Fennelly, Tony
sein, hat noch nie das Aussehen einer Frau verbessert“, fügte ich milde hinzu, Stevens zuliebe. Aber er schüttelte den Kopf.
„Millicent sah genauso aus, als ich sie vor zwei Jahren kennenlernte. Ein richtiges Mauerblümchen, fürchte ich. Und dann war sie auch immer so mit ihrem Beruf beschäftigt, dass sie für die Ehe nie viel Zeit hatte. Aber trotzdem, ich habe nie gesehen, dass H. R. eine andere Frau anguckte. Er war ein guter Christ.“
„Und was, glauben Sie, hat er dann im Ramrod zu suchen gehabt?“
„Ah ... um danach zu urteilen, wie ich ihn kannte, würde ich doch denken, er hat da ... versucht, Leute zu bekehren.“
„Mit seinem Pimmel durch die Klowand?“
Robin kicherte heftig und verschluckte sich fast an seinem Frappe , „Die neue Missionarsstellung!“
Ich ließ Robin bei seiner Tarot-Legerin an der Royal Street raus und überquerte für einen Ausflug in die exotische St.-Bernards- Siedlung den Industriekanal. Loomis' Scholle.
Ein verwittertes Schild lud stolz dazu ein, am Chalmette Battlefield unten an der Straße anzuhalten, dem Schauplatz der oft geschilderten, verfilmten und besungenen Schlacht von New Orleans. Eine, die nach Kriegsende stattfand. Eine, die nichts bedeutete.
Bedeutendes hat auch St. Bernard dem Besucher nicht zu bieten! Nur kleine Häuser mit absplitterndem Anstrich und mürbe, zerknittert, aussehende Schulabgänger, die wie arme Verwandte ihrer Gegenstücke jenseits der Zugbrücke in New Orleans aussehen.
Ich fuhr über den St. Bernard Highway entlang an kleinen hässlichen, ohne erkennbaren Plan gebauten Einkaufsstraßen, an flachen Ziegelgebäuden und haufenweise unattraktiven Bungalows. Und es gab diese unvermeidlichen Lebensmittelläden, in denen sich der hart arbeitende Mann auf dem Heimweg von seiner Schicht in der Tenneco -Ölraffinerie seine zwei selbstverordneten Sechserpacks Dixie kauft.
Loomis' Firma lag gleich hinter der Fähre, etwas von der Straße zurückgesetzt an einem Kiesweg. umgeben von Bäumen, Büschen und einem algenbedeckten Entwässerungsgraben. Ich erwartete, den Laden am Sonntag geschlossen und verlassen vorzufinden.
Aber die riesige Wellblechtür stand offen, und eine wackere Seele betätigte drinnen einen Besen. Ich fuhr hinein und parkte etwas entfernt von den Bäumen, um Vogelschäden am Lack aus dem Weg zu gehen. Dann wagte ich mich vorwärts, ging um einige Maschinen herum (Vorsicht, schmierig!) und grüßte ihn.
Der Kehrer, der immer noch mit pubertären Hautproblemen zu kämpfen hatte, stellte sich als Whit Guidry vor, Mädchen für alles. Whit war so tatkräftig und ernst wie jeder Arbeiterjunge in seiner ersten Stelle.
„Ich bin schon länger als einen Monat nicht mehr in der Firma“,
erzählte er mir. „Aber ich kann bezeugen, dass Mister H. R. Loomis der beste Chef war, den es jemals gab. Wie oft ist er persönlich aus seinem Büro runtergekommen, wenn ich Reisig verbrannte. Ich hätte alles für den Mann getan. Überstunden haben mir gar nichts ausgemacht, das kann ich Ihnen sagen.“
„Er weckte also Loyalität.“
„Das kann man wohl sagen. Manchmal kam ich sonntags her und arbeitete, ohne was zu sagen. Das Geld hat mich nicht die Bohne interessiert. Nein, Sir. Einfach in der Nähe von H. R. Loomis zu sein, davon habe ich eine Menge gelernt. Heute zum Beispiel.“ Er wurde rot, und sein Gesicht bekam eine einheitliche Farbe. „Ich konnte nicht auf diese Beerdigung gehen. Weil ich wusste ... H. R. hätte lieber gehabt, dass ich hier bin.“
VIERTES KAPITEL
SONNTAGABEND
Er steht in keinem Touristenführer. Aber das Kitt's ist unbestreitbar das exklusivste Etablissement im ganzen Delta. Wir erfreuen uns des schicksten Restaurants; die Küchenchefs haben wir dem Maxim's abgeworben. Unsere Innenausstattung ist so, wie Versailles gewesen wäre, wenn Louis XIV. etwas Geschmack gehabt hätte. Und das Kitt's verfügt über alle wichtigen Freizeitangebote, unter anderem auch Zimmer im oberen Stock. Um bei Kitt's Mitglied zu werden, muss man zwei eherne Voraussetzungen erfüllen: die eine ist Geld. Allein die Aufnahmegebühr beträgt 25.000. Die zweite hat mit sexuellen Präferenzen zu tun. Heteros sind im Klub nicht einmal als Gäste zugelassen und auch nicht als Angestellte. Anfangs galt diese Regel unseren Mitgliedern zuliebe, die noch kein Coming-out hatten. So wie bei den Anonymen Alkoholikern.
An diesem Abend hatte ich einen Tisch reservieren lassen, und meine Lieblingskellnerin Didi lungerte schon
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