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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Stirn, als verstehe sie nicht ganz, was er damit meinte.
    »Wieso sollst gerade du das Geld überbringen?«, fragte Martina.
    Will zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, weil Georg noch eine alte Rechnung mit mir offen hat. Und weil er mich gut genug kennt, um zu wissen, dass ich keinen Scheiß machen werde.«
    Das war Fehler Nummer zwei, wie er an Mikes und Martinas Reaktion erkannte. Sie beide blickten ihn mit unverhohlenem Misstrauen an, auch wenn sich das ganz unterschiedlich äußerte: Mike hatte die Augen zusammengekniffen und musterte ihn so kühl wie ein Bulle beim Verhör, der ihm ein Geständnis abpressen wollte, während sich in Martinas Gesicht eine Enttäuschung widerspiegelte, die umso verletzender war, als sie vollkommen ungerechtfertigt war.
    »Vielleicht sollten wir in diesem Fall doch besser die Bullen einschalten«, sagte Mike.
    Martina schüttelte nur den Kopf, ohne Will aus den Augen zu lassen. »Wie ist Duffy eigentlich aus dem Keller herausgekommen?«, fragte sie scharf.
    Will konnte nur noch mit Mühe seinen Unmut unterdrücken. »Frag sie doch selber, sobald ich mit ihr zurück bin.«
    Martina nickte langsam. »Das werde ich, verlass dich darauf. Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Angela und Ricardo überprüfen das nämlich gerade.«
    »Das nennt man Prioritäten setzen«, sagte Will böse. Die Worte taten ihm sofort Leid, kaum dass sie ihm entschlüpft waren. »Ich werde mich darum kümmern, dass morgen früh das Geld zur Verfügung steht«, sagte Martina, als seien sechshunderttausend Euro eine Summe, mit der sie täglich umgehen würde. Sie nahm Mikes Arm und zog ihn ein Stück nach oben, um auf seine Armbanduhr zu blicken. Absurderweise empfand Will bei dieser so selbstverständlich wirkenden Geste einen scharfen Stich von Eifersucht. »Bis dahin sind es nur noch ein paar Stunden. Du solltest dich besser solange aufs Ohr legen, Will. Es könnte sein, dass du deine Kraft noch brauchst.«
    Will nickte. Ganz im Gegensatz zu ihr glaubte er allerdings nicht daran, dass ihm Georg Zeit genug lassen würde, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.

BUCH IV
    Feuer seh ich brennen östlich der Burg,
    Kriegsbotschaft kommt, das verkündet die Glut.
    Grus frisst die Sohlen, und Kälte die Glieder;
    Heiß bist du, Flamme, zu viel ist die Wut.
    Edda, Das Mühlenlied

Kapitel 27
    Der Wind überfiel ihn mit eisigem Geheul und Sprühwasser und riss ihm fast die Autotür aus der Hand. Will schlug den Kragen der Lederjacke hoch, die er sich von Angela geliehen hatte, und presste die Tasche mit dem Lösegeld eng an sich, während er mit der anderen Hand den Schlüssel ins Schloss steckte, um den Jaguar abzuschließen. Erst, als er den Schlüssel in der Jackentasche verschwinden ließ, begriff er, was er da eigentlich tat. Er war mit Sicherheit der einzige Autodieb, der sich hier weit und breit herumtrieb. Georg würde das verlassene Fabrikgelände am Rande der Autobahn wohl kaum ausgesucht haben, wenn er fürchten musste, dass sich hier Gesindel herumtrieb – sah man einmal von ihm selbst und seinen beiden Handlangern ab.
    Will kniff die Augen zusammen und versuchte in der fast vollkommenen Schwärze um sich herum etwas zu erkennen. Es war fast unmöglich. Nur manchmal fingerte der ferne Strahl eines Autoscheinwerfers über das Gelände, aber das auch nur, wenn der Wagen in Höhe der Autobahnbrücke Fernlicht eingeschaltet hatte. Und selbst dann reichte das Licht nicht, um mehr als drei riesige dunkle Schemen erkennen zu lassen, die wie die meterdicken Mauern einer Trutzburg den Hof einrahmten, auf dem er geparkt hatte. Wills Fantasie gaukelte ihm schattenhafte Bewegungen vor den Gebäuden vor, doch immer wenn er sie mit den Augen zu fassen versuchte, verflüchtigten sie sich zu konturlosen Schatten. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass er beobachtet wurde. Vielleicht verfügte Georg ja über ein Nachtsichtgerät. Zuzutrauen wäre ihm das jedenfalls.
    Dabei war die Nacht schon fast zu Ende. In spätestens einer Stunde würden die Lastwagen auf den Parkplätzen der nahen Autobahn wieder durchstarten, um mit sturer Beharrlichkeit auf ihr nächstes Tagesziel zuzusteuern, fortlaufend überholt von schlaftrunkenen Pendlern, die kräftig aufs Gas drückten, nur um möglichst früh ihren Arbeitsplatz zu erreichen.
    Ort und Zeit der Übergabe hatte Georg wirklich clever gewählt. Aber alle anderen Bedingungen stimmten nicht. Will hatte keine sechshunderttausend Euro bei sich –

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