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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Jaguar heulte unangenehm laut auf, als er das Kupplungspedal zu schnell kommen ließ und der Wagen einen Satz nach vorne machte. Will trat so hart auf die Bremse, dass er regelrecht nach vorne geschleudert wurde. Verdammt, wo war der Lichtschalter? Er hatte schon mehr Autotypen gefahren, als die meisten seiner Mitmenschen auseinander halten konnten, und normalerweise hatte er keine Probleme, die Schalter, Knöpfe und Regler zu finden, mit denen sich die Beleuchtung bei den verschiedenen Modellen ein- und ausschalten ließ. Doch jetzt tastete seine Hand erst vollkommen sinnloserweise über die linke Ecke des Armaturenbretts –an einen der Lieblingsplätze der BMW-Designer für die Platzierung von Lichtschaltern – und zerrte dann am Blinkerschalter herum, ohne gleich das Rädchen zu finden, mit dem sich bei diesem Typ die Beleuchtung ein- und ausschalten ließ. Dann hatte er endlich die richtige Einstellung gefunden, und das Licht des Jaguars flammte unangenehm hell auf.
    Nur ganz am Rande nahm er wahr, dass er den Motor mittlerweile abgewürgt hatte. Der Lichtkegel des Abblendlichts hatte den schweren Metallzaun erfasst, der das Gelände einfasste, ein zuletzt wohl schwarz gestrichenes Gerippe aus Rechtkantstangen, bei dem teilweise alte grüne Farbe und dicke Rostflecken hervorlugten. Dahinter bog sich wucherndes Unkraut im Wind, und in den Pfützen war das Wasser in so unruhiger Bewegung, dass sie wie kleine Seen wirkten, über die ein Sturm hinwegtobte. Wills Blick wanderte nach links zum Tor hin, das wie bei seiner Ankunft halb aufstand, aber seltsam verkantet wirkte, so als habe es sich festgefressen. Das Unkraut hatte bereits an zahlreichen Stellen den Straßenbelag gesprengt, und die ausgefahrenen Spuren schwerer Wagen im Asphalt, in denen jetzt das Wasser stand, kündeten von der Zeit, in der hier noch reger Betrieb geherrscht hatte.
    Jetzt war hier alles menschenleer, zumindest so weit Will sehen konnte. Eigentlich hatte er nichts anderes erwartet, obwohl er immer noch das unangenehme Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Ohne die Szenerie vor sich aus den Augen zu lassen, griff er nach rechts, zum Beifahrersitz, wo die Zigaretten lagen. Er fand sie nicht. Dafür hielt er plötzlich etwas anderes in den Fingern: einen Zettel.
    Mit einer hastigen Bewegung zog er ihn an sich heran. Es war nur eine kurze Botschaft, in klarer Schrift auf liniertes Papier geschrieben, so viel konnte er auf den ersten Blick erkennen, doch die Worte verschwammen im Halbdunkel vor seinen Augen. Er hätte die Innenbeleuchtung einschalten können, doch davor scheute er zurück, schließlich wollte er sich nicht selbst wie auf einem Schießstand präsentieren. Stattdessen hielt er den Zettel höher, um ihn im reflektierten Licht des Abblendlichts lesen zu können.
    Das Erste, was er erkannte, war, dass er sich getäuscht hatte. Der Zettel war nicht handschriftlich beschrieben, wie er gehofft hatte, denn dann hätte er eine Botschaft Duffys enthalten können, vielleicht in der Art: Ich habe mich im Straßengraben versteckt. Hol mich hier raus. Nein, es war ein Computerausdruck, ein etwas ungewöhnlicher Schrifttyp, den er nicht kannte, und er erhielt eine Anweisung Georgs. Korrekt gesagt: Er gab ihm die Anweisung, wo er die Tasche mit dem Geld platzieren sollte. Nicht mehr und nicht weniger. Kein einziger Hinweis auf Duffy.
    Will schloss einen Moment die Augen. Das leise Prasseln des Nieselregens auf dem Autodach hätte einlullend wirken können, aber ihm kam es eher wie der Widerhall entfernter Gewehrsalven vor.
    »Du verdammter Scheißkerl«, murmelte er und startete den Wagen. Langsam lenkte er ihn aus dem Fabrikgelände heraus und bog dann nach rechts auf den Weg ein, der schon nach ein paar Metern nicht mehr asphaltiert war, sondern eher wie ein mit Kies befestigter Feldweg aussah. Er hätte es sich denken können, dass sich Georg nicht auf eine einfache Geldübergabe einließ. Von seiner Schwäche für kleine Machtspielchen konnten nicht nur seine Nutten ein Lied singen, auch seine ganze sonstige Umgebung wurde von ihm auf eine Art tyrannisiert, die sich eigentlich kein aufrecht gehendes Lebewesen gefallen lassen sollte. Wer dann noch den Fehler machte, es sich mit ihm zu verderben, konnte sich auf eine Spezialbehandlung freuen, die er zeit seines Lebens nicht mehr vergessen würde. Wie hatte Will nur so naiv sein können, zu glauben, Georg würde die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen, ihm mit mehrfacher Münze

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