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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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und allen gleichzeitig antworten zu können.
    Wenn Greif ganz für sich war, hatte er kaum jemals das Gefühl, einsam zu sein. Aber nun zwischen den anderen Jungen fühlte er sich so. Er war ihnen nicht sehr ähnlich. Er sah nicht einmal aus wie sie. Manchmal dachte er, er wäre eigentlich überhaupt kein Silberflügel. Ihr Fell war glatt und schwarz mit silbernen Einsprengseln dazwischen. Er selbst hatte ein blödes Fell. Das meiste war schwarz, aber über seinen ganzen Rücken und die Brust zogen sich zackige Streifen mit strahlend hellem Haar. Das helle Haar stammte von seiner Mutter, einem Glanzflügel. Sein Vater war ein Silberflügel, aber anscheinend kam Greif mehr nach seiner Mutter. Wie ihr Fell wuchs auch seins länger und dichter als das der Silberflügel und seine Ohren hatten eine andere Form, rund, klein und dicht am Kopf. Seine Flügel waren länger und schmaler als die der anderen Jungen, aber das war für ihn eigentlich kein Trost, denn sie fühlten sich an ihm noch zu groß an und gaben seinem Flug im Wald etwas Schlaksiges und Ruckartiges.
    „Hallo, Luna“, flüsterte Rowan, „schau da!“
    Greif schaute auch hin und sah eine Eule, die ein paar Bäume entfernt auf einem dicken Ast hockte. Obwohl sie jetzt in Frieden mit den Eulen lebten, löste ihr Anblick bei Greif immer noch ein ängstliches Zittern aus. Sie waren einfach so groß, mindestens viermal so groß wie er, mit scharfen Krallen und einem hakenförmigen Schnabel, der dazu gemacht war, ihre Beute zu zerreißen und zu zerfetzen. Greifs Mutter sagte ihm immer noch, sie sollten den Eulen aus dem Weg gehen. Sie hatten zwar Frieden geschlossen, aber das machte sie nicht automatisch zu Freunden. Alle Mütter sagten das.
    Nun drehte diese Eule ihren dicken Kopf herum und fixierte sie mit ihren mondförmigen Augen.
    „Willst du mitspielen?“, fragte Skye Luna.
    Das Eulenspiel war Lunas Erfindung und es jagte Greif Angst und Schrecken ein. Die Grundidee bestand darin, festzustellen, wer am nächsten bei einer Eule am gleichen Ast hängen und dort zehn ganze Sekunden aushalten konnte, bevor man wegflog. Vor ein paar Wochen hatte Luna es bis auf zwei Flügelspannen geschafft. Keiner hatte das übertroffen.
    „Sicher“, sagte Luna. „Ich bin immer bereit.“
    „Ich auch“, sagte Rowan.
    „Ich mach mit“, sagte Skye.
    „Okay“, stimmte Falstaff zu, „aber nur, wenn es nicht zu lange dauert, ich sterbe vor Hunger.“
    Greif hoffte, sie würden einfach vergessen, dass er auch noch da war, aber Luna wandte sich zu ihm.
    „Greif?“
    Er wusste, sie meinte es gut; sie wollte sich nicht lustig über ihn machen, sondern ihn nur in ihr Spiel einbeziehen. Er schüttelte den Kopf und fing ein verächtliches Grinsen auf, das Skye Rowan zuwarf. Seine Botschaft war: „Wie immer.“
    „Nun, diese alte Eule schaut ziemlich fett und benommen aus“, sagte Luna leichthin. „Ich schätze, ich schaffe eine Flügelspanne. Was meinst du, Greifchen. Schaff ich das?“
    „Ich bin sicher, du kannst das“, sagte er, „aber ...“
    „Aber was?“, fragte sie. Greif konnte hören, wie die anderen Jungen ungeduldig seufzten, aber in Lunas Augen war eindeutig ein fröhliches Funkeln. „Was ist das Schlimmste, was passieren kann?“, wollte sie wissen.
    Greif musste fast grinsen. Darin war er gut. „Das Schlimmste? Nun, wie ich es sehe, fliegst du hin, du lässt dich nieder, du bist nur eine Flügelspanne weit weg. Und diese Eule, vielleicht hasst sie Fledermäuse, oder vielleicht ist sie wirklich schlechter Laune heute Nacht, oder vielleicht ist sie so hungrig, dass sie denkt, es wird schon keiner merken, wenn es im Wald ein Silberflügeljunges weniger gibt. Du bist so nah an ihr dran, dass sie in der Lage ist, dich zu schnappen, bevor du nur blinzeln kannst. Und in einem Bissen rutschst du ihren Schlund hinab und dann wirst du wieder hochgewürgt als kleines Päckchen Knochen und Zähne.“
    „Das ist ja widerlich!“, sagte Skye.
    „Jawohl, aber so fressen sie halt“, sagte Greif mit einiger Genugtuung. „Und bis vor ein paar Jahren haben sie das auch mit Fledermäusen gemacht.“
    Luna nickte und grinste. „Jawohl, das ist so ziemlich das Schlimmste, was passieren könnte. Wünscht mir Glück!“
    Sie spannte ihre Knie und machte sich bereit loszufliegen, aber zu Greifs großer Erleichterung kam ihr die Eule zuvor. Sie breitete ihre gewaltigen Flügel aus, erhob sich von dem Ast und schwebte lautlos in den Wald davon.
    Rowan sah Greif vorwurfsvoll

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