Fennelly, Tony
applaudierte mit den Vorderfüßchen. „Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel. Nur die Leute von Loomis Corp. nahmen sich die Zeit, bei jeder Inspektion jedes bisschen Schmieröl von den Kabeln zu waschen. Haben Sie schon mal gehört, dass andere Mechaniker so was tun?“
„Sie meinen ... mit Wasser und Seife?“
„Mit Diesel. Blitzblank.“ Jetzt endlich wandte er sich seinem kanadischen Schinken zu, der längst kalt geworden war.
„Na ja, ich habe auch ein paar Sommer lang in der Ölbranche gearbeitet“, erzählte ich ihm. „Und ich konnte Kabel auch ganz gut inspizieren, ohne sie erst abzuschrubben.“
Stevens betrachtete mich mitleidig. „Deshalb haben Sie es als Mechaniker wahrscheinlich auch nicht weit gebracht. Sie sind nicht gründlich genug.“ Er lächelte. „Aber H. R. war schon lange, ehe wir ihm irgendwelche Aufträge gaben, ein guter Freund. Er kam jede Woche vorbei, nur um mit einigen Ingenieuren Mittagessen zu gehen. Ließ die anderen nie zahlen.“
„Das klingt sehr großzügig.“
„Genau diese Art von Mann war er. Er schloss Leute ohne Vorbehalte in sein Herz. Mein Gefühl war immer, dass er sich für einen Fremden sogar sein letztes Hemd ausziehen würde, wenn man ihn nur bitten würde.“
Die Fliege hatte die Nase voll von dem Gesülze und flog weg. Wir mussten bleiben.
„Er hat viel für wohltätige Zwecke getan“, fügte ich an, ganz in der Tonlage einer Gedächtnisveranstaltung.
„Ja. Und er gab nicht einfach nur Geld wie andere, H. R. gab etwas viel Wertvolleres. Seine Zeit.“
„Und wie viel wertvoller war denn seine Zeit, als Geld gewesen wäre? - Nein, ist ja egal. Ich würde gern etwas mehr über seine Herkunft erfahren. Woher kam er?“
„Aus so einem kleinen Kuhnest in der Nähe der texanischen Grenze. Er hatte wirklich die klassische amerikanische Erfolgsgeschichte.“ Stevens sprach zwischen einzelnen Bissen. „Die Eltern waren arme baptistische Kleinbauern ... H. R. war eins von dreizehn Kindern, und er war der erste in seiner Familie, der zur High School ging. Hat sich hochgearbeitet.“
„Horatio Alger“, murmelte Robin, um seinen Bildungsstand hervorzukehren.
„Könnte man sagen.“ Gnadenlos floss die Erzählung weiter. „H. R. hatte erstklassige Noten, war sportlich, war Klassensprecher, und er bekam ein Football-Stipendium für Tulane .“
„Runde Geschichte“, sagte ich.
„Sehr sogar. Dann, in seinem letzten Semester, verliebte er sich in Millicent MacIlwain. Ihre Leute sind natürlich katholisch. Also fand die Hochzeit gleich nach dem Diplom in der St. Thomas- More- Kirche statt.“
„Sie war eine MacIlwain? Das wusste ich noch gar nicht. War ihre Mutter nicht Alma Dearborn?“
„ Die Alma Dearborn, genau. Alte Familie ... altes Geld ... irgendwann vor dem Krieg war sie sogar Queen vom Elitekarnevalklub Comus . Kennen Sie sie?“
„Meine Familie kannte sie. New Orleans ist klein. Sagen Sie, warum arbeitet eine MacIlwain als Krankenschwester?“
„Anfangs musste sie arbeiten gehen. Millicent hat kein eigenes Geld, bis ihre Mutter stirbt.“
„Aber jetzt braucht sie es doch nicht mehr, oder?“
„Jetzt nicht mehr. Loomis Corp. steht ausgezeichnet da. Und H. R. erzählte mir, dass er viel lieber sähe, wenn sie bei den Kindern zu Hause bliebe, natürlich. Aber sie besteht darauf und macht all diese Überstunden. Mehr als gut für sie ist, glaube ich.“
Robin nippte an seinem Absinth Frappe . „Frauen können nicht so lange arbeiten. Es macht sie alt.“
„Das mag sein. Trotzdem, Millicent arbeitet zwölf Stunden am Tag auf dieser Altenpflegestation und liebt jede einzelne Minute davon.“
Ich schaute auf. „Altenpflege? Aber ich würde denken, dass das der undankbarste Job in einem Krankenhaus ist. Alles, was man da zu sehen bekommt, ist, wie die alten Leute immer älter und klappriger werden. Normalerweise muss man Leute geradezu bestechen, damit sie auf solchen Stationen arbeiten.“
„Stimmt. Die liebe Millicent hat eben Klasse. Das würde ich ihr zugutehalten“, hielt ihr Stevens zugute. „Aber trotzdem verstehe ich nicht, warum H. R. sie genommen hat, wo er doch jede Campus-Schönheit hätte haben können. Sie ist eine nette Frau, aber ... nun ja, sie sieht nicht besonders aus.“
„Die Ärmste braucht dringend etwas Rouge“, zirpte mein kleiner boshafter Schönheitsberater. „Sie hat eine Figur wie ein Kleiderständer, und ihr Haar würde noch nicht einmal auf einem Besen nach was aussehen.“
„Verwitwet zu
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