Feueraugen I. Das Dorf
ist. Nie wieder werdet Ihr von uns hören. Nur einmal noch seid nachsichtig ... lassen Sie uns ihre Zimmer mieten."
Zeramov liegt vor dem Wirt auf dem Boden. Er spielt einen Weinkrampf so gekonnt, dass dieser endlich weich wird.
"Was meinst du, Frau? Für eine Nacht? Wer weiß, wie stark der Sturm wird!"
"Ja, verdammt ... noch keine Minute bleiben die hier! Siehste denn nicht, dasses heute Höllenfeuer ist?" zetert die Wirtin. "Los, steh'n se auf und machen se, dasse weiter kommen! Jedesmal, wenn Höllenfeuer ist, haben wir Fremde da. Genau wie damals, als Nagor verschwunden ist! Immer gibt's Ärger und Probleme."
"Tatsächlich? Damals war also wirklich Höllenfeuer?" der Krämer klettert aufgeregt aus dem Wagen. Er hat sich im Hintergrund halten wollen, aber jetzt ist er herbeigeeilt.
"Ah, da biste ja! Haben dich schon überall gesucht." die Wirtin wirft ihm einen schiefen Blick zu.
"Mir geht es gut. Aber sag ... war denn damals wirklich Höllenfeuer, als ich mit Nagor und dem Kalfater in die Ebene hinaus bin?"
"Ja!" lautet die kurze Antwort.
Nach und nach werden jetzt Stimmen laut, die den Baldwinschen gar nicht gefallen.
"Die Alten haben damals diesen Kalfater nicht aus dem Dorf gejagt. Wir werden nicht so dumm sein."
"Die sollen bloß nicht auf den Gedanken kommen, hier zu bleiben!"
"Besser wir vertreiben se, heh?"
Zeramov tritt einen Schritt zurück.
"X, ... das sieht nicht gut aus!" meint er.
"Nein, ganz und gar nicht. Wir sollten's nicht drauf ankommen lassen. Der Aberglaube ist hier zumindest ebenso stark wie die Skepsis Fremden gegenüber."
"Aber Sie können uns doch nicht aus dem Dorf jagen!" fleht Baldwin jetzt. "Wir können doch nichts dafür, dass unser Kamerad verschwunden ist. Wir können auch nichts für das Unglück von damals. Wir wollen aber unseren Rodolphe zurückfinden und müssen den Sturm abwarten. Der Krämer wird uns morgen hinaus in die Ebene führen und uns den Lagerplatz zeigen, an dem er damals ..."
Zeramov reißt seinen Chef zurück und zerrt ihn zum Wagen.
"Kommen sie, Chef! Das Geflenne steht ihnen nicht und die Leute sind auf 'Ebene' und 'da-draußen-Herumsuchen' nicht gut zu sprechen. Verdünnisieren wir uns lieber wieder!"
Ein erster Stein rollt an Baldwins Wagen vorbei. Cassius gibt sofort Gas und auch die anderen Fahrer wissen, was sie zu tun haben. Die Dorfbewohner sind vor der Herberge zusammengelaufen und ihren Unmut bekunden sie jetzt in Drohungen und weiteren Steinwürfen. Gerade noch mal rechtzeitig kommen die Baldwinschen davon.
In einem waghalsigen Tempo preschen die drei Wagen aus dem Dorf.
* * *
Mit Einbruch der völligen Dunkelheit erreichen die Baldwinschen Lucy Feras Hütte. Ein erster Regenschauer kündigt den anstehenden Sturm an.
"Das war keine üble Idee, Fräulein Killmayer!" lobt Baldwin nochmals den Einfall der Münchnerin, in der Hütte Unterschlupf zu suchen. "Darauf wär' ich nicht so schnell gekommen."
In der engen Behausung wollen sie nun den Sturm abwarten. Die Frauen kümmern sich um das Abendessen. Ricci hilft beim Zerteilen des restlichen Lammbratens vom Mittag.
Lucy Fera hat zum Glück alles in ihrer Hütte, was sie benötigen. Sogar ein paar Decken sind vorhanden. Und was sie hier nicht vorfinden, scheint es unter den Ausrüstungsgegenständen von X zu geben. Trotzdem bleiben einige Zweifel - was ihre Kleidung anbetrifft.
Der Krämer hat ihnen einen starken Temperatursturz vorausgesagt.
So wie sie im Augenblick gekleidet sind, wird die weitere Suche nach Rodolphe zur Qual werden.
"Wir müssen uns wärmere Kleidung beschaffen! Aber wie?" fragt X.
Der Krämer weiß hier Rat. Im Dorf gibt es einen Schneider, der im Dachgeschoss seines Hauses immer ein kleines Lager an Stoffvorräten und Saisonkleidung aufbewahrt.
"Der Winter ist noch nicht lange vorbei. Mit etwas Glück finden wir für alle passende Mäntel oder Pullover ... was immer! – Nur Schuhe wird es nicht geben. Wir haben keinen Schuster und kein Schuhgeschäft im Dorf."
"Macht nichts. Wir tragen ja keine Sommerschuhe." meint X.
"Aber wie sollen wir den Mann dazu bringen, uns was zu verkaufen?" Marlènes Zweifel erstaunen den Krämer.
"Wieso kaufen?" lautet die Gegenfrage, die alles klärt.
"Das ist 'ne Prima Idee! Ich werde mit ihnen gehen!" erklärt Zeramov. "Sie kennen sich hier aus und sollten uns führen."
"Das hatte ich auch vor. Nicht umsonst hab ich den Vorschlag gemacht!"
"Ausgezeichnet, lieber Freund! Darauf
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