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Ferne Verwandte

Ferne Verwandte

Titel: Ferne Verwandte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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war, raubte mir ihre Schönheit die Sinne. Auch ihr distanzierter Blick haute mich fast um. Trotzdem versuchte ich, sie zu umarmen.
Es war, als würde ich einen Eisblock an mich drücken. Dann trat sie zur Seite und ging, ohne ein Wort zu sagen, in ihr Häuschen zurück. Wie ein Narr blieb ich mitten im Schnee stehen, doch da sie die Tür wenigstens angelehnt gelassen hatte, trat auch ich ein.

36
    Sie saß auf einer Bank und lehnte sich gegen eine Holzwand - drinnen war alles aus Holz -, aber das Licht, das hinter ihr durch ein Fensterchen mit blau lackiertem Rahmen fiel, beschien das Gold ihrer Haare und die markante, perlmutterne Blässe ihres Gesichts, ihrer Hände und ihres Mundes, den sie leicht geöffnet hatte, als hielte sie ein zerbrechliches Vogelei zwischen den Lippen. Sie sah wie ein Engel aus, und das sagte ich ihr auch. Ich sagte, dass ich sie liebte. Dass ich nie aufgehört hatte, sie zu lieben.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Auch Stewart hat mir immer gesagt, dass ich ein Engel sei, ein einsamer Engel, aber keiner, nicht einmal er, hat mich je so gedemütigt. Oder gibt es etwas Demütigenderes, als kurz vor der Hochzeit sitzen gelassen zu werden? Wir wollten heiraten, du erinnerst dich doch, oder? Selbst Whiteagle hatte seine Zustimmung gegeben, doch vielleicht hätte ich dieses eine Mal lieber insistieren und ihm erklären sollen, wer du bist und dass du schon einmal eine Frau vor dem Traualtar hast stehen lassen. Stattdessen kehre ich nach Hause zurück, in unser Zuhause, und du bist nicht da. Fort, verschollen, vom Erdboden verschluckt. Ich frage Charles, ich frage deinen Onkel, aber keiner kann mir etwas sagen. Ich weine, ich verzweifle, ich suche wochenlang nach dir und schalte am Ende sogar einen Detektiv ein« - das hatte sie also doch getan! - »und schließlich, als ich schon resigniert habe, als ich dank Whiteagle meinen Frieden gefunden habe, da tauchst du wieder auf und behauptest, du würdest mich lieben. Nein, das ist mir zu billig. Geh weg. Verschwinde. Das ist
schließlich deine Spezialität. Ich will dich nicht wiedersehen, Carlino.«
    »Cybill, ich flehe dich an: Hör mir zu!«, sagte ich, während ich mir die Haare raufte und im Zimmer auf und ab ging. »Du musst mir glauben, es war nicht meine Schuld«, und ich erzählte ihr, was geschehen war - meine Version zumindest. Ich berichtete ihr, dass mich ein paar Tage nach ihrer Abreise Cargallo angerufen hatte - »Er war deprimiert und hatte Lust, mit jemandem aus seiner Heimat zu plaudern« - und dass ich aus Dankbarkeit - »Wäre er nicht gewesen, hätte dein Mann mich um die Ecke bringen lassen« - mit ihm ausgegangen war. »Ein paar Tage später schalte ich den Fernseher ein, und da sehe ich mich zusammen mit dem aufstrebenden Boss der New Yorker Mafia, Frank Cargallo, ja, er war es wirklich. Man hatte ihm den Schädel in der Mitte durchgesägt, und ich soll der Mörder gewesen sein. Verstehst du? Ich soll einen Mafiaboss umgebracht haben, noch dazu mit einer Säge! Ich gehe zur Polizei, um mich zu stellen, was bleibt mir schon anderes übrig? Aber statt mich zu verhaften, informiert die Polizei seinen Clan, und als ich wieder draußen bin, falle ich um ein Haar einem Mitglied desselben in die Hände, demselben Halunken, der mich schon beim ersten Mal beinahe umgebracht hätte. Als ob das nicht gereicht hätte, lässt mich Onkel Richard ohne Vorwarnung von seinen Wachleuten per Fußtritt aus dem Büro schmeißen, wechselt mein Schloss aus und verfügt, dass meine Konten und Kreditkarten gesperrt werden. Ob ich tatsächlich etwas mit der Sache zu tun hatte, ich, der ich wie ein Sohn für ihn war, das war ihm ganz egal. Das Einzige, was zählte, war, dass ich seinen Namen mit der Mafia besudelt hatte, und dafür musste ich bestraft werden, erbarmungslos. Nicht einmal am Telefon hat er mit mir reden wollen. Mir wäre nichts übrig geblieben, als aus New York zu verschwinden, aber dann hätte ich dich für immer verloren. Deshalb habe ich mich als Stadtstreicher ausgegeben - und nicht nur ausgegeben. Mittellos, wie ich war, bin ich tatsächlich einer geworden. Ich habe ganze Tage und Nächte vor deinem Haus verbracht und darauf gewartet,
dass du zurückkommst, aber du bist nicht zurückgekehrt, mein Liebling. Ich bin vor Kälte und Hunger beinahe eingegangen. Nur ein Wunder hat mich gerettet. Eigentlich waren es zwei Wunder: Heute Nacht hat das zweite stattgefunden, denn auf der Suche nach dir habe ich mich im Wald verirrt und wäre um

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