Feueraugen III. Das Schloss
das Abenteuer, das Ungewisse! Natürlich ist das alles sehr vage gewesen. Ebenso gut hätten wir plötzlich einen Hinweis erhalten können, der uns in eine völlig andere Richtung gebracht hätte. Aber es kam eben nicht so. Unser Weg scheint einen großen Bogen zu beschreiben. Aber ... was habt ihr jetzt auf einmal? Diese unwirkliche Gegend ist doch wie geschaffen für das Schloss. Ich warte geradezu darauf, dass die Türme von Rachass jeden Augenblick irgendwo hinter einer zerklüfteten Bergspitze auftauchen oder irgendwo aus dem dichtesten Nebel hervor blitzen. Egal, wie wir hierher gekommen sind - wir sind jetzt da!"
"Aber die Verse!" entgegnet Michel. "Luigi hat ganz recht. Ich ..."
"Die Verse, die Verse ...!" Zeramov macht eine wegwerfende Handbewegung. "Die interessieren doch jetzt nicht mehr!"
"Und warum nicht?" X schaltet sich ein. "Erinnern wir uns nur daran, dass gerade Sie sich immer sehr stark auf die Verse stützten, solange wir nichts anderes hatten. Ebenso gut hätten wir doch aufgeben können, wenn die Verse nichts taugen!"
"Eben weil ich nichts anderes hatte, nahm ich die Verse zur Hilfe", kontert Zeramov. "Ich verfolgte einen feinen Faden, der auch von ihnen gefunden wurde, Mr. X! - Aus dem letzten Versfragment von Imprimin las ich die Beschreibung dieser Gegend heraus und deshalb brachen wir hierher auf. Keiner hat irgendeinen Einwand dagegen gehabt ... aber jetzt sind wir hier und alle wollen irgendeinen Fehler entdeckt haben!"
"Wir haben eben länger gebraucht, das alles zu begreifen!" rechtfertigt sich Michel.
"Natierlich! Sie hom uns doch immer gleich gedrängt, wann Sie wos hom herausgefunden. Bisher sind mir mit viel Masel durchgekommen, aber jetzt kommen mir nicht mehr weiter. Dos missen Sie schon erklären, Herr Zeramov!" Dr. Glücklichs fahles Gesicht zeigt erste Rötungen der Erregung. Zeramov fühlt, dass er einen schweren Stand haben wird.
"Ich habe Fantasie! Wenn ich in den Versen meine Rechtfertigung für die eine oder andere Entscheidung gefunden habe, dann nur deshalb, weil wir irgendwie weiterkommen mussten. Rodolphe haben wir ja auch gefunden, oder nicht?"
"Haben wir ... aber von Schloss Rachass keine Spur!" kontert X. "Wir haben gefährliche Abenteuer erlebt und sind gerade noch einmal davongekommen. Und jetzt sieht es so aus, als würden wir auf dem Fleck herumrennen. Seit Stunden steigen wir durch diese Felswüste und keiner weiß, wohin es gehen soll."
Überlegt doch nur! Wir haben in Conclusion eine Ruine kennengelernt. Cultivasion war eine Stadt mit zufriedenen, eigentlich recht friedlichen Bürgern. Ihr Fehler war es, uns für feindliche Spione zu halten. Unter anderen Voraussetzungen wären wir vielleicht in die Bibliothek gelassen worden und hätten herausgefunden, was Kalfater offenbar weitergebracht hat. In Destrusion präsentierte man uns die Menschheit von ihrer unmenschlichsten Seite. Verdammt ... vielleicht sollten wir diese drei Städte kennenlernen. Vielleicht war es der Sinn unserer Suche, diese Erfahrungen zu machen.
Cultivasion stelle ich für Gut - Destrusion für Böse. Conclusion zeigt, wohin das alles führt, wenn Böse über Gut die Oberhand bekommt. Conclusion ist eine Ruine - Schloss Rachass soll nördlich davon liegen ... sozusagen jenseits von Gut und Böse! Was aber liegt jenseits von Gut und Böse? Doch wieder nur eine in sich geschlossene Gegensätzlichkeit: eine Verschmelzung der Pole - weder gut noch böse ..."
"Aufhören, Zeramov!" schreit da der Signore auf. "Das ist unerträglich. Gut und Böse ... Sie Verrückter!" Er schnaubt durch die Nase. "Wir suchen keine Verschmelzungen und keine Gegensätzlichkeiten ... wir suchen Schloss Rachass. Und wenn Sie uns nicht dahin führen können, dann werden wir es selbst tun."
"Ganz recht, Giorgio!" Des Signore Eifer greift wieder einmal auf Ricci über. "Wenn uns Zeramov mit solchem Unsinn kommt, hat er das Ende der Fahnenstange erreicht. Jetzt müssen wir uns selbst helfen."
"Es wird sowieso Zeit, dass ..."
"Aber, Kinder! Was habt ihr denn?" Baldwin ist fassungslos.
"Unterbrechen sie mich nicht, Mr. Baldwin!" faucht ihn X an. "Jetzt werden wir die Führung übernehmen. Sie und Zeramov haben uns lange genug in die Irre geführt. Es wird Zeit, dass sich was ändert."
"Aber wir sind doch eine Mannschaft!" winselt Baldwin und sieht sich Hilfe suchend nach Rodolphe und Zeramov um.
"Eine Mannschaft?" Michel lacht. "Sie lassen sich von Zeramov beeinflussen und er ... was schreibt er denn die
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