Stunde nicht eingehalten hatte, war Uschi in das Hotel gegangen. Sie war wütend und empfing Angela mit Vorwürfen, als sie endlich kam. Angela berichtete stockend von ihrem Erlebnis.
»Ich glaube immer noch, ich habe das alles nur geträumt«, schwärmte sie entzückt.
»Dann triff ihn doch morgen Abend und schau ihm unter die Maske, dann ist der Traum ganz schnell vorbei!«
»Oh, nein! Das werde ich sicher nicht tun. Ich will diesen Traum bewahren, wie er war: zauberhaft, unheimlich, überwältigend, mitreißend und betörend.«
»Amen«, murmelte Uschi, die einsah, dass sie mit ihrer Freundin in dieser Nacht nicht mehr vernünftig reden konnte.
Die Freundinnen beschlossen am folgenden Abend schweren Herzens, ohne ihre prächtigen Kostüme auszugehen. Denn Angela fürchtete, durch ein weiteres Treffen mit dem Unbekannten ihr wundervolles Erlebnis vom Vorabend zu verwässern.
Als sie am Markusplatz ankamen, entdeckte sie ihn sofort.
»Der sieht ja klasse aus!«, rief Uschi begeistert. »Bist du sicher, dass wir nicht ganz schnell doch noch in die Kostüme springen sollten?«
Während sie noch beratschlagten, näherte sich ihnen der Mann mit der schwarzen Maske. Er blieb vor ihnen stehen, sah Angela lange an, wandte sich dann ab und verschwand in der Menge.
Verblüfft starrten sich die Freundinnen an.
»Er muss dich erkannt haben«, vermutete Uschi.
»Er kann mich unmöglich erkannt haben! Wir haben gestern die Masken nicht abgenommen, er hat mein Gesicht nie gesehen!«
Obwohl die beiden Freundinnen noch stundenlang durch die Gassen streiften, konnten sie den Fremden mit der schwarzen Maske nirgends entdecken. Angela tat kein Auge zu in dieser Nacht.
Als sie wieder zu Hause waren, trieb es Angela bereits am nächsten Tag zu ihrer Bank. Fabian Heller sah sie durch die Tür kommen und eilte sofort auf sie zu.
»Und wie war es in Venedig?«, erkundigte er sich höflich. Angela schien es, als schimmerten seine Augen nicht so fröhlich wie sonst.
»Sie haben mir richtig prophezeit: es gab da tatsächlich eine seltsame Geschichte…«, stammelte sie. »Und ich habe einen riesengroßen Fehler gemacht.« Sie sah ihm in die Augen. »Ich habe jemanden belogen. Das tut mir leid.«
Sie schob das vorbereitete Überweisungsformular über den Tresen. Er streckte seine Hand aus, und Angela starrte wie elektrisiert auf das kleine dunkle Muttermal auf seinem Handrücken.
»Also doch!«, stieß sie hervor und tippte auf Fabians Hand.
»Du hast es gewusst?«, fragte er ungläubig.
»Nein, gewusst habe ich es nicht. Vermutet, gewünscht, gehofft, geahnt, gefürchtet, ersehnt…«
In Fabian Augen blitzte es. Er sah sich um, streckte seinen Kopf näher zu ihr und flüsterte verschwörerisch an ihrem Ohr: »Und warum fährst du dann am kommenden Wochenende nicht nochmals nach Venedig und machst den riesengroßen Fehler einer gewissen Dame in Purpur wieder gut?«
-Ende-
Impressum
EPUB-Version: © 2013 MARTIN KELTER VERLAG GmbH &
Co. KG, Mühlenstieg 16 – 22, 22041 Hamburg.
Verleger: Gerhard Melchert.
ISBN: 978-3-86377-086-0
Originalausgabe: © MARTIN KELTER VERLAG GmbH & Co.
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Internet: http://www.kelter.de e-mail:
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Roman in keinem Zusammenhang.