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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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    Camilla Läckberg
     
    Die Töchter der Kälte
     
     
    Aus dem Schwedischen von Gisela Kosubek
     
    Die Originalausgabe unter dem Titel
    Stenhuggaren erschien 2005 bei Forum, Stockholm.
     
    ISBN 978-3351-03225-8
     
    1. Auflage 2007 © Aufbau Verlagsgruppe GmbH, Berlin 2007 © Camilla Läckberg 2005
     
     
    Der Hummerfang war wirklich nicht mehr das, was er früher mal war. Damals hatten schwer arbeitende Berufsfischer die schwarzen Krebstiere gejagt. Heute waren es die Feriengäste, die den Hummer eine Woche lang aus purem Vergnügen fischten. Und an die Regeln hielten sie sich auch nicht. Im Laufe der Jahre hatte er so manches zu sehen bekommen. Diskret eingesetzte Bürsten, um den deutlich sichtbaren Rogen der weiblichen Tiere zu entfernen, so daß diese wie zum Fang zugelassen aussahen, geplünderte Fangkörbe und sogar Taucher, die nach unten gingen, um mit den Händen die Hummer aus fremden Körben zu ziehen. Manchmal fragte er sich, wo das wohl enden sollte, wenn man nicht mal mehr unter Hummerfischern etwas auf Ehre gab. Einmal hatte er in seinem Korb beim Einholen wenigstens eine Flasche Kognak gefunden, statt der unbekannten Stückzahl Hummer, die aus ihm verschwunden war. Immerhin besaß der Dieb noch ein wenig Ehrgefühl oder wenigstens Humor.
    Frans Bengtsson seufzte tief, als er jetzt an Bord stand und seine Körbe einholte, doch sein Gesicht hellte sich auf, als er bereits im ersten zwei stattliche Exemplare erblickte. Er wußte ziemlich gut, wo man nach den Hummern zu suchen hatte und wo man die Körbe Jahr für Jahr mit demselben Fangglück leeren konnte.
    Drei Körbe weiter hatte er eine passable Anzahl der kostbaren Tiere vor sich aufgehäuft. Persönlich verstand er nicht recht, warum sie derart horrende Preise erzielten. Nicht daß er die Tiere irgendwie widerlich fand, aber wenn er selbst wählen konnte, verzehrte er lieber einen Hering. Der schmeckte nicht nur besser, sondern war auch noch preiswerter. Aber die Einnahmen vom Hummerfang um diese Zeit des Jahres waren ein überaus willkommener Zuschuß zur Rente.
    Der letzte Korb saß gehörig fest, und er stemmte den Fuß gegen die Reling, um ein bißchen sicherer zu stehen. Langsam spürte er, wie der Korb nachgab; hoffentlich war er nicht beschädigt. Er warf einen Blick an der Wand seines alten Kahns herunter, um zu sehen, in welchem Zustand der Korb nach oben kam. Doch es war nicht der Korb, der zuerst auftauchte. Eine weiße Hand durchbrach die bewegte Wasseroberfläche, und einen Augenblick schien es, als zeige sie zum Himmel.
    In seiner ersten Reaktion wollte er das Reep, das er in Händen hielt, loslassen und was auch immer sich dort unter der Wasseroberfläche befand zusammen mit dem Fangkorb erneut in der Tiefe verschwinden lassen. Aber dann setzte sich seine Berufserfahrung durch, und er begann erneut zu ziehen. Sein Körper war noch immer stark genug, und das war auch nötig. Er mußte sich mit aller Kraft ins Zeug legen, um den makabren Fund über die Reling zu hieven. Erst als der bleiche, leblose Körper auf den Boden klatschte, verlor er die Fassung. Es war ein Kind, das er aus dem Wasser geholt hatte. Ein Mädchen. Das lange Haar klebte ihr ums Gesicht, und die Lippen waren genauso blau wie die Augen, die jetzt blicklos zu den Wolken starrten.
    Frans Bengtsson warf sich an die Reling und erbrach sich.
     
    Patrik war müder, als er es sich je hätte vorstellen können. Alle Illusionen, daß Säuglinge viel schliefen, waren ihm in den vergangenen zwei Monaten gründlich geraubt worden. Er fuhr sich durch das kurze braune und völlig zerzauste Haar. Wenn er schon müde war, so konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie es Erica erging. Ihm blieb zumindest das ständige Nachtstillen erspart. Er konnte sich nicht erinnern, daß sie seit ihrer Heimkehr aus der Entbindungsklinik jemals gelächelt hätte, und unter ihren Augen befanden sich dicke schwarze Ringe. Wenn er am Morgen die Verzweiflung in ihrem Blick sah, fiel es ihm schwer, sie und Maja zu verlassen, zugleich aber mußte er zugeben, sehr erleichtert zu sein, in eine andere Welt verschwinden zu können. Er liebte Maja über alles, aber plötzlich ein Kind im Haus zu haben war, als würde man ein fremdes Universum betreten, wo hinter jeder Ecke neuer Streß lauerte. Warum schläft sie nicht? Warum schreit sie? Ist ihr zu warm? Zu kalt? Hat sie da nicht ein paar komische Flecken? Mit erwachsenen Radaubrüdern kannte er sich zumindest aus, mit denen

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