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Feueraugen I. Das Dorf

Feueraugen I. Das Dorf

Titel: Feueraugen I. Das Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Erzählung wieder auf. "Den Menschen zeigt sich das durch ein gewaltiges Naturereignis an. Erst erscheint am nördlichen Horizont ein Flackern, dann wird der rötliche Schein immer stärker und breitet sich über den halben Himmel aus. Da schicken die guten Mächte jedoch ihre Streiter aus, um den Menschen vor dem Bösen zu bewahren. Ein gewaltiger Gewitterturm zieht von Süden herauf und der Kampf zwischen dem Feuerflackern und den Wolkenmassen beginnt. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit ist der Himmel wie in zwei Hälften geteilt. Der Südteil ist völlig schwarz, der nördliche Teil blutrot. Dieses Rot ist als der Schein der Höllenglut anzusehen.
    Nun bricht ein unvorstellbar heftiger Sturm mit Regen und Gewitter los ... und dann kommt der Schnee und erstickt die Höllenmächte in weißer Jungfräulichkeit und Reinheit. Vom Kampf bleibt nur der Nebel übrig ... Nebel, wie wir ihn hier sowieso kennen - nur noch stärker!"
    "Herzlichen Glückwunsch!" Zeramov sieht besorgt zum Himmel auf. Tatsächlich sind erste Wölkchen auf dem tiefen Blau erschienen und am südlichen Horizont kann er einen dunklen Saum erkennen, der eine Schlechtwetterfront ankündigt.
    "Dann gibt es also heute noch einen Sturm!" folgert Baldwin.
    "Ja ... mit Sicherheit. Solange man zurückdenkt, hat es nie ein 'Höllenfeuer' –so die Bezeichnung dieses Naturereignisses- ohne den Sturm in der Nacht gegeben."
    "Wissen sie, wann dieses Ereignis zum letzten Mal stattgefunden hat?" erkundigt sich X.
    "Nein ... ich ... nein, ich kann mich nicht erinnern. Auf alle Fälle ist's schon sehr lange her. Das heißt … ähm ..."
    "Ja? Was heißt es?"
    Alle sind gespannt, was dem Krämer jetzt wieder eingefallen sein könnte.
    "Ich hab' irgendwie eine blasse Erinnerung ..."
    "Vielleicht können Sie etwas Farbe in diese Blässe bringen, ja?" Baldwin kocht schon wieder vor Ärger, denn die Tatsache, dass ihnen der Krämer immer wieder 'Stückwerk' bietet –wie der Regisseur das nennt- macht ihn überaus nervös.
    "Als ich mit Kalfater und Nagor in die Ebene hinausgegangen bin, herrschte schlechtes Wetter. Doch am Abend, als wir unseren Lagerplatz bestimmt hatten ... ich erinnere mich schwach, dass ich da vor dem Einschlafen das rote Flackern im Norden bemerkt habe."
    "Aha ... und das fällt ihnen jetzt ein? Hätte das nicht vielleicht schon heute Nachmittag sein können, als wir alles zusammengefasst haben, was wir wissen?" brüllt Baldwin. Erneut müssen ihn Cassius und Zeramov zurückhalten, sich auf den Krämer zu stürzen. "Wenn Sie sich nach und nach an alles erinnern, haben wir in einer Woche vielleicht alles zusammen, wie?" faucht Baldwin den Vergesslichen an.
    "Entschuldigung ... ich war noch ein kleiner Bub ..."
    "Schon gut, Krämer." beschwichtigt X. "Nur … überlegen Sie sich in Zukunft gut, was Sie wann als eine neue Erinnerung anführen!"
    Der Krämer schaut schuldbewusst zu Boden.
    "Wirklich sonderbar! Seht Euch nur einmal unsere Sonne an!" Michel deutet zum westlichen Horizont, wo die Sonne gerade vor ihrem Untergang steht.
    "Unglaublich!" ruft Dalia aus. "Sie ist ja ganz blass ... so wie ein Mond bei Tag!"
    "Die Angst der strahlenden Sonne vor dem Einbruch des Bösen!" erklärt der Krämer. "Es gibt noch eine andere Definition: Das Höllenfeuer überglüht das Abendrot!"
    "Nun ja ... jedenfalls sollten wir nicht trödeln. Wie das aussieht, erwartet uns ein heftiges Unwetter. Vielleicht können wir uns mit dem Herbergsvater aussöhnen. Beim Anblick der schwarzen Wolken dahinten ist mir nicht wohl. Ich würde heut' schon lieber in einem Zimmer übernachten."
    Baldwins Worte bringen das auf den Punkt, was alle denken. Nur an die Aussöhnung mit dem Wirt und seiner Frau will kaum einer glauben.
    Der Himmel erscheint mittlerweilen zweigeteilt. Von Norden her macht sich das aggressive Leuchten in den verschiedensten Rottönen breit, von Süden her bauen sich dunkle Ambosswolken auf und strecken sich gegen die drohende Invasion des Rotlichts. Fast genau über ihnen zieht sich ein gelblicher Streifen wie eine Trennlinie über das gesamte Firmament von Osten nach Westen und teilt die Szenerie in zwei Hälften. Links dieser Trennlinie scheinen die Gewittertürme das gelbliche Licht anzuziehen, rechts davon –im Norden- schluckt das rote Feuerflackern die Farbe und beginnt bereits an einigen Stellen die Trennlinie zu durchbrechen.
    Rodolphe ist wieder einmal für eine Weile vergessen. Wie er den Sturm überstehen soll ... im Augenblick ist das kein

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