Fesselnde Entscheidung (German Edition)
würde. Die ersten Blätter begannen sich langsam in die schönsten Rot- und Brauntöne zu verfärben, die Tage wurden merkbar kürzer und es war morgens und abends schon deutlich kühler als noch vor zwei Wochen.
Schweißnass und gutgelaunt war sie unter die Dusche gesprungen, hatte halbherzig ihre langen schwarzen Haare gefönt, und sich dann schnell für die Arbeit fertig gemacht. Ein kurzer Blick in den Spiegel hatte ihr verraten, dass sie mit ihrer Wahl für den heutigen Tag, einem figurbetonten weinroten Kostüm, ganz passabel aussah. Auf dem Weg ins Büro hatte sie sich einen coffee to go gegönnt und dann im Plausch mit Kollegen in der Kantine gefrühstückt.
Jetzt saß sie im Büro und versuchte krampfhaft eine E-Mail für einen wichtigen Kunden zu formulieren. Viel hatte sie heute noch nicht geschafft. Immer wieder schweifte ihr Blick vom Monitor zur breiten Fensterfront links von ihr. Keine Frage, sie hatte eines der schönsten Büros bekommen – mit Elbblick. Ein riesengroßes, voll beladenes Containerschiff weckte ihre Aufmerksamkeit. Es war flussaufwärts Richtung
Hamburger Hafen
unterwegs und wirkte wie ein sanft vorbei gleitendes Hochhaus. Was es wohl alles geladen habe, fragte sie sich. Und damit war sie auch schon wieder bei dem Thema, was sie schon den ganzen Morgen über beschäftigte hat: Was sollte sie heute Abend anziehen? Das Containerschiff hatte mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit Kleidung aus China an Bord.
Sie war mit ihrem Exfreund verabredet, Basti. Zwei Monate hatte sie ihn schon nicht mehr gesehen und selbstverständlich wollte sie gut aussehen, um ihm vor Augen zu führen, was ihm entgangen war. Er war ihr Exfreund und natürlich war es kein Date. Vor gut einem halben Jahr hatten sie sich getrennt. Sie hatte mit ihm Schluss gemacht, da ihre Beziehung aus mehr Streit als Harmonie bestanden hatte, und es sie nach zweieinhalb Jahren einfach nur noch fertig gemacht hatte. Sie hatten nur noch über Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens gestritten.
Ab und zu sahen sie sich noch bei gemeinsamen Freunden. Jedes Mal war sie erleichtert gewesen, wenn er ohne weibliche Begleitung erschienen war. Warum wusste sie eigentlich gar nicht. Sie wollte nichts mehr von ihm. Bei ihm war sie sich da nicht so sicher. Gegen Sex mit der Ex hätte er sicherlich nichts einzuwenden gehabt. Aber nicht mit mir, dachte sie. Er hatte das Treffen vorgeschlagen und sie hatte gern zugesagt. Sie mochte ihn immer noch, aber mehr eben auch nicht.
Aufgeregt blickte sie auf die neonblaue Funkuhr, die das altmodische Sideboard in ihrem Büro zumindest ein wenig aufpeppte. Es war kurz nach zwölf. Noch acht lange Stunden bis zum Date, was kein Date war.
*
Der Beach-Club
Chill Out
war der Szene-Treff schlechthin. Nicht nur aus Wedel kam das gut gemischte Publikum zum Chillen an den Elbstrand, sondern auch aus Hamburg und Umgebung. An sonnigen Wochenenden war nur mit Glück ein freier Platz in den begehrten Strandmuscheln und Sitzliegen zu ergattern.
Heute, am Montagabend, war es auch proppenvoll. Als ob alle noch mal eine der letzten Gelegenheiten nutzen wollten, um eine laue Sommernacht an der Elbe zu genießen. Fackeln wehten im Wind, Lichterketten zierten die, einer thailändischen Strandbar nachempfundenen, Theke – die Atmosphäre war fantastisch entspannt – einfach einladend zum Wohlfühlen und Chillen.
Er hatte für sie beide – nicht ganz so entspannt – eine Strandmuschel erkämpft und wartete nun ungeduldig auf ihr Erscheinen. Nervös fuhr er sich durch seine dunkelblonden kurzen Haare, wischte sich das an den Fingern klebende Gel an der Jeans ab und blickte wieder auf die Uhr. Es war 20:03 Uhr. Dann zupfte er an seinem dunkelblauen T-Shirt und überlegte, ob er nicht doch lieber das weiße Hemd hätte anziehen sollen.
Als er sie sah, atmete er tief durch. Sie war noch hübscher geworden. Ihre schwarzen langen Haare trug sie offen. Sie waren leicht gewellt und bewegten sich bei jedem Schritt locker hin und her, als würden sie Samba tanzen. Sie lachte, als sich ihre Blicke trafen. In ihr Lächeln hatte er sich damals verliebt. Es war so offen und herzlich, dass es einfach ansteckte. In ihren großen blaugrünen Augen konnte man ertrinken. Auf ihrem leicht gebräunten Gesicht entdeckte er wieder vereinzelt Sommersprossen, die er ausgesprochen süß fand. Er wusste aber, dass sie sie hasste und im Sommer am liebsten nicht ohne Lichtschutzfaktor 50 das Haus verließ. Das brachte aber alles
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