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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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zu werden und erspielte sich Chancen, und schließlich – die Uhr in der Ecke des Bildschirms zeigte an, daß neunzig Minuten vorbei waren – bereitete ich mich darauf vor, ein tapferes Lächeln für ein tapferes Team aufzubringen.
      »Wenn Arsenal die Meisterschaft verlieren muß, nachdem es zeitweise einen solchen Vorsprung hatte, ist es irgendwie ausgleichende Gerechtigkeit, daß die Mannschaft am letzten Tag ein gutes Ergebnis erzielt, auch wenn’s nicht zum Titelgewinn reicht«, sagte Co-Kommentator David Pleat, als Kevin Richardson wegen einer Verletzung behandelt wurde und der Kop bereits am Feiern war. »Sie werden das als einen schwachen Trost empfinden, möchte ich annehmen, David«, erwiderte Brian Moore. In der Tat ein schwacher Trost – für uns alle.
    Richardson erhob sich schließlich, zweiundneunzig Minuten waren mittlerweile verstrichen, und brachte gegen John Barnes sogar ein Tackling im Strafraum zustande; dann schob Lukic der Ball raus zu Dixon, Dixon unvermeidlicherweise weiter zu Smith, der legte glänzend ab … und plötzlich, in der letzten Minute des letzten Spiels der Saison, war Thomas durch, ganz allein, mit der Chance, die Meisterschaft für Arsenal zu holen. »Jetzt haben sie’s in der Hand«, schrie Brian Moore; und selbst dann merkte ich, daß ich mich zügelte – ich hatte ja gerade erst gelernt, wie wichtig verhärtete Skepsis war –, und dachte, na gut, wenigstens waren wir am Ende nahe dran, statt zu denken, bitte Michael, bitte Michael, bitte hau ihn rein, bitte Gott, laß ihn treffen. Und dann schlug er einen Salto, und ich lag flach auf dem Boden, und jeder im Wohnzimmer sprang auf mich drauf. Achtzehn Jahre, in einer Sekunde weggeblasen.

    Mit was ist ein Moment wie dieser zutreffend zu vergleichen? In Pete Davies’ ausgezeichnetem Buch über die Weltmeisterschaft 1990, ALL PLAYED OUT, stellt er fest, daß die Spieler sexuelle Bilder verwenden, wenn sie zu erklären versuchen, was sie fühlen, wenn sie ein Tor erzielen. Smiths drittes Tor bei unserem 3:0-Sieg gegen Liverpool im Dezember 1990 beispielsweise, vier Tage nachdem wir zu Hause von Manchester United 6:2 geschlagen worden waren – das war ein ziemlich gutes Gefühl, eine perfekte Erlösung von einer Erregung, die sich eine Stunde lang immer mehr gesteigert hatte. Und vor vier oder fünf Jahren in Norwich traf Arsenal viermal in sechzehn Minuten, nachdem es den Großteil des Spiel zurückgelegen hatte, eine Viertelstunde, die auch eine Art von sexueller Entrücktheit an sich hatte.
    Das Problem mit dem Orgasmus als Metapher ist in diesem Fall, daß der Orgasmus, obwohl offenkundig angenehm, vertraut ist, wiederholbar (innerhalb von ein paar Stunden, wenn du dein Grünzeug gegessen hast) und vorhersehbar, besonders für einen Mann – wenn du Sex hast, weißt du sozusagen, was kommt. Vielleicht wenn ich achtzehn Jahre lang keinen Geschlechtsverkehr gehabt und die Hoffnung aufgegeben hätte, es in den nächsten achtzehn Jahren zu tun, und dann plötzlich, aus heiterem Himmel, bietet sich eine Gelegenheit … vielleicht wäre es unter diesen Umständen möglich, den Augenblick in Anfield annähernd wiederzuerleben. Auch wenn kein Zweifel besteht, daß Sex eine nettere Beschäftigung als der Besuch von Fußballspielen ist (keine 0:0-Unentschieden, keine Abseitsfalle, keine Pokalüberraschungen und dir ist warm), sind die Gefühle, die er bei üblichem Ablauf der Dinge erzeugt, einfach nicht so intensiv wie die, die das einmalige Erlebnis eines in der letzten Minute erzielten und für die Erringung der Meisterschaft entscheidenen Tores hervorruft.
      Keiner der Augenblicke, die Menschen als die schönsten in ihrem Leben beschreiben, scheint mir vergleichbar zu sein. Die Geburt von Kindern muß außerordentlich bewegend sein, aber sie hat nicht wirklich das entscheidende Element der Überraschung und dauert in jedem Fall zu lange; die Erfüllung persönlicher Wünsche -Beförderungen, Ehrungen, was weiß ich – hat nicht das In-letzter-Minute-Zeitmoment und auch nicht das Element der Machtlosigkeit, die ich an jenem Abend empfand. Und was gibt es sonst, daß theoretisch diese Pl ötzlichkeit bi eten kann? Vielleicht ein riesiger Lottogewinn, doch das Gewinnen von großen Geldsummen betrifft einen völlig anderen Teil der Psyche und hat nichts von der gemeinschaftlichen Ekstase beim Fußball.
      Es gibt also buchstäblich nichts, um es zu beschreiben. Ich habe alle verfügbaren Alternativen erschöpft. Ich

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