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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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katastrophalen Einbruch hatte. Wir verloren – kläglich – zu Hause gegen Derby; und im letzten Spiel in Highbury gegen Wimbledon verschenkte Arsenal zweimal die Führung und spielte gegen ein Team 2:2 unentschieden, das es am ersten Spieltag der Saison 5:1 vernichtet hatte. Noch nach dem Spiel gegen Derby konnte ich mich mit meiner Freundin wegen einer Tasse Tee streiten, aber nach der Partie gegen Wimbledon empfand ich nicht mal mehr Wut, nur eine erstarrte Enttäuschung. Zum ersten Mal verstand ich die Frauen in Seifenopern, die in ihrer Vergangenheit von Liebesaffären zerstört worden sind und es sich selbst nicht erlauben können, sich erneut in jemand zu verlieben. Ich hatte das alles vorher nie als eine Sache angesehen, bei der man eine Wahl hat, aber jetzt hatte ich eine neue Erfahrung gemacht: Ich hatte mich schutzlos ausgeliefert, wo ich doch hart und zynisch hätte bleiben können. Ich würde nicht zulassen, daß mir das noch einmal passierte, nie und nimmer, und ich war ein Narr gewesen, ich wußte das jetzt, genauso wie ich wußte, daß ich Jahre brauchen würde, mich von der schrecklichen Enttäuschung zu erholen, es fast geschafft zu haben, um dann doch noch zu versagen.
      Es war noch nicht ganz vorbei. Liverpool hatte noch zwei Spiele, gegen West Ham und gegen uns, beide in Anfield. Weil die zwei Teams so dicht beieinanderlagen, waren die rechnerischen Möglichkeiten eigenartig verschlungen: Egal mit wieviel Toren Unterschied Liverpool West Harn schlug, Arsenal brauchte die Hälfte dieses Torunterschieds. Falls Liverpool 2:0 gewann, mußten wir 1:0 gewinnen und so weiter. Letztlich gewann Liverpool 5:1, was bedeutete, daß wir einen Sieg mit zwei Toren Unterschied brauchten:
      »SELBST BETEN HILFT NICHT MEHR, ARSENAL«, war die Schlagzeile auf der letzten Seite des DAILY MIRROR.

    Ich war in Anfield nicht dabei. Die Partie sollte ursprünglich früher in der Saison stattfinden, zu einer Zeit, in der ihr Ausgang nicht so entscheidend gewesen wäre, und als klar war, daß dieses Spiel die Meisterschaft entscheiden würde, war es längst ausverkauft. Am Morgen ging ich runter nach Highbury, um ein neues Mannschaftstrikot zu kaufen, einfach weil ich das Gefühl hatte, etwas unternehmen zu müssen, und auch wenn ein Trikot vor dem Fernseher zu tragen zugegebenermaßen der Mannschaft auf den ersten Blick nicht gerade eine riesige Menge Aufmunterung zu geben versprach, wußte ich, daß ich mich besser fühlen würde.
      Schon mittags, ganze acht Stunden vor dem abendlichen Anstoß, waren Dutzende von Bussen und Autos in der Gegend um das Stadion, und auf dem Heimweg wünschte ich jedem, der mir über den Weg lief, viel Glück. Ihre Zuversicht ( »Drei-eins«, »Zwei-null, kein Problem«, selbst ein unbeschwertes »Viereins« ) an diesem schönen Maimorgen stimmte mich traurig für sie, so als ob diese munteren und tapfer zuversichtlichen jungen Männer und Frauen auf dem Weg an die Sonne wären, ihr Leben zu verlieren, und nicht nach Anfield, um schlimmstenfalls ihren Glauben zu verlieren.
    Nachmittags ging ich zur Arbeit, und mir war vor lauter Nervenanspannung unwillkürlich schlecht. Nach der Arbeit suchte ich einen Freund auf, der auch Arsenalfan ist und dessen Haus nur eine Straße von der Nordtribüne entfernt ist, um das Spiel anzusehen. Alles an dem Abend war denkwürdig, schon von dem Moment an, als die Mannschaften auf den Rasen kamen und die Arsenalspieler hinüber zum Kop rannten und einzelnen Menschen in der Menge Blumensträuße schenkten. Und als mit fortschreitender Spieldauer deutlich wurde, daß Arsenal sich nicht kampflos ergeben würde, fiel mir auf, wie genau ich die Spieler meines Teams kannte, ihre Gesichter, ihre Eigenheiten, und wie sehr ich jeden von ihnen mochte. Mersons Lächeln mit Zahnlücke und seine schmuddelige Soul-Boy-Frisur, Adams’ tapfere und liebenswerte Bemühungen, mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten zurechtzukommen, Rocastles aufgeplusterte Eleganz, Smiths reizenden Eifer … ich spürte tief in mir, daß ich ihnen verzeihen konnte, so nahe dran gewesen zu sein und es dann doch verbockt zu haben. Sie waren jung, und sie hatten eine phantastische Saison gespielt, mehr kann man als Anhänger wirklich nicht verlangen.
      Ich war aufgeregt, als wir gleich zu Beginn der zweiten Hälfte trafen, und war von neuem aufgeregt, als Thomas ungefähr zehn Minuten vor Schluß eine klare Chance hatte und Grobbelaar anschoß, aber Liverpool schien am Ende stärker

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