Feuerwellen: Ein erotischer Roman (German Edition)
es für ausgekochten Blödsinn hielt, rundum erneuerten Mitfünfzigerinnen innere Ruhe nahebringen zu wollen. Aber sie hatte keine andere Wahl. Von ihrem Honorar als Gesangslehrerin konnte sie zwar die Miete bezahlen, doch dann war auch schon Feierabend. Und im Gegensatz zu Phoebe hatte sie keinen Vater, der selbstverliebt mit dem Scheckbuch winkte.
»Okay.« Phoebe hakte sich bei Amelie unter. »Dann lass uns gehen. Mal schauen, was der Tag noch so für uns bereithält.«
Phoebe genoss den Fußweg zur Galerie. Vom Gendarmenmarkt bis zur Gipsstraße waren es gut zwanzig Minuten. Sie ließ sich im Strom der Touristen treiben und spürte die warme Frühlingsluft wie zarte Küsse auf ihrer Haut. Noch ein paar Tage, dann würde es endlich Sommer werden. Sommer … Letztes Jahr hatte es um diese Zeit nur Dariusz für sie gegeben. Wochenlang hatte die Hitze die Stadt gelähmt, und sie beide hatten sich auf ihren Balkon zurückgezogen, die Füße in Eiswasser gesteckt und Gin Tonic getrunken. Dann hatten sie sich geliebt, stundenlang …
Phoebe hing noch ihren Erinnerungen nach, als sie einen Mann am Eingang ihrer Galerie stehen sah. Er trug einen hellen Sommeranzug, seine zurückgegelten blondgrauen Haare waren fast schulterlang. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, wer da auf sie wartete. Falk Schumann, der unbestritten einflussreichste Kunsthändler von Berlin.
Dass er ein Liebling der Medien war, erschien bei seinem Lebenslauf und Aussehen fast zwingend. Seit ihrem ersten Tag in der Galerie baggerte Falk an ihr herum, obwohl sie ihm mit ebensolcher Beharrlichkeit einen Korb nach dem anderen gab. Das Ganze war zu einer Art Sport geworden. Phoebe seufzte. Heute hatte sie dafür nichts übrig. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab und reichte ihm die Hand.
»Falk. Was kann ich für dich tun?«
»Oje, da hat aber jemand schlechte Laune.« Der Kunsthändler deutete einen Handkuss an und neigte den Kopf schief.
Phoebe verzog das Gesicht. Wenn sie eins nicht ausstehen konnte, dann alberne Männer. Betont sachlich sagte sie: »Was möchtest du?« Sie machte keinerlei Anstalten, ihn in die Galerie zu bitten, und drehte ihre Sonnenbrille ungeduldig zwischen den Fingern hin und her.
Falk räusperte sich. »Natürlich können wir das Thema auch auf deinem Fußabtreter besprechen, ich bin da nicht festgelegt.« Seine Stimme klang auf einmal geschäftsmäßig. Abwartend räusperte er sich ein zweites Mal, aber Phoebe schwieg.
»Ich möchte dir einen Deal vorschlagen, meine Liebe.«
»Ja?« Phoebe versuchte, möglichst uninteressiert zu klingen, doch sie witterte schlechte Neuigkeiten. Nervös steckte sie sich ihre Sonnenbrille ins Haar.
»Sehr hübsch«, bemerkte Falk, aber es klang boshaft.
Als Phoebe nicht reagierte, schüttelte er den Kopf, als sei sie ein unartiges Mädchen, mit dem man Nachsicht haben musste. Dann sagte er beiläufig: »Lassen wir die Faxen, Phoebe. Dein Shootingstar ist gut, sogar sehr gut, das wissen wir beide. Du wohl besser als ich, schließlich hast du ihn ja an deinem Busen genährt …« Er fing ihren entrüsteten Blick auf und lachte leise. »Wie auch immer, der Junge ist eine Nummer zu groß für dich. Ich könnte ihn dir mit Leichtigkeit ausspannen, aber ich will fair sein: Ich kaufe ihn aus deinem Vertrag raus. Dann kannst du deinem Vater geben, was er will – Geld –, und ich habe das, was ich will: Publicity. Ach, und wenn du auf mein Angebot nicht eingehen willst, Phoebe, dann werde ich Dariusz so viel bieten, dass er gar nicht anders kann als zu wechseln, du verstehst? Ich rate dir, kooperativ zu sein, dann profitieren wir alle davon. Meine Telefonnummer hast du ja. Guten Tag.«
Mit zitternden Fingern schloss Phoebe die Tür auf und ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen. Sie hasste Falk. Sie hasste, dass er so arrogant war und so selbstherrlich. Und dass er recht hatte. Intuitiv wählte sie Dariusz’ Nummer. Sie musste mit ihm reden. Und zwar sofort. Als er sich nicht meldete, hinterließ sie eine Nachricht auf seiner Mailbox: »Hi … hier ist Phoebe. Kannst du bitte in die Galerie kommen? Ich muss mit dir sprechen. Es ist wichtig.« Kaum hatte sie das Handy zur Seite gelegt, um ihre Post durchzusehen, blinkte auch schon das Display auf. Eine SMS: Bin auf dem Weg zu Schumann. Melde mich.
Falk genoss die Fahrt durch das nächtliche Berlin. Damit meinte er den Westen – was sonst. Sein Kiez waren die kleinen Straßen rund um den Savignyplatz. Direkt unter den
Weitere Kostenlose Bücher