Fesselnde Erlebnisse: Erotische Phantasien (German Edition)
um die obere Kante der Pforte gelegt und rüttelte daran, obwohl er sie jederzeit mit einem Griff hätte öffnen können.
»Es ist nicht meine Schuld. Sie selbst tragen die Verantwortung für Ihr Leben und Ihre Handlungen. Auch darüber können wir morgen früh gern noch einmal reden, Herr Thiemann.« Energisch drehte Nora sich um und holperte mit ihrem Trolley den schmalen Plattenweg zur Haustür entlang. Sie brauchte ein oder zwei Minuten, bis sie in ihrer großen, wie immer bis zum Rand vollgestopften Schultertasche den Schlüssel fand und die Tür geöffnet hatte. Die ganze Zeit tat sie, als würde sie Thiemann, der abwechselnd drohte und jammerte, nicht hören. Wenigstens respektierte er die Tatsache, dass sie die Pforte geschlossen hatte, und blieb auf der anderen Seite, was vielleicht ein Fortschritt war, wenn sie bedachte, dass seine Exfrau seit Monaten vergeblich versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass er nicht nach Belieben in ihrer Wohnung ein- und ausgehen konnte.
Als Nora die Haustür hinter sich ins Schloss gezogen hatte, atmete sie auf. Wieder zu Hause! Seit sie vor zwei Jahren in die obere Etage der kleinen Stadtvilla gezogen war, kannte sie zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas wie ein Heimatgefühl. Sie hatte sich in das weiße Haus in dem für den innenstadtnahen Bezirk erstaunlich weitläufigen Garten auf den ersten Blick verliebt und sich in Gegenwart ihrer Vermieterin vom ersten Moment an geborgen gefühlt. Mittlerweile war Adela so etwas wie die Mutter für sie geworden, die sie nie gehabt hatte.
Nora ließ ihren Koffer in der Diele stehen und trug als Erstes ihre Einkäufe nach oben. Als sie wieder herunterkam, um den Trolley zu holen, hörte sie laute Musik. Tschaikowsky, wie fast immer.
Lächelnd wandte sich Nora der Tür zu, die zu Adelas Räumen führte, um ihr zu sagen, dass sie aus München zurück war, hielt aber mitten in der Bewegung inne. Wenn sie erst einmal mit ihrer Vermieterin ins Plaudern kam, was unweigerlich passierte, sobald sie mit der üblichen Tasse Tee in der Hand in Adelas Wintergarten saß, würde die Zeit noch knapper werden. Sie hatte bis zu Stefans Eintreffen ohnehin nur noch eine knappe Stunde Zeit.
Nora ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie viel lieber unter Adelas Palmen sitzen und die beruhigende Gegenwart der älteren Freundin genießen wollte, als sich in aller Eile zu duschen, umzuziehen, ein Essen zuzubereiten und dann den Abend mit Stefan zu verbringen.
Energisch schüttelte sie den Kopf, trug ihren Koffer nach oben und bereitete sich auf den Besuch ihres Freundes vor.
»Er hat noch fast eine halbe Stunde unten auf der Straße gestanden und zu meinen Fenstern hochgestarrt. Also weiß er sogar, dass ich im ersten Stock wohne. Zwischendurch hat zweimal das Telefon geklingelt, und als ich mich meldete, wurde aufgelegt. Ich bin sicher, das war auch er. Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob ich nicht besser die Behandlung abgeben soll. Vielleicht hätte ein männlicher Kollege mehr Erfolg.« Nora griff nach der Weinflasche und schenkte sich ein weiteres Glas ein, obwohl sie sich schon leicht benommen fühlte. Immerhin nahm ihr der Wein den Druck über der Nasenwurzel, der im Laufe des Abends immer stärker geworden war.
»Du bist die Expertin.« Stefan, der Alkohol grundsätzlich nur in sehr geringen Mengen konsumierte, trank einen kleinen Schluck von seinem Mineralwasser. An seinen zusammengekniffenen Lippen konnte sie erkennen, dass er zwar seine üblichen Bedenken bezüglich ihrer Klienten ausnahmsweise nicht äußerte, aber natürlich daran dachte, wie oft er ihr schon gesagt hatte, dass es seiner Meinung nach gefährlich war, ausgerechnet Stalker zu therapieren.
Stefan war erfolgreich in der Computerbranche. Die Herausforderung, die es für Nora bedeutete, mit Menschen zu arbeiten, die Probleme mit sich und ihrem Leben hatten, konnte er jedoch nicht nachvollziehen.
Mit nachdenklich gerunzelter Stirn nippte Nora an dem kühlen Weißwein. »Ich gebe nicht gerne auf. Jonas Thiemann ist ein schwieriger Fall, doch ich halte ihn für zugänglich. Sonst hätte ich ihn gar nicht erst als Klienten akzeptiert. Allerdings werde ich ihm morgen früh sagen, dass ich die Behandlung nur fortsetze, wenn er meine Privatsphäre ab sofort ausnahmslos respektiert.«
In ihre letzten Worte hinein läutete das Telefon, das hinter ihr auf dem Sideboard lag. Sie konnte ein leichtes Zusammenzucken nicht verhindern. Stefans Lippen wurden noch schmaler. Beide
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