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Fessle mich!

Fessle mich!

Titel: Fessle mich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Hoffmann
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bestätigten Clark-Florys Ansicht: Für viele Menschen beiderlei Geschlechts sei der Kampf im Beruf trostlos und anstrengend. Insofern ließen sich auch viele Männer gerne einmal fallen, um ihre Verantwortung wenigstens einmal für ein paar Stunden loszuwerden und es jemand anderem zu überlassen, bei einer spannenden erotischen Begegnung Planung, Kontrolle und die Last der Entscheidungen zu übernehmen. Das gelte nicht nur für Manager und andere Männer in Führungspositionen, sondern auch für »Musiker, Taxifahrer, Apotheker, Lehrer und Arbeiter«. Wie so oft sind sich also auch hier beide Geschlechter bei näherem Hinschauen viel ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheint, und beide haben unerfüllte Bedürfnisse. Die Fifty Shades of Grey für männliche Leser müssen vielleicht nur noch geschrieben werden.
    Wir Kerle haben nicht nur identische Wünsche und Fantasien, auch bei uns gibt es Ängste, dazu zu stehen und sie auszuprobieren. Weil wir befürchten, dann nicht mehr als »echte Männer« ernst genommen zu werden. Auch das ist eine Hürde, die erst noch überwunden werden will. Im Jahr 2009 kam eine kanadische Studie zudem zu dem Ergebnis, dass sexuelle Doppelmoral Männer sogar stärker treffe als Frauen: Sowohl eine sexuell unterwürfige als auch eine dominante Frau werden immer noch eher akzeptiert als ein unterwürfiger Mann. Für andere Seitenzweige wie etwa Bisexualität gilt dasselbe. »Früher gestand eine Doppelmoral Männern mehr sexuelle Freiheit als Frauen zu, aber diese Ergebnisse zeigen, dass sich die Dynamik verändert«, zitierte die kanadische National Post Alex McKay, Forschungsleiter des Sex Information and Education Council of Canada. »Männer sind gezwungen, sich einer bestimmten Geschlechterrolle zu unterwerfen, während Frauen heutzutage freier sind, sie selbst zu sein. Insofern arbeitet die Doppelmoral inzwischen tatsächlich gegen den Mann.«
    Es gibt allerdings eine feministische Kritik an den Fifty Shades of Grey , die durchaus etwas für sich hat – insofern, als sie sich von dem plumpen radikalfeministischen Ansatz unterscheidet. Um das genauer darzustellen, muss man ein wenig ausholen.
    Vor etwas mehr als hundert Jahren stellten Wissenschaftler wie der Sexualforscher Richard von Krafft-Ebing und der Psychoanalytiker Sigmund Freud die These auf, es gebe so etwas wie einen typisch weiblichen Masochismus. Dieser Theorie zufolge sind Passivität, Dienstbereitschaft und Duldsamkeit wesentliche Bestandteile der weiblichen Natur. (Ironischerweise verwendeten allerdings sowohl Krafft-Ebing als auch Freud in ihren Schriften über Masochismus ausschließlich männliche Fallbeispiele.) Dieser Behauptung wurde von vielen Feministinnen widersprochen. Sie argumentierten: Wenn Frauen sich beispielsweise öfter als Männer in dienenden Positionen wiederfänden, habe dies soziale und kulturelle Gründe und keineswegs psychologische. Und wenn eine Frau einen Mann nicht verlasse, der sie misshandele, seien dafür eine ganze Reihe von Gründen vorstellbar – Masochismus jedoch gehöre nicht dazu.
    Bald jedoch gingen besonders radikale Feministinnen dazu über, das Kind mit dem Bade auszuschütten: Aus der Ablehnung der Behauptung »Jede Frau ist von Natur aus masochistisch veranlagt« entstand unversehens der logische Fehlschluss »Keine einzige Frau besitzt eine masochistische Veranlagung«. Letztere These wurde unter anderem von Alice Schwarzer vertreten – SM-Spiele entstammten demnach direkt den Kerkern der Inquisition – und führte dazu, dass viele Feministinnen auch hierzulande unterwürfigen Frauen ihre Existenzberechtigung absprachen. »Wer behauptet, Frauen hätten auch noch Spaß daran, SM zu praktizieren, hat bei uns nichts zu suchen«, hieß es in vielen feministischen Kreisen. Einzelne Masochistinnen wie etwa Maria Marcus und Sina-Aline Geißler fühlten sich dadurch dazu gedrängt, ihre Neigung öffentlich bekannt zu machen, weil sie nicht wollten, dass sie ihnen unter dem Vorwand der Frauenrechte auf totalitäre Weise abgesprochen wurde. Dafür wurden sie allerdings von Feministinnen massiv angefeindet. Nachdem sich 1990 Sina-Aline Geißler auf einem Titelbild der Zeitschrift Stern bundesweit als Masochistin outete, erschien zur 10. Hamburger Frauenwoche ein Rundschreiben mit folgendem Wortlaut: »Auf, auf, ihr Herren! Es ist wieder Jagdzeit. Ein bisschen Juden quälen, pardon, die Zeiten sind ja vorbei, Frauen quälen. … Stern sei Dank, der schafft die nötige

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