlichen Riesen, und ich blieb über seine wahre Erscheinung allein auf Vermutungen angewiesen.
    Je näher er kam, desto mehr schwoll das ehrfurchtgebietende Raunen der Kanalmonster an, als fürchteten sie selbst den Geist, den sie gerufen hatten. Dann trat er ins Licht, und hätte nicht die morbide Faszination

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