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Feueraugen I. Das Dorf

Feueraugen I. Das Dorf

Titel: Feueraugen I. Das Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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gefahrvolles Abenteuer erwartet uns und er hat uns nicht darauf vorbereitet. Tun Sie so, als wollten wir umkehren und nach Hause fahren." fügt Marlène noch hinzu.
    "No, dos werd a heikle Sach', meine Herrschaften. Ich bin kein Politiker, dos wissen Sie doch. Reden ist nicht meine Stärke, Gott der Gerechte!"
    "Das Los hat Sie bestimmt, Chaim!" Michel wirkt gelöst. Solange noch nicht festgestanden hat, wer hinübergehen soll, ist er gereizt und unfreundlich zu allen gewesen. Jetzt -von seinen Befürchtungen erlöst- hat er Mühe, seine Erleichterung nicht fortwährend in Witzen und mit viel Gelächter zum Ausdruck zu bringen. Baldwins Autorität bleibt schließlich unangezweifelt. Alle wissen, was für eine starke Persönlichkeit dieser leicht übergewichtige, kleine Hysteriker ist - und wenn man sich nicht vor ihm fürchtet, so respektiert man ihn doch sehr. Er ist der Chef - was immer dies in ihrem Fall zu bedeuten hat.
    Nicht gerade eilig verlässt Dr. Glücklich den Wagen und dann schlendert er hinüber zum Mercedes. Hinter sich hört er gewissermaßen ein kollektives Aufatmen, dann wird das Radio wieder eingeschaltet und eine beschwingte Melodie erklingt. Jeder der im Wagen Verbliebenen scheint froh darüber, dass es den Doktor getroffen hat, diese schwierige Aufgabe zu lösen. Der Chef soll sich bei ihnen entschuldigen – eine noch nie da gewesene Forderung!
    Immerhin braucht sich Dr. Glücklich keine langwierigen Einführungsreden zu überlegen. In den frühen Morgenstunden hat er einen Albtraum gehabt – wohl eine Nachwirkung der Diskussionen um ihr mysteriöses Reiseziel. Diesen Traum möchte er als Aufhänger hernehmen und dann zu den Anschuldigungen der Mannschaft im Ford überleiten.
    'Hoffentlich hot er nicht gar so a schlechte Stimmung heite frieh!' denkt er sich und legt sich die ersten Sätze zurecht, mit denen er seinen Traum beschreiben will.
    Baldwin sitzt noch immer in der offenen Wagentüre. Er raucht jetzt seine erste Zigarette. Cassius lungert hinter dem Lenkrad, Zeramov vertritt sich in Sichtweite die Beine. Wie er den selbst ernannten Arzt beim Wagen auftauchen sieht, kehrt er zurück.
    "Na, was haben Sie denn, mein lieber Doktor!" Baldwin scheint sich beruhigt zu haben - er lächelt sogar. "Sie sehen so blass aus. War das die Nacht im Wagen? Gerädert, wie? Ich übrigens auch!"
    Dr. Glücklich schluckt mehrmals und räuspert sich dann laut.
    "Herr Baldwin, ich mecht Sie eigentlich nicht gerade jetzt bei ihrer Morgenzigarette steren ..."
    "Aber Sie stören mich doch gar nicht!" Baldwins Laune bessert sich merklich. Er fühlt natürlich, dass der Arzt etwas auf dem Herzen hat und gerade das amüsiert ihn. Es bestärkt ihn auch in seiner Rolle als Chef des ganzen Teams - als Autorität.
    "Jo, ich hob gehobt an schlimmen Traum." Glücklich druckt herum. Dabei ist er bestimmt nicht als schüchtern oder besonders zurückhaltend bekannt. Der Arzt von eigenen Gnaden ist Mitte bis Ende sechzig, dabei rüstig genug, um eine präzise Alterszuordnung zu erschweren. Für gewöhnlich redet er zwar nicht wirklich viel, dafür aber in sieben Sprachen, deren rudimentäre Grundkenntnisse seine zweifellos bewegte Vergangenheit erahnen lassen.
    Jetzt aber steht er da wie ein kleines Kind, welches bei Vater oder Mutter Trost suchen kommt. Ein böser Traum ... eigentlich nicht das übliche Sujet, mit welchem man an James Jones Baldwin herantritt.
    "So?" Baldwin sieht Glücklich verständnislos an. "Ein Traum sagen sie? Bin ich denn ihre Amme?"
    Auch Zeramov, der gerade von seinem kurzen Rundgang zurückgekehrt ist, reagiert mit ungläubigem Staunen.
    Glücklich, wiederum, schluckt einige Male. Dass man es ihm auch so schwer macht. Ohnehin glaubt er nicht ganz ans 'gerechte Verteilen' der Spielkarten, über die der Signore den Losentscheid bestimmt hat.
    "Na, erzählen Sie schon! Aber machen sie's kurz, ja?" Baldwin lehnt sich im Wagen zurück und wartet.
    "No, ich hob getreimt, dass mir mitten in am dichten, ganz firchterlichen Nebel dahinfahren. Nach links kennen mir keine zwei Schritt weit wos seh'n und noch rechts auch nicht weiter. Kurz vor uns, do ist so was wie a schmale Bresche im Nebel. Aber nur vor uns ... hinter uns verschließt sie sich gleich wieder. Sie versteh'n?"
    "Ja, ja ... weiter!"
    Nicht gerade der geduldigste aller Zuhörer, dieser Regisseur.
    "Wir fahren also da so hin und pletzlich endet der Nebel und mir sind doch angekommen auf am zerklifteten Berg. Kaum sind mir ausgestiegen aus

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